Kiara ist cool: Die Zwölfjährige trägt die neuesten Sneaker, angesagte Kleidung und hat auf dem sozialen Netzwerk Zett schon 200.000 Follower. Klare Sache, dass für Kiara auch der Umzug in eine neue Stadt und in ein neues Umfeld keine große Sache ist. Über Zett findet sie schnell neue Freunde – und die wiederum finden sie toll. Die Sportfreaks, die Esoterikfreunde, selbst der Briefmarkensammler Gustav werden zu Kiara-Fans. Gustav ist sich sicher: "Endlich ein Mensch, der mich versteht." Da wiederum liegt das Problem: Kiara ist kein Mensch. Sondern ein mit einer künstlichen Intelligenz (KI) ausgestatteter Roboter, der das von seinen Programmierer-Eltern ausgegebene Ziel verfolgt: Umsatz, generiert durch Werbung auf sozialen Medien.
Ihre Erfinder sind von ihr begeistert. Schließlich verbindet sich Kiara in Windeseile mit ihren neuen Freunden und platziert dabei öffentlichkeitswirksam die passenden Hashtags, über die ihre Produkte gefunden werden. In einer Welt, die aus Likes, Kommentaren und Followern besteht, kommt sie dabei besser zurecht als ihre Mitschüler aus Fleisch und Blut. Oder, wie ihr Programmierer und Vater sagt: "Menschen sind nicht perfekt und machen Fehler. Aber du, Kiara, du bist perfekt!" So perfekt, wie man eben sein kann als Wesen, das aus Schaltkreisen besteht. Am Ende stößt Kiara an die Grenzen, die der KI (derzeit noch) gesetzt sind: Wenn es um Kreativität, Fantasie und Emotionen geht, hilft ihr auch der beste Algorithmus nichts. Bei der Band, die einen Songschreiber als kreativen Input sucht, blitzt sie ab. Letztlich überhitzt sie bei einer Übung der Sportfreaks und muss mit einem Ladekissen wiederbelebt werden. Die Frage, die über allem steht, leuchtet zum Schluss noch auf: "Was ist Mensch?"
"Kiaras Interface" ist eine Eigenentwicklung des "Club Z" des Staatstheaters
Das Bemerkenswerte am durchaus anspruchsvollen Theaterstück "Kiaras Interface": Handlung, Präsentation und Bühnenbild sind komplett in der Hand des "Club Z". Dieser ist ein Angebot des Staatstheaters Augsburg, das sich an Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 15 Jahren richtet und beim Publikum ankam: Alle drei Aufführungen des Stücks waren ausverkauft. Dahinter steckt viel Arbeit: Einmal pro Woche treffen sich die jungen Kreativen, um Geschichten und Rollen zu entwickeln und ein Stück letztlich zur Bühnenreife zu bringen. 14 Nachwuchsschauspielerinnen und -schauspieler sind derzeit im Einsatz. Seit 2020 gibt es das Angebot, das von den Theaterpädagoginnen Anna-Sophia Kraus und Juliana Bernecker geleitet wird. Ein knappes halbes Jahr Arbeit steckt in "Kiaras Interface" – und viel Herzblut der jungen Theatermacher, wie Anna-Sophia Kraus betont. "Wir geben Impulse und Hilfestellung – aber ganze Figuren stammen eigentlich direkt von den Kindern und Jugendlichen. In einer Schreibwerkstatt werden Ideen ersponnen und entwickelt."
Dabei haben die jungen Theatermacher Zugriff auf das komplette Besteck des Staatstheaters – vom Bühnenbild bis zur technischen Unterstützung. Bei "Kiaras Interface" etwa wurden die Reels – kurze Videos, die über Social Media ausgespielt werden – professionell über die Videobearbeitung des Theaters erstellt. Zwischen den Einheiten bewirbt so der "Alpinkönig" seine Sportgruppe, die sich hauptsächlich in den "mighty mountains" tummelt und dort die "big decisions", also die wichtigen Entscheidungen trifft. Es geht aber beileibe nicht nur um technische Unterstützung, sondern auch um die persönliche Entwicklung der jungen Kreativen, die auch schon in puncto Ausdruck und Eindruck zeigen, was sie gelernt haben.
Der "Club Z" findet starken Anklang – so stark, dass die Wartelisten für die Teilnahme rappelvoll sind. Als Reaktion darauf startet ab April ein zusätzliches Angebot. Der "Club Performance" richtet sich an ein mit 13 bis 16 Jahren etwas älteres Teilnehmerfeld, das eine performative Bühnenform entwickeln soll. Geleitet von Julia Bernecker, findet die Kick-off-Veranstaltung am 5. April ab 15.30 Uhr im Martinipark statt. Anmeldungen sind nötig und unter theaterpaedagogik@staatstheater-augsburg.de möglich. Das fertige Programm soll Anfang Juni aufgeführt werden.