Der Gedanke an eine mögliche Tabellenführung als Krönung eines großen Fußball-Abends ließ Pellegrino Matarazzo völlig kalt. Auf die Frage, was ihm Platz eins nach dem Spiel gegen Borussia Dortmund bedeuten würde, sagte der Trainer der TSG 1899 Hoffenheim am Donnerstag: "Gar nichts. In dieser Phase der Saison sind wir rein auf Punktejagd. Der Tabellenplatz spielt überhaupt keine Rolle. Das zählt am Ende der Saison." Nach zuletzt vier Bundesliga-Siegen am Stück braucht sein Team am Freitagabend (20.30 Uhr/DAZN) zu Beginn des 6. Spieltags keine Extra-Motivation.
Denn die Situation umriss Matarazzo selbst recht präzise. "Ich habe Vorfreude auf jedes Bundesliga-Spiel. Ich bin dankbar für meinen Job. Aber wenn man zu Hause spielt, am Freitagabend, unter Flutlicht und gegen Borussia Dortmund: dann ist die Vorfreude noch größer." In der ausnahmsweise ausverkauften Sinsheimer Arena dürfte nicht nur das sportliche Erlebnis ein besonderes werden, sondern auch das Drumherum.
Der Verein verabschiedet in Sebastian Rudy (33) und Ermin Bicakcic (33) zwei langjährige Aushängeschilder des Vereins, mit denen sich die TSG im Sommer auf keine weitere Beschäftigung einigen konnte. "Hochverdient, so verabschiedet zu werden. Mit beiden Spielern habe ich auch meine Zeit gehabt. Ermin ist ein emotionaler Typ, der vorangeht. Beide sind sehr wichtige Spieler für die TSG-Geschichte", sagte Matarazzo. Der frühere Nationalspieler Rudy hatte am Donnerstag sein Ende als Fußballprofi erklärt, nachdem er zuletzt vereinslos war.
Nach Stationen beim VfB Stuttgart, dem FC Schalke 04, Rekordmeister FC Bayern München sowie mehrere Male in Hoffenheim verkündete Rudy sein Karriereende in einem Interview seinem langjährigen Kollegen Oliver Baumann. "Ich habe immer noch Spaß am Fußball, das werde ich nicht aufgeben. Ich bin ein bisschen auf der Suche und schaue das eine oder andere Kreisliga-Spiel an", kündigte der Mittelfeldspieler an. Am Freitagabend wird er sich zunächst den vielversprechenden Spieltags-Auftakt zweier Bundesliga-Teams ansehen, die mit einem Sieg vorübergehend die Ligaspitze erobern können.
Während über Stuttgart (mit Torjäger Serhou Guirassy), Leverkusen und Leipzig derzeit viel gesprochen wird, scheint die TSG etwas unter dem öffentlichen Radar zu fliegen. Damit hat Matarazzo nach einer schwierigen Saison mit Abstiegssorgen keine Probleme. "Ich mache mir darüber gar keine Gedanken. Ich freue mich über unsere Erfolgsserie und auf mehr. Wir sind total fokussiert auf das Spiel morgen", sagte der Cheftrainer.
Personell sind die Einsätze von Wout Weghorst und Florian Grillitsch fraglich. Im Sturm hat der 45 Jahre alte Coach aber ohnehin tolle Alternativen. Neben dem als Spielmacher eingesetzten WM-Dritten Andrej Kramaric hat sich Jungstar Maximilian Beier (20) in der Startformation festgespielt. Vier Tore in den ersten fünf Bundesliga-Toren hievten Beier so in den Fokus, dass er in dieser Woche bereits als Kandidat für Bundestrainer Julian Nagelsmann genannt wurde.
Matarazzo versuchte, das Thema am Donnerstag öffentlich einzufangen. "Ich bin der Meinung, dass Maxi in die Richtung keine Schlagzeile mehr braucht. Ich freue mich auf seine Weiterentwicklung", sagte Matarazzo. Er beteuerte, er habe "mit Julian (Nagelsmann) über dieses Thema gar nicht gesprochen". Gegen Dortmund dürfte Beier wieder einen der beiden Startelf-Plätze in der Spitze erhalten. Offen erscheint eher, ob daneben der angeschlagene Weghorst oder der dynamische Ihlas Bebou beginnt.
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(Patrick Reichardt, dpa)