Die Entfernung zum nächsten Krankenhaus ist nach Worten des neuen Vorsitzenden der Gesundheitsministerkonferenz, Manne Lucha, nicht entscheidend für eine gute Behandlung. "Es ist nicht die Entfernung, die entscheidend ist für die Krankenhausbehandlung, sondern die Qualität und die personellen Ressourcen, diese Qualität umzusetzen", sagte der baden-württembergische Gesundheitsminister (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.
Die Zahl der Krankenhäuser im Südwesten sinkt seit vielen Jahren. Waren es im Jahr 1990 noch 317, waren es 2021 noch gerade 246 Häuser. So werden etwa im Kreis Lörrach vier Standorte zu einem großen Zentralklinikum zusammengefasst. Mit Blick auf die Krankenhausreform und die Lage in Baden-Württemberg sagte Lucha: "Wir sind schon das Land mit der geringsten Bettendichte. Das wird sich weiter konzentrieren." Baden-Württemberg hatte im Jahr 2020 eine Dichte von 488 Betten je 100.000 Einwohner (Bundesdurchschnitt 2020: 587).
Lucha sagte, es gehe um das richtige Angebot am richtigen Ort. "Die romantische Vorstellung, ein kleines schnuckeliges Krankenhaus sichert quantitativ und qualitativ flächendeckend eine Grundversorgung, ist eine romantische Mär", sagte er. "Sie brauchen für eine qualifizierte Krankenhausversorgung Disziplinenbreite, Größe, Personal, und auch ein Auskommen, das gute medizinische und pflegerische Leistung vergütet."
Die Krankenhauslandschaft in Deutschland soll nach dem Willen von Bund und Ländern grundlegend umgestaltet werden. Beide Seiten wollen in den kommenden Monaten an einer großen Klinikreform arbeiten, bis zur Sommerpause soll ein erster Gesetzentwurf vorgelegt werden. Eine Expertenkommission hatte vorgeschlagen, dass Kliniken künftig weniger Geld pauschal nach Anzahl der behandelten Fälle bekommen sollen. Anstelle dessen soll das Vorhalten von Betten, Personal und bestimmten Leistungen stärker honoriert werden. Das soll ökonomischen Druck von den Häusern nehmen. Zudem ist eine stärkere Spezialisierung der Kliniken geplant.
Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG) warnte davor, die Größe eines Krankenhauses zum entscheidenden Kriterium zu machen. "Die These "Groß ist gut", die offenbar den Expertenkommissionsvorschlägen zugrunde liegt, scheint mir aber etwas schlicht zu sein", sagte der BWKG-Vorsitzende Heiner Scheffold. "Riesenkrankenhäuser" führten nicht per se zu einer guten medizinischen Versorgung und setzten massive Investitionen voraus. "Im Zentrum der Krankenhausplanung muss der Bedarf der Menschen stehen, die notwendigen und qualitativ hochwertigen Krankenhausleistungen in annehmbarer Zeit zu erreichen", sagte Scheffold. "Das kommt mir in den Vorschlägen bisher zu kurz."
Kritik kam auch von der SPD: "Zur Qualität einer Krankenhausversorgung gehört für mich auch die Erreichbarkeit", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Florian Wahl. Bei Notfällen wie Herzinfarkten, Schlaganfällen und schweren Unfällen sei es sehr wichtig, dass Rettungswagen und Notarzt zeitnah kämen. Auch sei es nicht zuzumuten, wegen Standardbehandlungen deutlich mehr als 30 Minuten mit dem Auto zu fahren. "Und der Weg zum nächsten Kreißsaal sollte auch nicht weiter sein", sagte Wahl.
Lucha hat in diesem Jahr den Vorsitz bei der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) inne. Dort treffen die jeweiligen Ministerinnen und Minister der Bundesländer zum Austausch zusammen. Am Montag fand die erste digitale Sitzung statt. Auf der Tagesordnung der Ministerinnen und Minister standen unter anderem die Krankenhausreform, die EU-Medizinprodukteverordnung und die Bedarfsplanung im Bereich der Kinder- und Jugendärzte.
Es bestehe ein großes Einvernehmen hinsichtlich der Krankenhausreform, sagte Lucha nach der Schalte am Montagabend in Stuttgart. "Der Zeitplan steht." Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe den Ländern in der Sitzung zudem zugesichert, dass er bald Vorschläge zur Harmonisierung der verblieben Corona-Maßnahmen machen wolle.
Die Gesundheitsminister der Länder pochten zudem auf einfachere Zertifizierungsverfahren für Medizinprodukte in der EU. Bereits jetzt gebe es Engpässe bei Medizin, die nur selten gebraucht werde, kritisierte Lucha nach der Schalte. "Nach wie vor ist der Zertifizierungsprozess für Medizinprodukte in der EU zu langwierig, aufwendig und kostenintensiv. Und das gefährdet die Versorgung der Menschen", sagte Lucha. Es gehe vor allem um Nischenprodukte, die in kleineren Stückzahlen hergestellt und für spezielle Zielgruppen verwendet würden - etwa Herzkatheter für Babys, sagte Lucha. Für diese Nischenprodukte brauche es finanzielle Anreize, damit das klinische Verfahren für die Anbieter gesichert sei. Der Bund müsse dringend den Druck auf Brüssel erhöhen, dass die EU die Rahmenbedingungen für Nischenprodukte verbessere, so Lucha.
(dpa)