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Sport in Augsburg: Zwei Augsburger Vereine, ein Fest: „Wir feiern lieber gemeinsam“

Sport in Augsburg

Zwei Augsburger Vereine, ein Fest: „Wir feiern lieber gemeinsam“

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    Die Vorsitzenden Hans–Peter Pleitner (links, TSV Schwaben) und Horst Beck blicken auf 175 Jahre gemeinsame Vergangenheit zurück und gehen trotz Krisen optimistisch in die Zukunft.
    Die Vorsitzenden Hans–Peter Pleitner (links, TSV Schwaben) und Horst Beck blicken auf 175 Jahre gemeinsame Vergangenheit zurück und gehen trotz Krisen optimistisch in die Zukunft. Foto: Thorsten Franzisi

    Der TV Augsburg 1847 und der TSV Schwaben 1847 Augsburg, zwei Vereine, ein Gründungsjahr, eine Wurzel. Wie kommt das?

    Horst Beck: Der Ursprung beider Vereine lag im Turnverein Augsburg, der 1847 gegründet wurde. Dann spaltete sich in den 1920er Jahren der SSV Schwaben Augsburg ab. Im Dritten Reich kam es zu einer Zwangsvereinigung, der sich niemand entziehen konnte, zum TSV 1847 Schwaben Augsburg. 1953 gab es dann einen großen Krach, weil im Fußball schon Geld floss. Eine Gruppe von Turnern war damit nicht einverstanden und hat sich entschlossen auszutreten und gründete einen Verein mit dem alten Namen TV Augsburg. Es muss sogar ein Protokoll geben, dass auch das Gründungsjahr 1847 im Vereinsnamen geführt wurden durfte. Doch das ist nicht mehr auffindbar.

    Warum feiern die beiden Vereine gemeinsam?

    Hans-Peter Pleitner: Es würde kein Mensch verstehen, wenn wir zwei Jubiläumsfeiern machen würden und jeder erzählt dieselbe Gründungsgeschichte. Bei allen Animositäten, die es da in den 50er Jahren gegeben hat, wir sind da drüber weg. Wir feiern lieber gemeinsam.

    Der TVA hat sich etwas anders entwickelt als der TSV Schwaben. Bei den Schwaben dominiert der Leistungs- bzw Wettkampfsport, beim TVA der Breitensport, oder?

    Beck: Wir versuchen, Fitness-, Gesundheits- und Wettkampfsport unter einen Hut zu bringen. Wir haben auch Bundesliga-Teams, wir haben auch Europa- und Weltmeister. Wir pflegen ihn schon, denn ein Großteil der Jugend will sich messen, deshalb Wettkampfsport, aber immer Amateursport. Deshalb keine Bezahlung und auch kein Bundesleistungszentrum. Aber wir haben zwei Landesleistungszentren im Fechten und im Badminton.

    Der TV Augsburg war aber auch der erste Augsburger Verein, der Fitness-Sport als Dienstleistung kommerziell angeboten hat. Sichtbares Zeichen ist da der Fitness-Turm.

    Beck: Die Vereine müssen einfach schauen, wie sie sich weiterentwickeln. Ich bin ja auch im Vorstand des Freiburger Kreises, dem fast 200 Groß-Vereine aus Deutschland angehören, die ähnlich aufgestellt sind wie wir. Wir haben keine Hemmungen, uns als Sportvereine zu bezeichnen. Wir nehmen den Sport halt manchmal auch als Vehikel, um andere Gesellschaftsgruppen anzusprechen, zum Beispiel im Rehasport.

    Der Turmbau Anfang des Jahrtausends war da schon eine Entscheidung mit Weitblick.

    Beck: Das neue war, dass wir platzsparend mit einem Turm und kleineren Sporträumen in die Höhe bauen durften. Dazu mussten aber erst die Sportförderrichtlinien geändert werden. Bis dahin wurden ja nur Hallen gefördert. Siegfried Schmid, Rudolf Engelbrecht und Günther Löhnert haben das vorangetrieben.

    Wie definieren Sie den TSV Schwaben, Herr Pleitner?

    Pleitner: Natürlich überstrahlt unsere Kanu-Abteilung, also die Kanu-Schwaben, alles. Aber wir sind auch im Frauen- und Männerfußball und im Tennis sehr erfolgreich. Wir definieren uns als Verein, der Wettkampfsport anbietet. Auch mit Breitensport, aber das ist momentan nicht unser Fokus, weil wir es räumlich gar nicht darstellen können.

