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Verkehr: Kampf um den Gehweg: Auf Augsburgs Straßen wird es immer enger

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Kampf um den Gehweg: Auf Augsburgs Straßen wird es immer enger

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    Teils klagen Fußgänger über zu lange Wartezeiten an roten Ampeln. Aber auch die Nutzung von Gehwegen durch Radler und Paketautos sowie die bauliche Gestaltung sind Kritikpunkte.
    Teils klagen Fußgänger über zu lange Wartezeiten an roten Ampeln. Aber auch die Nutzung von Gehwegen durch Radler und Paketautos sowie die bauliche Gestaltung sind Kritikpunkte. Foto: Silvio Wyszengrad

    Der Gehweg entlang der Maximilianstraße – vor einigen Jahren verbreitert – ist groß genug, doch ab dem frühen Abend wird es eng: Zwei Reihen von Außenbestuhlung werden vors Lokal geschoben und von Gästen teils noch weiter herausgezogen. Zwischen Pollern und Gehwegradlern bleibt für die Passanten auf einmal wenig Platz.

    Das sind Stellen, über die sich Christian Ohlenroth und Jörg Schiffler vom Verkehrsverband VCD ärgern. "Durch so etwas entsteht jetzt nicht der Riesenstau, aber Passanten müssen sich auf den Gehwegen wohlfühlen und schnell ans Ziel kommen", sagen die beiden. Das Gehen zu Fuß müsse als umweltfreundlichste aller Fortbewegungsarten ernster genommen werden, etwa im Vergleich zu den momentan gehypten E-Scooterrn.

    Es ist in der Tat eine Völkerwanderung, die sich jeden Tag quasi unbemerkt in Augsburg abspielt: Pro Tag legen die Augsburger statistisch 1,1 Kilometer zu Fuß zurück. Das ist gemessen an den Wegstrecken von anderen Verkehrsmitteln relativ wenig (bei den Augsburger Autos sind es 11 Kilometer), doch gerade auf kurzen Wegstrecken im Alltag sind die zwei Füße beliebt. 27 Prozent aller Wege innerhalb von Augsburg werden zu Fuß zurückgelegt, so die Augsburg-Auswertung der renommierten Erhebung "Mobilität in Städten". Nur das Auto liegt weiter vorne. Damit liegt Augsburg im Vergleich ähnlich großer Städte nicht schlecht.

    Verkehr in Augsburg: Auf den Gehwegen der Stadt wird es enger

    Doch zum einen macht die steigende Verkehrsdichte den Fußgängern zunehmend zu schaffen. "Wir stellen fest, dass es auf den Gehwegen aus verschiedenen Gründen immer ,enger‘ wird", sagt Robert Sauter, Vorsitzender des Seniorenbeirats. Neben Fußgängern beanspruchten vermehrt Radler, Zustelldienste und E-Roller den Platz, egal ob erlaubt oder nicht. Rücksichtnahme – so zumindest die Wahrnehmung – sei dabei nicht immer angesagt. Das Thema treffe alle, Senioren aber ganz besonders.

    Zum anderen gibt es bauliche Defizite, etwa in Teilen der Altstadt mit schmalen Straßen und noch schmaleren Gehwegen. Der VCD würde sich wünschen, dass die Stadt dort die Sanierung vorantreibt. "In der Jakobervorstadt hat man manche Straßen zu verkehrsberuhigten Bereichen umgestaltet mit Platz für alle. Und eine Straße weiter sind die Gehwege so schmal, dass man mit Rollator nicht durchkommt", so Schiffler. Grundsätzlich würde sich der VCD wünschen, dass die Stadt an vielen Kreuzungen den Platz für Autos verringert und die Gehwege weiter in die Fahrbahn hineinzieht. Andere Städte seien bei dem Thema konsequenter. "Das erhöht die Sicherheit und schafft mehr Aufenthaltsqualität", so Ohlenroth.

