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Wasser: Interaktive Karten: Wie steht es ums Wasser in Bayerisch-Schwaben?

Der Lech ist einer der prägenden Flüsse in der Region.
Wasser

Interaktive Karten: Wie steht es ums Wasser in Bayerisch-Schwaben?

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    Die Gemeinde Burggen (Landkreis Weilheim-Schongau) hat etwa 1700 Einwohnerinnen und Einwohner, keine eigene Trinkwasserquelle und nun ein Problem. Sie bezieht Wasser aus dem Brunnen des benachbarten Ortes Ingenried. Doch seit 2018 hat sich der niedrige Stand in dem Brunnen nicht mehr erholt, das Wasser wird knapp. Jetzt hat Burggens Bürgermeisterin Sandra Brendl-Wolf ein Schreiben herausgegeben. Darin gibt die Verwaltung Tipps, wie Haushalte, Gewerbe und Landwirtschaft Wasser sparen können: Duschen statt baden, Sparspültaste drücken, Autos mit Regenwasser waschen. Und aktuelle Zahlen zeigen: Auch anderswo in Bayern könnte es bald solche Ansagen aus den Rathäusern geben.

    Wasserknappheit ist längst kein Problem mehr, das nur in südlicheren Ländern besteht. Die Problematik ist in der Region angekommen. "Wer hätte das noch vor fünf Jahren gedacht?", fragt sich Harald Kunstmann, Lehrstuhlinhaber für regionales Klima und Hydrologie in Augsburg. "Da muss man selbst als Forscher schlucken, wenn's dann so weit ist."

    So steht es um Grundwasser und Flusspegel in der Region Bayerisch-Schwaben

    Der Blick richtet sich deshalb auf die aktuelle Wetterlage. Das Frühjahr war vergleichsweise nass, es folgte eine heiße und trockene Phase ab Mitte Mai, in der letzten Juliwoche war es dann wieder kühl und regnerisch. Doch wie wirkt sich das Wetter überhaupt auf Grundwasser und Flusspegel aus und wie müsste es auf Dauer aussehen, damit sich die Wasserstände im grünen Bereich bewegen?

    Bereits im vergangenen September hat unsere Redaktion Grundwasser- und Pegelstände in der Region genauer in den Blick genommen. Nun sollen die Einschätzungen des Forschers Kunstmann und einige Daten dabei helfen, darzustellen, wie die Lage fast ein Jahr später aussieht.

    Mit dem Grundwasser sei es eine langwierige Geschichte, sagt Harald Kunstmann. Wenn Niederschlag langsam und gleichmäßig fällt, hat er die besten Chancen, im Grundwasser anzukommen. Regnet es in kurzer Zeit enorm viel, aber eher weniger – denn dann kann der Boden das Wasser nicht schnell genug aufnehmen, es fließt ab und kann für Überschwemmungen sorgen. Auch die Jahreszeit spielt eine Rolle. Regnet es im Sommer, kann der Niederschlag rasch verdunsten oder wird von der Vegetation aufgesogen. Im Winter und im Frühjahr hingegen kommt am meisten im Grundwasser an, wenn die Pflanzenwelt noch nicht aktiv ist und viel Schnee liegt, der langsam schmilzt und versickert.

    "Im Moment sind weit über 50 Prozent aller Grundwasser-Messstellen niedrig oder sehr niedrig", erklärt der Wissenschaftler, nachdem er einen Blick in den Niedrigwasser-Informationsdienst Bayern geworfen hat (Stand: 18. Juli 2023). Seit Anfang der 2000er-Jahre werden zurückgehende Grundwasserstände in vielen Bereichen beobachtet. "Die jetzt aufeinanderfolgenden trockenen Jahre seit 2018 verschärfen die Situation", so Kunstmann. Im feuchten April habe man zwar eine leichte Erholung gesehen, doch dieser Effekt sei schnell wieder verflogen. Es wären wohl mehrere sehr feuchte Jahre nötig, damit sich die Lage wieder entspannt, so der Wissenschaftler.

