In den letzten Tagen vor der Wahl war die Leichtigkeit, mit der Eva Weber den monatelangen Wahlkampf scheinbar meisterte, nicht mehr so zu spüren. Weber wirkte mitunter angespannt. Dazu kam der Patzer mit der von der Schließung betroffenen Hermann-Schmid-Akadamie. Während die betroffenen Schüler, Lehrer und Eltern noch schockiert waren, preschte die CSU mit dem Vorschlag vor, das Gebäude zu kaufen und dort das Peutinger-Gymnasium unterzubringen. Im Internet entlud sich daraufhin der Ärger – an der CSU, aber vor allem auch an Eva Weber.
Augsburg: Eva Weber hat im ersten Wahlgang stark vorgelegt
Dass der Umgang mit der Privatschule ein Patzer war, darüber sind sie sich in der CSU einig. Ein Stadtrat sagt, er verstehe nicht, wieso man sich „ohne Not“ so in die Schusslinie begeben habe. Das Ergebnis des ersten Wahlgangs zeigt aber, dass die HSA-Debatte keinen großen Einfluss mehr auf das Ergebnis hatte. Eva Weber hat mit 43,1 Prozent so stark vorgelegt, dass ein Sieg von Dirk Wurm (SPD), der gut 20 Prozentpunkte weniger Stimmen gesammelt hat, in der Stichwahl eine Überraschung wäre.
Weber hatte nach dem HSA-Patzer auch rasch umgeschwenkt, Fehler eingeräumt und gesagt, dass die Kommunikation sehr unglücklich gelaufen sei. Bei der SPD hatte mancher schon vermutet, das sei der „eine große Fehler“ gewesen, den man in Wahlkämpfen nicht machen dürfe. Das war offensichtlich ein Trugschluss.
CSU-Kandidatin Weber hatte die aufwendigste Kampagne
Klar war schon vor der Wahl: Eva Weber hat unter den OB-Kandidaten die aufwendigste und intensivste Wahlkampagne gefahren. Verantwortlich dafür waren Daniel Melcers Agentur Team M&M und Richard Goerlich, Geschäftsführer der CSU-Stadtratsfraktion und Wahlkampfmanager in Personalunion. Die Agentur war schon bei der ersten Wahl von Kurt Gribl im Jahr 2008 und bei dessen Wiederwahl 2014 für die Kampagne verantwortlich. So gesehen erscheint es logisch, dass auch Eva Weber, die Wunschnachfolgerin des Amtsinhabers, auf Melcers Agentur vertraute. Zumal sie mit Goerlich im Wahlkampf auch noch einen engen Vertrauten Gribls an ihrer Seite hatte.
Webers Kampagne lief unter dem Schlagwort „Ja“ – das sollte eine positive, in die Zukunft gerichtete Kernbotschaft sein. Sie präsentierte sich nahbar – unter anderem bei Grill-Abenden mit Vereinen und Initiativen unter dem Motto „Grill die Weber“. Mehr als je zuvor in einem Augsburger Wahlkampf setzte die CSU aufs Internet und soziale Medien. Webers Auftritt bei Facebook und bei Instagram, dem bei Jüngeren heute deutlich beliebteren Netzwerk, wirkten am professionellsten. Wobei sie betonte, ihre Profile dort selbst zu betreuen.
Wahl in Augsburg: Die CSU auch kann nicht ganz zufrieden sein
Ein wichtiger Ausgangspunkt für den Wahlkampf war eine Analyse der Stärken und Schwächen der Kandidatin. Melcer und Goerlich hatten eine Reihe von Augsburgern eingeladen. Auch Leute, von denen sie wussten, dass sie die CSU kritisch sehen. Auch die Konkurrenten von SPD und Grünen wurden so analysiert. Daraus schlossen die Wahlkampfstrategen, dass Eva Weber im persönlichen Kontakt punkten kann und setzten gezielt auf solche Formate. Dazu gehörten auch kleine, überschaubare Diskussionsrunden in der Wahlkampfzentrale in der Maximilianstraße.
Kritiker merkten zwar an, die „Ja“-Kampagne sei zu beliebig. Weber lege sich in vielen Bereichen nicht fest, etwa bei der Frage, ob Rad- oder Autoverkehr Vorrang haben soll. Eine große Zahl der Wähler störte sich daran aber offensichtlich nicht. Der Augsburger CSU-Vorsitzende Volker Ullrich sagt, es sei gelungen, auch in weniger konservativen Milieus zu punkten. Ein fortschrittlicher Kurs und eine klare Abgrenzung gegen Rechtspopulismus seien erfolgreich gewesen. Die Augsburger CSU habe damit bewiesen: „Die CSU kann auch Großstadt“. Dass die CSU bei den Stadtratswahlen einige Sitze verlieren wird, sorgt dafür, dass auch Ullrich nicht ganz zufrieden ist. Der Blick in andere Großstädte zeige aber, dass dort die Grünen teilweise die CSU überholt hätten. In Augsburg dagegen liege die CSU klar vorn.
Ist die Stichwahl schon so gut wie gewonnen? Agentur-Chef Daniel Melcer verneint. Jetzt stehe wieder alles auf Null. Es sei „unberechenbar“, weil es einen solchen Wahlkampf in Zeiten einer Virus-Epidemie noch nie gegeben habe. Wie die nächsten zwei Wochen aussehen werden, weiß auch Melcer noch nicht. Eva Weber habe jedenfalls festgelegt, dass sie nun in erster Linie Krisenmanagerin sei. Was bei der Wahl aber nicht unbedingt schadet, wenn sie das gut macht.
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