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Zahlen und Grafiken: Dafür haben die Augsburger in den vergangenen Jahren demonstriert

Dafür haben die Augsburger in den vergangenen Jahren demonstriert
Zahlen und Grafiken

Dafür haben die Augsburger in den vergangenen Jahren demonstriert

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    Gut 25.000 Menschen drängen sich durch die Augsburger Innenstadt, sie strecken Schilder in die Höhe mit Parolen wie "Augsburg ist bunt" oder "Menschenrechte statt rechte Menschen". Drei Wochen vorher: Viertausend Landwirte mit über tausend Traktoren versammeln sich auf dem Plärrer, sie hupen und pfeifen, Buhrufe übertönen die Rede eines Bundestagsabgeordneten. In den Monaten zuvor: Pro-Palästina-Demos, Solidaritätskundgebungen für Israel, Klimastreik, Proteste gegen den Krieg in der Ukraine und die hohen Energiepreise. Die Bevölkerung wirkt zunehmend gereizt. Immer neue Krisen, immer neues Konfliktpotenzial, immer neue Demonstrationen. Aber wie viel wird wirklich protestiert? Und für welche Themen ziehen die meisten Menschen auf die Straße? 

    Das waren die größten Demonstrationen in Augsburg

    Tatsächlich steigt die Zahl der Kundgebungen. Verzeichnete das Augsburger Ordnungsamt im Jahr 2019 noch 376 Versammlungen, waren es im vergangenen Jahr 652 – ein Anstieg von über 70 Prozent. Vor allem während der Coronapandemie stieg die Zahl. Das Versammlungsrecht war trotz strenger Auflagen kaum eingeschränkt. Viele Menschen gingen auf die Straße, um gegen die Pandemie-Politik zu demonstrieren.

    Der Anstieg passt in einen breiteren Trend. "Langfristig kann man sagen, dass die Zahl der Demonstrierenden gestiegen ist", sagt der Politikwissenschaftler Sebastian Haunss vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung. "In den 50er- und frühen 60er-Jahren wurde kaum demonstriert. Ende der 60er änderte sich das." 

    In den folgenden Jahren stieg die Zahl der Demonstrierenden an. "Da waren beispielsweise die Friedensdemonstrationen Anfang der 80er, die viele Menschen mobilisiert haben", sagt Haunss. "Groß waren auch die Demonstrationen 1992 nach den Anschlägen auf Geflüchtetenunterkünfte und später die 'Fridays for Future'-Bewegung." 

    Dass die Demos gegen rechts aktuell so viele Menschen mobilisieren, sei trotz allem außergewöhnlich. "Was wir jetzt gerade sehen, ist eine Mobilisierung, die sowohl an vielen Orten gleichzeitig als auch in großer Zahl erfolgt", sagt Haunss. "Das ist in diesem Ausmaß äußerst selten, in der Geschichte der Bundesrepublik fast einmalig."

    Das zeigt auch ein Blick auf Augsburg. Im Gesamtjahr 2023 demonstrierten in Augsburg zwischen 60.000 und 70.000 Menschen. Allein zur Demo gegen rechts Anfang Februar 2024 kamen 25.000. Keine andere Demonstration in den vergangenen Jahren brachte so viele Menschen auf die Straße. Die Corona-Proteste mobilisierten zu Spitzenzeiten etwa 5500 Menschen, zum Klimastreik der "Fridays for Future"-Bewegung 2019 kamen 6000 Demonstrierende, und gegen den AfD-Parteitag 2018 protestierten 8000 Menschen. Die Zahlen stammen von Ordnungsamt und Polizei. Die Veranstalter sprechen meist von größeren Menschenmengen.

    Wie viele Teilnehmer sich einer Demonstration anschließen, hängt maßgeblich von drei Faktoren ab. Der erste und wichtigste: das Thema. "Starke Mobilisierung sehen wir bei großen, normativen Themen, wie es bei den Friedensdemos der Fall war", sagt Haunss. "Und bei solchen, die die Menschen direkt betreffen oder bei denen es den Veranstaltern zumindest gelingt, dieses Gefühl zu vermitteln." Ein Beispiel: die Coronaproteste. Die Menschen spürten die Auswirkungen der Pandemie im täglichen Leben. Entsprechend viele Menschen gingen auf die Straße. Allein in Augsburg waren es mehrere Tausend jede Woche.

    Welche Themen die Augsburger in den vergangenen Jahren besonders mobilisiert haben

    Sie demonstrierten meist gegen die Coronaeinschränkungen. Vereinzelt gab es aber auch Kundgebungen, die für Solidarität und strengere Maßnahmen warben. Kein anderes Thema mobilisierte die Menschen im Jahr 2022 so stark. Als die Coronaregeln ausliefen, orientierten sich die Demonstrierenden jedoch um. Die Proteste fanden weiterhin statt, bezogen sich thematisch aber kaum noch auf die Pandemie. Vielmehr ging es um den Krieg in der Ukraine und damit verbunden die hohen Energiepreise.

    Zweiter Faktor: die Organisatoren. "Grundsätzlich kann man sagen: Es ist günstig für die Zahl der Teilnehmenden, wenn viele etablierte Akteure oder Organisationen an der Veranstaltung eines Protests beteiligt sind", sagt Haunss. So fällt auf, dass Proteste von Gewerkschaften immer wieder viele Menschen mobilisieren. In Augsburg zeigt sich das im Jahr 2023. Im Zuge der hohen Inflation forderten die Gewerkschaften mehr Lohn. Es kam zu mehreren Streiks und Kundgebungen, beispielsweise im öffentlichen Dienst.

    Dritter Faktor: der Ort. "Bei der Größe von Demonstrationen gibt es durchaus regionale Unterschiede. In größeren Städten wird auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl mehr protestiert", sagt Haunss. "Eine besondere Rolle spielen außerdem Landeshauptstädte und natürlich Berlin. Das hängt mit den Adressaten zusammen." Viele Proteste richteten sich an die Regierungen auf Landes- und Bundesebene. "Entsprechend wird eben dort demonstriert, wo die Regierung sitzt. An die Kommunen richtet sich der Protest seltener."

    Die meisten Demonstrationen in Augsburg finden am Königsplatz statt. Weil der aber für den öffentlichen Nahverkehr in der Stadt zentral ist, sind es meist kleinere Versammlungen, die dort genehmigt werden. Für größere Kundgebungen müssen die Veranstalter beispielsweise auf den Plärrer ausweichen oder die Ladehofstraße.

    Außerhalb des Stadtkerns finden Demonstrationen meist nur dann statt, wenn der Adressat des Protests sich dort befindet. Vor der Uniklinik demonstrierten regelmäßig Menschen gegen das Tierversuchslabor, vor dem Sitz der MAN Energy Solutions gab es Proteste im Zuge der Tarifverhandlungen, am Messegelände trafen sich Demonstrierende, um gegen die Messe "Jagen und Fischen" zu protestieren. 

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