Am bundesweit als Altweiberfastnacht bekannten Donnerstag hat die schwäbisch-alemannische Fastnacht noch einmal Fahrt aufgenommen. In zahlreichen Städten und Gemeinden vor allem am Bodensee und in Oberschwaben läutete das närrische Treiben die heiße Phase der Fastnacht ein. In Konstanz begann der "Schmotzige Dunschtig" oder "Gumpige" Donnerstag bereits um 6.00 Uhr mit dem traditionellen Narrenwecken. Bis in den Abend standen Schulbefreiungen, das Narrenbaumstellen und Umzüge auf dem Programm.
Stets geht der Fastnachtsdonnerstag als ein Tag der Ausgelassenheit mit viel Lärm und lauter Musik in den vielen Hochburgen im Land schon früh los: So stürmten in Stetten am kalten Markt (Kreis Sigmaringen) ungefähr 50 Böcke mit weißen Widder-Hörnern, Bockmaske, warmem Lammfell und lauten "Bock Mäh"-Rufen die Albkaserne. Rund 20 Bundeswehrsoldaten am Tor hatten kaum eine Chance. Die Albkaserne ist nun wie die ganze Garnisonsstadt und viele gestürmte Rathäuser im Land in der Hand der Narren. Die Bürgermeister müssen dann symbolisch ihren Schlüssel herausrücken und erhalten ihn erst am Aschermittwoch wieder - bis dahin haben die Narren das Sagen.
In vielen Gemeinden wurden Schüler aus dem Unterricht befreit. In Messkirch (Kreis Sigmaringen) warfen die Narren der Katzenzunft Kindern beim traditionellen Wurstschnappen Brötchen und Würstchen aus dem Rathaus zu. Bei der "Bachnabfahrt" in Eberhardzell (Kreis Biberach) standen bunte Boote mit aktuellen Themen aus Politik und Gemeinde im Programm und in Bad Waldsee (Kreis Ravensburg), einer der Fastnachtshochburgen der Region, tanzten die Narren schon um Mitternacht beim traditionellen schaurig-schönen Schrättelestanz ums Feuer. Dabei versammeln sich die Schrättele, spitzen ihre Besenstiele an, um darauf ihre Reisigbesen stecken zu können und für die Fasnet gerüstet zu sein.
Am Abend sollte in Stockach (Kreis Konstanz) zudem das "Narrengericht" tagen, vor das in diesem Jahr FDP-Politiker Wolfgang Kubicki geladen war. Das mehr als 600 Jahre alte "Hohe Grobgünstige Narrengericht zu Stocken", das wegen der Corona-Pandemie zwei Jahre lang pausieren musste, gehört zu den Höhepunkten der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Der "Prozess" findet immer am "Schmotzigen Dunschtig" statt.
Bei den Narren im Südwesten heißt der Feiertag "Schmotziger Dunschtig" oder "Gumpiger" Donnerstag. Mit Dreck hat der Ausdruck aber nichts zu tun: Er stammt vom alemannischen Wort für Fett oder Schmalz ("Schmotz"). "An diesem Tag ist der Anfang des Verzehrens fetter Fastnachtsspeisen und Steigerung anderer Lustbarkeiten", heißt es dazu beispielsweise im Glossar der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN).
Die größten Umzüge im Ländle gibt es am Rosenmontag. Am Aschermittwoch endet das ganze Spektakel dann wieder und das Häs - wie das Narrenkostüm auch genannt wird - verschwindet bis zum nächsten Jahr im Kleiderschrank.
Die Fastnacht im Südwesten ist vorwiegend traditionell geprägt. Die Narren verkörpern meist Figuren aus der Dorf- und Stadtgeschichte sowie Fabelwesen und Tiere. Zum Häs tragen sie oft kunstvoll geschnitzte Masken. An einigen Orten sind aber auch Einflüsse des rheinischen Karnevals spürbar - mit Figuren wie Prinz und Prinzessin oder Tanzgarde.
(dpa)