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Zoo Augsburg: Der Augsburger Zoo in Zeiten von Corona: Tierisch gelangweilt?

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Der Augsburger Zoo in Zeiten von Corona: Tierisch gelangweilt?

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    Nashorn Kibibi vermisst das Publikum im Augsburger Zoo.
    Nashorn Kibibi vermisst das Publikum im Augsburger Zoo. Foto: Zoo Augsburg

    Die beiden Elefantendamen drehen durch. Mit abgestellten Ohren laufen sie zum Gehegezaun, quietschen, trompeten und scharren mit den Füßen. Gerade haben sie zwei Miniponys entdeckt, die gemeinsam mit einem Pfleger in aller Seelenruhe spazieren gehen. Seit Anfang November ist der Augsburger Zoo geschlossen. Seit beinahe vier Monaten strömen keine Besucher mehr zu den Gehegen. Kein Wunder also, dass die beiden Elefanten den Anblick der knapp kniehohen Ponys höchst spektakulär finden. Ist es die Freude darüber, endlich einmal wieder etwas Neues zu entdecken? Man wird die Dickhäuter kaum fragen können. Fest steht zumindest: Viel aufregender wird es heute nicht mehr.

    Homeoffice und Ausgangssperren – was unter uns Menschen aktuell hitzig diskutiert wird, ist für die Tiere hier Normalität. 365 Tage im Jahr hat der Augsburger Zoo in normalen Zeiten geöffnet. Normal ist hier aktuell jedoch kaum etwas.

    Aufgrund der Pandemie ist es still geworden im Augsburger Zoo

    Ein Nachmittag im Februar. Die Bäume am Wegesrand stehen gezuckert in pudrigem Schnee, nur wenige Tiere haben Lust, sich bei den eisigen Temperaturen ins Freie zu quälen. Irgendwo schnattert gelangweilt eine Ente, ein Steinbock knuspert träge einen Halm Stroh. Knirschenden Schrittes schlendert Kurator Markus Domanegg an den Gehegen vorbei. „Normalerweise würden jetzt hunderte Menschen diese Winterlandschaft genießen“, sagt er. Doch aufgrund der Pandemie ist es still geworden im Augsburger Zoo. Gleichzeitig stellt sich die wohl doch recht menschliche Frage: Haben die Tiere Gefallen gefunden an ihren unerwarteten Ferien?

    Neugierige Onager: Wo bleiben denn die Besucher?
    Neugierige Onager: Wo bleiben denn die Besucher? Foto: David Holzapfel

    Die Vorstellung, die Zoobewohner bräuchten Erholung von den Besuchern – Domanegg hält sie für falsch. „Manchen Tieren ist es relativ egal, ob Menschen da sind oder nicht.“ Robben zum Beispiel beschäftigten sich am liebsten untereinander. Tiere, die hingegen viel mit den Besuchern interagierten, sagt der Kurator, fänden es aktuell langweilig. Fluchttiere wie Antilopen seien nervöser als sonst. Weil das menschliche Grundrauschen fehlt, wittern die Tiere bei jeder Bewegung Gefahr. Domanegg und die Pfleger versuchen deshalb, sich nicht anzuschleichen, machen Geräusche, um sie nicht zu erschrecken.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast "Augsburg, meine Stadt" an:

    Die meisten Tiere spüren derzeit jedoch vor allem eines: Langeweile. Auf der Facebook-Seite des Augsburger Zoos haben die Pfleger kurze Videos davon veröffentlicht, wie sie die Tiere aktuell beschäftigen. Zu sehen ist dort etwa eine Gruppe Baumstreifenhörnchen, die auf einer Drahtkugel herumkraxelt, oder Elefantendame Frosja beim Reifen-Fußball. Die 40-Jährige zeigt dabei vollen Körpereinsatz, mit Füßen, Rüssel und ihrem Hinterteil hält sie den an einer Kette befestigten Gummireifen in Bewegung. Auch ein Pulk Erdmännchen im bunten Bällebad kann bestaunt werden. In einer Plastikbox haben die Pfleger Futter versteckt, das die Erdmännchen wuselnd und tobend entdecken. Das Spielzeug basteln die Mitarbeiter entweder selbst oder kaufen es im Internet; Eisen- oder Gummibälle, Duftstoffe für die Raubtiere sowie löchrige Holzklötze, in die die Pfleger Futter stopfen.

    Keine Fütterung: Diese Robbe scheint sich bei den Pflegern beschweren zu wollen.
    Keine Fütterung: Diese Robbe scheint sich bei den Pflegern beschweren zu wollen. Foto: David Holzapfel

    Wie stark ein Tier sich langweilt, erklärt der Kurator, stehe auch in Zusammenhang mit dessen Intelligenz. „Schimpansen beispielsweise sind sehr auf den Menschen bezogen, die finden es gerade besonders öde.“ Das wird deutlich, als Domanegg vor dem Gehege der Menschenaffen haltmacht. Die Schimpansen haben Freigang, neugierig beobachten sie das Geschehen um sich herum. Akemo, mit seinen rund 30 Jahren der Jüngste der Gruppe, streckt zunächst prüfend einen Zeh in den Schnee, ehe er es sich auf einem gegabelten Baumstumpf gemütlich macht. Er entdeckt Domanegg, richtet sich auf und zeigt aufgeregt auf ihn. Es wirkt wie eine Mischung aus Begrüßung und Imponiergehabe. Kurz darauf verzieht sich der Schimpanse wieder nach drinnen. „Nette kleine Vorstellung, ist aber auch wirklich kalt heute“, sagt Domanegg und grinst in seine Maske.

    Die Tiere im Augsburger Zoo sind aufmerksamer geworden

    Einige Meter weiter vermissen die Wasserbüffel die Besuchermassen aus einem menschlich ebenfalls recht nachvollziehbaren Grund. „Sie sind total verschmust, normalerweise lassen wir sie von den Leuten streicheln“, sagt Domanegg. Nun müssen eben er und die Pfleger ran. „In der Mittagspause ist Wasserbüffelkraulen angesagt.“

    Domanegg hat noch etwas beobachtet: Die Tiere, sagt der Kurator, seien aufmerksamer geworden, jetzt, wo die Besucher ausblieben. „Sie reagieren viel mehr auf jeden Einzelnen, der im Zoo herumläuft.“ Als wolle er Domaneggs Worten Nachdruck verleihen, beginnt ein afrikanischer Strauß den Kurator anzubalzen. Kreisend bewegt der mannshohe Vogel seinen langen Hals. Domanegg sagt: „Es ist durchaus ein gutes Zeichen, dass die Tiere Reaktionen zeigen.“

    Weil Ticketeinnahmen fehlen, müssen Bauprojekte des Zoos verschoben werden

    Die entspannte Stimmung wird überschattet von den finanziellen Problemen, die den Augsburger Zoo seit einigen Monaten plagen. „Die Besucher fehlen sehr“, sagt Domanegg. Fast vier Monate Schließung im zweiten Lockdown, knapp zwei im Frühjahr des vergangenen Jahres. Weil Ticketeinnahmen fehlen, mussten Bauprojekte nach hinten verschoben werden, so etwa der Wirtschaftshof. Wann der Zoo wieder für Besucher öffnet, dazu wagt hier niemand eine Prognose. Zumindest den traditionellen Benefizlauf hat das Team für Freitag, 18. Juni, terminiert. Ob dann wieder Menschen kommen dürfen? Den verschmusten Wasserbüffeln wäre es jedenfalls zu wünschen.

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