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Region Augsburg: Wie Paralympics-Sieger Michael Teuber einen 6000er meisterte

Region Augsburg

Wie Paralympics-Sieger Michael Teuber einen 6000er meisterte

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    Er hat es geschafft: Michael Teuber aus Dietenhausen (Odelzhausen) jubelt auf dem Gipfel des 6278 Meter hohen Chimborazo in Ecuador
    Er hat es geschafft: Michael Teuber aus Dietenhausen (Odelzhausen) jubelt auf dem Gipfel des 6278 Meter hohen Chimborazo in Ecuador Foto: Peter Neusser

    Fast eine Stunde lang steht Michael Teuber aufrecht. Nur an einen Barhocker gelehnt erzählt er freimütig von seinem bewegten Leben. Von jenem Verkehrsunfall vor 30 Jahren, der ihn mit einer inkompletten Querschnittslähmung (von den Knien abwärts) fast in den Rollstuhl gezwungen hätte. Und von seinem unbändigen Willen, genau dieses zu verhindern. Er berichtet von seinem unbändigen Ehrgeiz, seinem Dickkopf und seiner eisernen Disziplin, die ihn zu Deutschlands erfolgreichsten Behinderten-Radsportler und zum fünffachen Paralympics-Sieger werden ließen.

    Michael Teuber
    Michael Teuber

    Auf Einladung des Augsburger Presseclubs ist Michael Teuber zu Gast in der LEW-Welt am Königsplatz und stellt sich vor 50 Zuhörern den Fragen von Sandra Strüving, der stellvertretenden Vorsitzenden des Presseclubs, und Sportredakteurin Andrea Bogenreuther. An Teubers Seite sind nicht nur Ehefrau Susanne und Tochter Marieann, sondern auch Thilo Komma-Pöllath. Mit dem freien Journalisten hat der Radprofi im vergangenen Jahr seine Biografie „Aus eigener Kraft“ herausgebracht. Darin erzählt Teuber schonungslos von seinem beispiellosen Lebensweg vom Patienten hin zum Profisportler. „Eigentlich bin ich jemand, der das eher wegschiebt und nach vorne schaut, aber durch das Buch kamen auch bei mir langsam wieder die Erinnerungen hoch“, berichtet Teuber von der anstrengenden Aufarbeitung seiner eigenen Geschichte.

    Allerdings fehlt ein Kapitel, das genauso viel Dramatik birgt wie Teubers Reha und seine Radsportkarriere. Denn zuletzt hat er im Januar 2017 den 6310 Meter hohen Vulkan Chimborazo in Ecuador bezwungen. Und das, obwohl Teuber in den Unterschenkeln völlig gefühllos ist und nur mithilfe von Kunststoffschienen aufrecht stehen und gehen kann. Bei dem Unfall im Jahr 1987 hatte er sich den zweiten und dritten Lendenwirbel gebrochen. Die damalige Diagnose: inkomplette Querschnittslähmung und ein Leben im Rollstuhl.

    Doch damit gab sich der damals 19-Jährige nicht zufrieden. Schließlich spürte er noch einen Hauch Bewegungsfähigkeit in seinen Oberschenkeln. Er schnallte sich, sobald es ging, die Füße auf das Rad und trainierte mit der verbleibenden Kraft. Heute erreicht er in seiner Paradedisziplin, dem Zeitfahren, Spitzengeschwindigkeiten bis zu 43 Kilometer pro Stunde. „Wenn ich meinen behinderten Körper optimal austrainiere, habe ich locker 30 Prozent mehr Leistung als ein Mensch ohne Behinderung, der nichts tut“, sagt Teuber. Seit Jahren ist das sein Credo: das Beste aus dem Körper herauszuholen. Immer an die Leistungsgrenzen zu gehen. So sind auch das fünffache Paralympics-Gold, 20 WM-Titel und 16 Europameistertitel zu erklären. Dazu freut sich der 49-Jährige geradezu diebisch, dass seine Leistungsdaten im fortgeschrittenen Alter immer besser werden und er der jungen Konkurrenz heute noch die Stirn bieten kann.

    Michael Teuber stieß an neue Grenzen

    Auf dem Chimborazo allerdings stößt Michael Teuber an neue Grenzen – physische wie psychische. „Es gab Stellen, da wäre ich nicht weitergekommen, wenn mir die anderen in der Seilschaft nicht geholfen und mich hochgezogen hätten“, gesteht Teuber. Einem ehrgeizigen Mann wie ihm fällt es schwer, sein Ding nicht alleine durchziehen zu können. Doch auf dem 6000er ging es nur gemeinsam. Das räumt auch Thilo Komma-Pöllath ein. „Auch für mich war das keine leichte Entscheidung. Wenn ich es nicht geschafft hätte, hätte ich vielleicht Michaels Traum zunichtegemacht.“ Doch die über fünfjährige Arbeit am Buch schweißte sie so zusammen, dass auch der gemeinsame Gipfelsturm gelang.

    Sogar ein Kamerateam hat die Seilschaft mit dem behinderten Radsportler begleitet. Die Dokumentation wird an diesem Mittwoch auf dem TV-Sender Kabel 1 ausgestrahlt. Ein Trailer dazu ist schon vorab im Presseclub zu sehen. Hier zeigt sich, was es bedeutet, als inkomplett Querschnittsgelähmter diese Gewalttour auf sich zu nehmen. Teuber zeigt seine nackten dünnen, gefühllosen Füße, die im Gegensatz zu den muskelbepackten Oberschenkeln wie Mikadostäbchen wirken, und die Funktion der Kunstoffschienen, die ihm das Laufen ermöglichen. Weil er Erfrierungen in den Füßen nicht spüre, habe er davor ähnlich viel Angst gehabt wie vor der Höhenkrankheit. Doch beides konnte er dank seiner akribischen Vorbereitung vermeiden.

    Zurück im Alltag konzentriert sich der Odelzhausener schon wieder aufs Radfahren. Ein zeitnahes Karriereende schließt er kategorisch aus. „Tokio 2020 kann ich mir schon noch vorstellen“, bekräftigt der umtriebige Abenteurer mit einem Schmunzeln, dass seine Energie noch lange nicht verbraucht ist.

    Mittwoch, 29. März, auf dem TV-Sender Kabel 1 um 16.55 Uhr in der Sendung Abenteuer Leben täglich.

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