    Das Aushängeschild sind die Kanu-Schwaben mit Olympia-Siegern, Weltmeistern. Ist das für den Gesamtverein nicht immer nur eine Freude?

    Pleitner: Doch schon, aber es ist schon mit einem ganz erheblichen Aufwand verbunden. Unsere Kanu-Abteilung ist da wahnsinnig gut aufgestellt. Aber man muss sich schon überlegen, wie es weiter geht. Man kann schon die Frage stellen: Seid ihr überhaupt noch ein Sportverein? Ja, das wollen wir auch weiterhin sein, auch wenn wir uns etwas anders aufstellen und finanzieren müssen in Zukunft. Der klassische Verein, wie wir ihn noch kennen, ist ein Auslaufmodell.

    Was gibt es für Modelle?

    Pleitner: Da gibt es unterschiedliche Ansätze. Ein Ansatz ist der Weg, den jetzt der TVA oder der Post SV gehen: ich biete Fitnessangebote an, die die meisten Vereine in den 70er- und 80er-Jahren einfach verschlafen haben. Solche Dinge. Man muss sich verschiedenste Sachen überlegen, wie man es finanzieren kann. Wie man Raum- und Flächenkapazitäten schaffen kann, um den Sportbedarf zu decken. Beide Vereine könnten ja viel mehr Mitglieder haben und Angebote stellen, wenn wir mehr Flächen hätten.

    Wie viele Mitglieder hat der TVA?

    Beck: Wir waren schon bei über 5.000 Mitglieder und liegen jetzt zwischen 4.200 und 4.300. Mit dieser Krise, Geld, Inflation, Energie, die jetzt aufflammt, konnten wir die Verluste, die durch Corona entstanden sind, nicht aufholen.

    Wo stehen die Schwaben derzeit?

    Pleitner: Wir stehen bei rund 3.000 Mitglieder und haben, Gott sei Dank, wohl durch unsere Ausrichtung auf den Wettkampfsport, keinen Einbruch, sogar eher Zulauf.

    Was sind die größten Herausforderungen für die beiden Vereine in der Zukunft?

    Pleitner: Da wir sehr viele städtische Hallen nutzen, müssen wir schauen, wie sich die ganzen Corona-Hygiene-Richtlinien jetzt im Herbst und Winter entwickeln und wie die Verbände darauf reagieren. Wir haben ja 14 Abteilungen und damit 14 Verbände mit eigenen Vorstellungen.

    Das ist Corona. Eine gewaltige Herausforderung werden auch die explodierenden Energiepreise sein.

    Pleitner: Das ist nahezu unkalkulierbar. Gerade was die Entwicklung der Mietkosten bei den städtischen Anlagen betrifft. Zudem haben wir jetzt versucht, über den Sportbeirat eine Sammelbestellung für Vereine bei den Stadtwerken zu machen, damit wir kalkulierbare Kosten bekommen. Damit wir wissen, mit welchen Beträgen die Vereine im kommenden Jahr kalkulieren müssen. Das hat aber jetzt nichts speziell mit dem TSV Schwaben Augsburg zu tun.

    Wie sieht es bei Ihrer vereinseigenen Halle aus?

    Pleitner: Da haben wir einen Gas- und Strom-Liefervertrag bis 2024. Da können wir durchatmen.

    Der TVA hat fast nur eigene Anlagen an seinem Vereinsstandort an der Gabelsberger Straße.

    Beck: Das stimmt und wir haben Gott sei Dank keinen Index-Vertrag, sondern einen Festvertrag, der bis 2025 läuft. Aber es kann niemand absehen, was die Zukunft bringen wird.

    Es werden sicher große Herausforderungen sein. Was macht dem Vorsitzenden des TSV Schwaben trotzdem Mut?

    Pleitner: Unsere Mitglieder und unsere Abteilungen, die da an einem Strang ziehen, damit es weitergeht, damit man das Mögliche und auch das Unmögliche möglich macht. Da bin ich unverbesserlicher Optimist.

    Und was macht dem TVA-Vorsitzenden Mut?

    Beck: Da muss man nur unsere Geschichtswände hier anschauen. Weltgeschichte schlägt in die Sportgeschichte ein und in die Vereine. Aber wenn man sieht, dass es über 175 Jahre immer wieder weiter gegangen ist, dann macht mir diese Widerstandsfähigkeit des Sportes Mut, um zu sagen: Das packen wir.

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