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Werbung für Hamas? Gericht spricht Angeklagten frei

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Werbung für Hamas? Augsburger Gericht spricht Angeklagten frei

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    Ein 29-Jähriger, der angeklagt war, politische Graffiti gesprüht zu haben, ist jetzt vor Gericht in Augsburg freigesprochen worden.
    Ein 29-Jähriger, der angeklagt war, politische Graffiti gesprüht zu haben, ist jetzt vor Gericht in Augsburg freigesprochen worden. Foto: Jakob Stadler (Symbolbild)

    War es eindeutig der Angeklagte? Und ist das, was er gesprayt haben soll, tatsächlich Volksverhetzung? Am Ende überwogen beim Gericht die Zweifel, und so sprach es einen 29-jährigen Augsburger frei. Das Verfahren war bereits im September angelaufen und wurde jetzt nach einer Neuansetzung unter Polizeischutz abgeschlossen.

    Eine von mehreren Besonderheiten des Falles: Nicht allein Sachbeschädigung stand, wie sonst bei Graffiti, zur Debatte, sondern auch Volksverhetzung. Denn, so der Vorwurf: Zwölf Mal soll der 29-Jährige, mutmaßlich der propalästinensischen Roten Jugend Schwaben nahestehend, im Jahr 2021 den Schriftzug „Udrup“ im Stadtgebiet hinterlassen haben. Und der, so begründete die Staatsanwaltschaft die Anklage, entstamme einem von der palästinensischen Organisation Hamas gesungenen Lied, in dem die Bombardierung von Tel Aviv gefordert werde. In einem Fall soll der Angeklagte „Udrup“ in unmittelbarer Nähe der ehemaligen Synagoge in Kriegshaber angebracht haben, wodurch er zu Handlungen gegenüber den in Augsburg lebenden Juden und Israelis aufrufen habe wollen.

    Titel eines problematischen Lieds, aber auch der Name einer Veranstaltungsreihe

    Ganz unabhängig davon, dass sein Mandant die Tatvorwürfe bestreite, hatte Rechtsanwalt Mathes Berger dargelegt, dass die Anklage aus seiner Sicht auf einer Missinterpretation des Begriffes Udrup durch die Staatsanwaltschaft beruhe. Dieser Begriff werde nämlich keineswegs nur in dem besagen arabischsprachigen Lied verwendet, um zu einer Straftat anzuleiten. „Udrup“, in der Szenesprache beispielsweise für „schlagen“ oder „eine Lektion erteilen“ verwendet, habe vielerlei Bedeutungen, man kenne den Begriff auch in der hebräischen Sprache. In Tel Aviv gebe es unter anderem eine Veranstaltungsreihe mit diesem Namen und es gebe ein Elektro-Musik-Ensemble.

    Berger verglich es mit einem Sachverhalt aus der deutschen Sprache: Immer wieder werde das Wort „Sieg“ gesprayt, beispielsweise von Sportfans nach einem entsprechenden Ereignis. Zur Volksverhetzung führe dies aber erst, werde der Zusatz „Heil“ beigefügt. Ähnlich verhalte es sich aus seiner Sicht mit der alleinigen Nennung „Udrup“. Richterin Susanne Scheiwiller, die den Begriff selbst auch gegoogelt hatte, ließ durchblicken, in dieser Hinsicht keine Eindeutigkeit zu erkennen.

    Einzigartiger Stift oder frei im Handel zu kaufen?

    Und dann die Frage nach der Urheberschaft des Angeklagten. Ja, bei dem Mann wurde bei einer Durchsuchung von der Polizei ein spezieller Stift mit einem „creme-rosa Farbton“ gefunden, eben die Farbe, mit der auch der Schriftzug gefertigt war. Inwiefern allerdings dieser Stift mit seiner Farbe einzigartig angefertigt sei oder ob er so für jedermann im Handel zu erwerben sei, blieb ungewiss. Dann hatten die Ermittler auf einem Computer des Angeklagten eine Suche nach dem Begriff „Idrip“ entdeckt. Ein Indiz für seine Urheberschaft der Udrup-Schmierereien? Oder der Umstand, dass es eine Ballung dieses Schriftzuges im Bereich zwischen der damaligen Wohnung des Angeklagten und seiner Arbeitsstätte in Oberhausen festzustellen war?

    Zu viele Ungewissheiten, zu wenig eindeutige Indizien, auf die eine Verurteilung zu stützen sei, befand Richterin Scheiwiller. Folge: Freispruch für den Angeklagten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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