Es ist viel Show dabei im Kampfsport. Guido Fiedler beherrscht sie locker. Boxer müssen vor einem Fight böse sein und böse wirken. Der Gegner soll ja schließlich eingeschüchtert werden. Der 44-Jährige erfüllt alle Klischees. Sein muskelbepackter Körper ist verziert mit Tattoos, den grimmigen Blick hat Fiedler drauf wie kein Zweiter. Das gehört in dieser Branche dazu, wenn ein wichtiger Kampf ansteht. Für Fiedler wird es am Samstag ernst, wenn er in Gersthofen in der Sound-Factory (Einlass ab 18 Uhr) um den Weltmeister-Titel der WBU gegen den Ungaren Balazs Horvath boxt.
Da Fiedler die Veranstaltung mit seinem Bruder Ben alleine stemmt, ist Zeit momentan Mangelware. Es gibt neben dem Training einiges zu tun. So müssen Termine mit den Medien koordiniert werden. Am Dienstag war ein Team des Bayerischen Rundfunks in seinem Studio zu Gast, das ihn am Samstag begleiten wird. Fiedler ist froh über jede Werbung, denn er hat zuletzt einiges Geld verloren. So musste er im April schon einmal einen Kampf aus Verletzungsgründen kurzfristig absagen. „Wenn die Halle schon gemietet ist, dann entstehen Kosten. Ich habe damals 12000 Euro für nichts gezahlt“, sagt Fiedler. Bei seiner letzten Veranstaltung, die in der Sound-Factory über die Bühne ging, waren über 700 Box-Fans da. Die würden ihm reichen. „Ich will ja nicht das große Geld verdienen. Ich bin froh, wenn ich bei null rauskomme“, gibt Fiedler ehrlich zu.
Neben dem Bayerischen Fernsehen wird auch ein slowenischer Sender am Samstag in der Halle sein. Schließlich gibt es im Rahmenprogramm den WM-Boxkampf der Frauen zwischen Emma Kozin aus Slowenien und der Georgierin Elene Sikmashvili. Letztere unterlag im vergangenen Jahr in Ludwigshafen der Augsburgerin Nikki Adler. Zudem werden die drei Lokalmatadoren Michael Kannler, Ruben Wolf und Güney Artak im Ring stehen.
Den Hauptkampf bestreitet natürlich Guido Fiedler. Nur um überhaupt kämpfen zu können, hat sich der gebürtige Ostdeutsche vor kurzem den kleinen Zeh am linken Fuß amputieren lassen (wir berichteten). Der wäre zwar nach ärztlicher Aussage zu retten gewesen, doch aufgrund einer längerfristigen Infektion hätte Fiedler nicht in den Ring steigen können. „Mir geht es gut und ich habe keine Schmerzen. Bewegungstechnisch ist bei mir alles klar“, grinst Fiedler. Allerdings muss der fünffache Weltmeister im Kickboxen noch an seinem Gewicht arbeiten. Im Halbschwergewicht sind 79,5 Kilogramm zugelassen. Am Freitag findet das öffentliche Wiegen statt. „Ich habe noch eineinhalb Kilo zu viel, das muss noch runter“, so Fiedler.
Von seinem Gegner Horvath hat Fiedler bisher nur Videomaterial gesichtet. Überzeugt hat ihn das nicht so richtig: „Aber es ist immer schwierig, etwas zu sagen Ich will einfach mein Bestes geben und ihn k.o. schlagen.“
Zuspruch bekommt Fiedler von vielen Seiten. Auf dem sozialen Netzwerk Facebook überraschten ihn der deutsche Filmschauspieler Jürgen Vogel und dessen Kollege Sven Martinek („Alarm für Cobra 11“, „Soko Rhein-Main“) mit einer Videobotschaft. Beide sind Freunde des Berliners Thosten Kütter. Dieser wird Fiedler zusammen mit Nikki Adler im Ring betreuen.
„Ich habe ja keinen eigenen Trainer. Für diesen Kampf brauche ich aber schon jemanden, der mir in der Ecke Anweisungen gibt“, meint Fiedler. Knapp 950 Kämpfe hat er in seiner Karriere bisher bestritten. Seine Boxhandschuhe will er erst an den Nagel hängen, wenn er 1000 Kämpfe absolviert hat. Doch ein bisschen beschäftigt sich „Kamikaze-Guido“ mittlerweile mit dem Karriereende: „Irgendwann muss auch ich mal ans Aufhören denken.“
Aber sicher nicht in dieser Woche. Es gilt eine Mission zu erfüllen: „Noch ein WM-Gürtel, das ist mein großer Traum.“ Am Samstag könnte er in Erfüllung gehen.