Die Stadtwerke, so sagt Ramona Müller, haben sie zuletzt ein paar weiße Haare gekostet. "Das ist kein Kundenservice, das ist eine Katastrophe", so die Augsburgerin, die sich nach eigenen Angaben über mehrere Wochen mit ihren Abschlagszahlungen herumärgern musste. Es ist nicht der einzige Fall, bei dem sich swa-Kunden über mangelnde Dienstleistung beklagen. Bei den Stadtwerken wird Verständnis für Verärgerung gezeigt. Das Jahr 2023 sei alles andere als normal gewesen, sagt ein Sprecher. Er erklärt, was zu einem außergewöhnlichen, monatelangen Kundenansturm geführt habe und wann das Kundencenter am Hohen Weg wieder öffnen soll.
Seit Mitte Oktober schon ist diese Kundenanlaufstelle geschlossen. Dort hatten sich zu lange Warteschlangen gebildet. Die Stadtwerke wollten so mehr Kapazitäten für Telefon- und Mail-Beratung gewinnen. Seitdem ist nur noch das Center am Königsplatz geöffnet. Maßgeblich für den plötzlichen Andrang, so swa-Sprecher Jürgen Fergg, waren zwei Entscheidungen der Bundesregierung: die Energiepreisbremse und das Deutschlandticket. Jedes Ereignis wäre für sich genommen schon eine Herausforderung für den Kundenservice gewesen. In Kombination aber sei ein Anfragestau bisher unbekannten Ausmaßes entstanden.
Stadtwerke Augsburg: Energiepreisbremsen führten zu völligem Durcheinander
"Die Bundesregierung hat die Umsetzung des Deutschlandtickets und der Energiepreisbremsen komplett auf die Stadtwerke abgewälzt und uns durch die Kurzfristigkeit der Beschlüsse in eine unmögliche Situation unseren Kunden gegenüber gebracht", kritisiert der Sprecher der swa. Allein die Energiepreisbremse habe zu einem völligen Durcheinander bei den Abschlägen und Abrechnungen für die Kunden geführt.
"Es mussten erst die Abrechnungssysteme angepasst werden, was zu monatelangen Verzögerungen bei den Abschlagsberechnungen geführt hat. Dann sind bei etlichen Kunden mit den Preissenkungen bei Gas und Strom zum 1. Oktober dennoch die Abschläge gestiegen, weil die Preiserhöhung zum 1. Januar 2024 und die zwischen März und teilweise August nicht bezahlten Abschläge mit verrechnet werden mussten." Auch das habe zu erheblichen Kundennachfragen geführt. Eine, die nachfragte, war Ramona Müller.
Augsburgerin ging bei swa auf die Barrikaden
Als sie im September ihre Abschlussrechnung für Strom erhielt, 400 Euro nachzahlen sollte und der monatliche Abschlag von bisher 18 Euro auf 48 Euro angehoben werden sollte, traute die einstige Bankkauffrau ihren Augen kaum. Wegen der Erhöhung der Abschlagszahlung ging sie auf die Barrikaden. "Ich habe einen Single-Haushalt, keine Festbeleuchtung und koche kaum", so die 62-Jährige. Nach sechs Wochen Hin- und Her-Schreibens hätten die Stadtwerke ihr gegenüber einen Fehler eingeräumt und sie auf 20 Euro monatlich herabgestuft, bis sie zwei Wochen später die Nachricht erhielt, man biete ihr als Preissenkung 42 Euro im Monat an.
"Ich schrieb zurück, dass sie mich doch auf 20 Euro eingestuft haben. Daraufhin hieß es in der nächsten Antwort, also gut, ich soll künftig 39 Euro monatlich zahlen. Wer soll sich denn bei diesem Affentanz noch auskennen?", echauffiert sich die Augsburgerin. Inzwischen habe sie es geschafft. "Es bleibt bei 20 Euro." Noch nie habe sie Probleme mit den Augsburger Stadtwerken gehabt, betont Müller. "Aber dieses Mal habe ich mich sehr geärgert, vor allem dass so schwerfällig geantwortet wurde." Ähnliches hat Norbert M. (Name geändert) erlebt.
Bereits im Oktober 2022 hatte der Augsburger für 25.000 Euro eine Fotovoltaik-Anlage auf seinem Dach installieren lassen - nur habe er die Anlage über mehrere Monate hinweg nicht richtig nutzen können. Die Stadtwerke hätten es in der Zeit trotz mehrmaligen Nachfragens nicht geschafft, den dafür erforderlichen neuen Zähler einzubauen. "Dabei lag der Vorgang nachweislich schon längere Zeit bei ihnen." Vielleicht sei es ein Einzelfall gewesen, meint der 51-Jährige nachsichtig, aber den Kopf müsse er darüber schon schütteln. Ein 27-Jähriger berichtet über seinen Ärger, dass er seit einem halben Jahr seiner Gas-Rückzahlung hinterhertelefonieren müsse.
In der Woche kamen bis zu 6000 Kunden - doppelt so viel wie gewöhnlich
"Die Verärgerung verstehen wir natürlich und können uns nur entschuldigen", sagt swa-Sprecher Jürgen Fergg. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kundencentern und die Dienstleister würden ihr Menschenmögliches tun und seien sehr engagiert. Er nennt ein paar Zahlen, um den Ausnahmezustand durch die Anfragenflut zu verdeutlichen. "Normalerweise gehen bei uns pro Woche rund 3500 Telefonanfragen ein. Im Jahr 2023 waren es in den Spitzen mit 7000 doppelt so viele, und das über Wochen oder Monate hinweg." Ähnliches Bild in den Kundencentern, wo in der Regel etwa 3000 Besucher pro Woche gezählt würden. "Auch hier waren es mit 4000 Kundenbesuchen im Durchschnitt 30 Prozent mehr, in der Spitze im April wegen des Deutschlandtickets mit 6000 sogar doppelt so viele." Die vorübergehende Schließung eines der beiden Kundencenter war offenbar hilfreich.
Wann swa-Kundencenter am Hohen Weg wieder öffnen will
In den letzten Wochen habe man dadurch in Summe an die 30.000 E-Mails bearbeiten und beantworten können. Auch sei die telefonische Erreichbarkeit schrittweise verbessert worden. "Wir gehen von einer Behebung des Rückstaus Ende Februar aus." Die Stadtwerke planen laut Fergg, im Februar oder März die Anlaufstelle Hoher Weg wieder zu öffnen.