    Gleichwohl weist die Stadt darauf hin, dass einiges passiert. "Mit der Umnutzung der großen abgesperrten Kasernen und Textilfabriken sind bisherige ,weiße Flecken‘ auf der Landkarte der Fußgänger verschwunden und neue Wegebeziehungen entstanden", so Baureferent Gerd Merkle (CSU). Die Stadt setze in der Stadtplanung darauf, Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Freizeit und Schule nah zusammenzubringen. Das Leitbild der "Stadt der kurzen Wege" reduziere Verkehr.

    In Neubaugebieten sind verkehrsberuhigte Bereiche heute fast der Standard, auch in Stadtteilzentren gibt es Verbesserungen. So sollen in der Wertachstraße kommendes Jahr Querungshilfen für Fußgänger kommen. Und auch in der Innenstadt ist mit dem Kö-Umbau oder der angefangenen Umgestaltung der Theaterkreuzung mehr Platz für Fußgänger entstanden.

    Straßen in Augsburg: Mehr Platz für Fußgänger ist ein wichtiger Punkt

    Dass mehr Platz ein wichtiger Punkt für Fußgänger ist, belegen auch Forschungsergebnisse. Nach dem Umbau des Königsplatzes vor knapp sechs Jahren gebe es dort weniger Konflikte zwischen Fußgängern, die sich ausweichen müssen, so das Ergebnis einer Computersimulation der Geografen der Uni Augsburg. Das Verhalten von Fußgängerströmen wurde am Rechner nachmodelliert und dabei gezählt, wie oft sich Fußgänger gegenseitig im Weg stehen.

    Das Ergebnis: Der alte Königsplatz habe Engstellen gehabt, besonders bei Straßenüberquerungen sei es eng geworden. Am neuen Königsplatz sei die Zahl der Konflikte deutlich zurückgegangen.

    Ein Dauerthema sind in diesem Zusammenhang freilich auch die Ampeln, deren Zahl mit dem "autofreien Kö" reduziert wurde. An einigen Straßen sind die Grünphasen kurz. "Selbst Menschen, die noch gut zu Fuß sind, tun sich schwer, manche Straßen in einer Grünphase vollständig zu überqueren", sagt Seniorenvertreter Sauter. Die Stadt weist darauf hin, dass niemand erschrecken müsse, wenn beim Überqueren der Straße die Ampel auf Rot springt. Bis die Autos Grün bekommen, sei eine Schutzzeit einkalkuliert, in der Fußgänger auf die andere Straßenseite kommen, so das Tiefbauamt.

    Gleichwohl gibt es unangenehme Situationen, wenn Fußgänger an einem Knotenpunkt bis zu vier nicht in Reihe geschaltete Ampeln überqueren müssen oder an Hauptverkehrsstraßen auf der Mittelinsel stranden. Die Stadt sagt, man wisse um die Probleme und versuche, Schaltzeiten am Ampeln zu optimieren. Manchmal gehe es aufgrund der Verkehrssituation aber nicht anders. Die fußgängerfreundlichste Lösung, dass alle Autos aus allen Richtungen Rot bekommen und alle Fußgängerampeln gleichzeitig auf Grün schalten, um auch ein diagonales Überqueren zu ermöglichen, sei nur an Knoten mit wenig Autoverkehr und vielen Fußgängern möglich. Vor Jahren wurde das Modell in Pfersee an einer Kreuzung getestet.

    Was eine Verlängerung der Grünphasen betrifft, macht die Stadt wenig Hoffnung. Logisch ist, dass eine Verlängerung der Grünphasen für Fußgänger zu Lasten des Autoverkehrs gehen müsste. Eine andere Möglichkeit, so die Stadt, wären längere Grünphasen für alle. Das habe dann aber auch längere Rotphasen und Wartezeiten zur Folge.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Auch Fußgänger dürfen Ansprüche erheben

    Um Augsburgs Straßen und Wege geht es auch in unserem Podcast - jetzt reinhören!

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