    Harald Kunstmann betont aber auch, dass die Grundwassersituation lokal und regional betrachtet ganz unterschiedlich aussehen kann. Während die Bürgermeisterin im oberbayerischen Burggen Ratschläge zum Wassersparen gibt, sitzt Augsburg 77 Autokilometer weiter nördlich wiederum auf einem ergiebigen Grundwasserkörper und hat keine Schwierigkeiten. In Hinblick auf ganz Schwaben vermeldet das Sachgebiet Wasserwirtschaft der Regierung von Schwaben: "Es ist aktuell noch keine bedenkliche Entwicklung hinsichtlich der Sicherheit bei der öffentlichen Wasserversorgung erkennbar bzw. es liegen keine offiziellen Meldungen vor."

    Das Grundwasser reagiert also langsam und zeitversetzt. Flusspegel hingegen steigen vergleichsweise schnell, wenn es viel regnet. Und dennoch sagt Kunstmann auf Bayern bezogen: "Wir haben über große Flächen niedrige bis sehr niedrige Flusspegel." Laut Niedrigwasser-Informationsdienst ist der Pegel der Paar in Dasing zum Beispiel niedrig, der der Altmühl in Eichstätt sehr niedrig. Kein Niedrigwasser haben hingegen die Schmutter in Fischach oder die Donau in Ingolstadt (Stand: 27. Juli 2023).

    Doch wie wird es weitergehen mit dem Wetter? Gemeinsam mit einer Forschungsgruppe hat Harald Kunstmann berechnet, dass der August mit großer Wahrscheinlichkeit sehr heiß und trocken werden könnte, "danach ist es ein offenes Spiel". Will man über Monate hinaus gar mehrere Jahre in die Zukunft blicken, bestünden viele Unsicherheiten – Harald Kunstmann möchte diesbezüglich keine Prognose wagen.

    Was jedoch schon jetzt und in nächster Zeit für Wetterextreme in Europa sorgen könnte, ist ein Phänomen, das man derzeit im Nordatlantik beobachtet: Die Oberflächentemperaturen sind überdurchschnittlich hoch, zum Teil ist das Wasser vier bis fünf Grad wärmer als üblich. Warum, das ist noch ungewiss. Doch die Folgen sind klar: mehr Wasser kann verdunsten, mehr Energie ist in der Atmosphäre. Der Westwind trägt das Gemisch nach Europa – mit dem Resultat, dass auch hier Temperaturen heißer und Niederschläge heftiger ausfallen können.

    Regenwasser zum Gießen im Garten benützen, tropfende Wasserhähne reparieren, Obst und Gemüse in einer Schüssel waschen. Auch diese Tipps stehen in dem Brief, den Burggens Bürgermeisterin herausgegeben hat. Kleine Dinge, die jede und jeder tun kann. Doch darüber hinaus müsse sich noch mehr verändern, findet Harald Kunstmann. Es braucht Maßnahmen, die Konflikte lösen können, die mit zunehmender Wasserknappheit entstehen. Er nennt den "Wassercent", der als Instrument zur Steuerung wohl bald auch nach Bayern kommen wird. Dabei handelt es sich um eine Gebühr, die Unternehmen, Landwirte oder auch private Haushalte pro Kubikmeter Trinkwasser bezahlen müssen. In den meisten Bundesländern gibt es ein solches Entgelt für die Wasserentnahme schon. "Doch das ist nur ein Puzzlestück", sagt der Forscher. Denn wer es sich leisten kann, wird wohl nach wie vor zu viel vom Luxusgut Wasser verbrauchen.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Wasser-Podcast an. Der Sommer 2022 war so trocken, dass Landwirte in ganz Bayern unerlaubt Wasser aus Flüssen oder Brunnen gepumpt haben. Gleichzeitig sinkt das Grundwasser. Wie soll das gut gehen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die erste Folge:

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