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Radsport: Radprofi Marco Brenner drängt es vom Augsburger Winter in die Sonne Spaniens

Radsport

Radprofi Marco Brenner drängt es vom Augsburger Winter in die Sonne Spaniens

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    Marco Brenner bereitete sich auch 
bei Minustemperaturen und verschneiten Wegen am Lech auf sein erstes Jahr als Rennrad-Profi vor.
    Marco Brenner bereitete sich auch bei Minustemperaturen und verschneiten Wegen am Lech auf sein erstes Jahr als Rennrad-Profi vor. Foto: Brenner

    Als Marco Brenner am Montag nach einer Reise-Odyssee bedingt durch das Schneechaos in Madrid im Trainingslager des Radrennteams DSM (früher Sunweb) im frühlingshaften Calpe an der Costa Blanca ankam, da wurde dem 18-jährigen Augsburger so richtig bewusst, dass er jetzt sein erstes großes Etappenziel seiner sportlichen Karriere erreicht hat: Er ist Rennrad-Profi. Und das in der höchstmöglichen Liga. Denn sein neues Team DSM zählt zum erlauchten Kreis der 19 UCI WorldTeams. Nur diese dürfen an den Radsportklassikern wie der Tour de France, der spanischen Vuelta oder dem Giro d’Italia teilnehmen.

    Vater muss den Profivertrag von Marco Brenner unterschreiben

    Fast zwei Wochen bereitet sich Brenner mit seinen Teamkollegen nun auf die neue Radsaison vor. Er gilt als eines der größten Talente im Radsportbereich, war Abonnementsieger im U19-Bereich und dementsprechend begehrt. Als Brenner im Juni seinen Vier-Jahres-Vertrag als 17-Jähriger beim damaligen Team Sunweb unterschrieb, musste sein Vater noch als Erziehungsberechtigter mitunterschreiben. Dass die Entscheidung von Brenner, seiner Eltern und seiner Management-agentur Corso auf Sunweb fiel, hatte mit dem Ruf des in Deutschland lizenzierten Rennstalls, der vom niederländischen Deventer aus gesteuert wird, zu tun.

    Die Trainer um den charismatischen Teammanager Iwan Spekenbrink gelten als Talentschmiede. Sie formten Stars wie den deutschen Sprinter Marcel Kittel oder zuletzt den Schweizer Senkrechtstarter Marc Hirschi. Der 22-Jährige reiste noch ohne Profisieg zur letztjährigen Tour de France und gewann gleich eine Etappe nach einer imponierenden Solo-Attacke. Auch mit dem Sieg beim Flèche Wallonne und Platz drei bei der WM in Imola sorgte er für Furore. Hirschi war 2018 in die Nachwuchsequipe von Team Sunweb gewechselt und dort ausgebildet worden.

    Coronabedingte Finanzsorgen haben sich aufgelöst

    Welches Talent Spekenrink in Marco Brenner sieht, unterstreicht die Tatsache, dass er den jungen Augsburger diesen Umweg erst gar nicht gehen lässt. Brenner wechselt direkt vom U19-Team „Auto-Eder Bayern“ ins WorldTour-Team. Zudem soll das Team DSM Brenner deutlich mehr als das vorgeschriebene Einstiegsgehalt von rund 53.000 Euro im Jahr für selbstständige Neo-Profis in einem World Team Wert sein. Denn der neue Hauptsponsor hat Großes vor. Der Wechsel vom Online-Reiseanbieter Sunweb hin zum Chemie-Konzern DSM gilt in der Branche als Coup. Mit einem Schlag haben sich alle coronabedingten Finanzsorgen aufgelöst wie eine Nebelschwade.

    Seit Anfang November bereitet sich Brenner auf den Straßen rund um Augsburg auf seine neue Aufgabe vor. Davor gab es ein virtuelles Teammeeting. Seitdem trainiert er nach genauen Vorgaben. Bis zu 22 Stunden pro Woche sitzt er auf seinem Rennrad oder seiner Cross-Maschine. Auf der Straße kommt er da zwischen 100 und 130 Kilometer pro Trainingsfahrt, die ihn entweder Richtung Donauwörth, Ammersee oder Pöttmes führen. Die Crossradeinheiten absolviert er am liebsten im Siebentischwald. Dazu kommen noch Kraft- und Stabilisationstraining im familieneigenen Kraftraum in der Jakobervorstadt. Die Brenners, eine radsportbegeisterte Familie, haben schon seit langem einen Flachbau direkt neben der Wohnung zur Radwerkstatt und zum Trainingsraum umgebaut.

    Täglich geht´s nach dem Frühstück aufs Rad

    „Ein normaler Tag von mir beginnt um 8 Uhr. Nach dem Aufstehen mache ich eine halbe Stunde Stabilisationsübungen, dann mache ich Frühstück, dann geht es aufs Rad. Ich versuche, immer so um 9.30 Uhr wegzukommen, dass ich bis 14 Uhr zu Hause bin“, erzählt Brenner. Zwei- bis dreimal pro Woche stehen auch Kraftübungen auf dem Plan. Brenner macht das nichts aus, er lebt für den Radsport, zumal er sich nach Abschluss seiner Ausbildung zum Fremdsprachenkorrespondenten voll auf seinen neuen Beruf konzentrieren kann. „Jetzt ist es fast schon entspannt“, sagt er.

    Seine Daten muss er dann penibel in eine digitale Trainingsapp eingeben, damit seine Trainer einen genauen Überblick über seinen Leistungsstand haben. Da werden Wattzahlen und Pulsfrequenzen gespeichert, aber auch das Gewicht. Teammanager Spekenbrink gilt als Perfektionist, Kritiker sagen, er sei ein Kontrollfreak, der seinen streng wissenschaftlich-technischen Ansatz mit allen Mitteln durchsetzt. Deshalb ist die Fluktuation beim Team Sunweb groß. Etliche Topfahrer, die bei Sunweb groß wurden, verließen danach den Rennstall.

    Zwei Monate bei Minusgraden trainiert

    Doch für Talente wie Brenner ist das Team DSM die ideale Ausbildungsplattform. Der freut sich auf die Trainingstage in Spanien: „Die letzten zwei Monate habe ich gefühlt nur bei Minusgraden trainiert. Jetzt bin ich froh, dass ich meine neuen Kollegen und mein Trainerteam persönlich kennenlernen kann und ins Warme komme.“ Der Wetterbericht klingt verlockend: Seit Dienstag scheint die Sonne und die Temperaturen liegen um die 15 Grad. Als Profisportler müssen die Radprofis nicht in Quarantäne, auch wenn sie strenge Hygienevorschriften und regelmäßige Corona-Testungen einhalten müssen.

    Für Brenner ist das Trainingslager der Auftakt einer langen Saison. Bei den ganz großen Rennen soll er noch nicht an den Start gehen, doch das Management des Teams DSM hat für ihn schon anspruchsvolle Aufgaben vorgesehen. So soll Brenner Ende April an der Tour de Romandie in der Westschweiz teilnehmen, die Polen-Rundfahrt im August und dann auch noch die Deutschland-Rundfahrt bestreiten. Die führt vom 26. bis zum 29. August in vier Etappen von Stralsund nach Nürnberg. „Für mich als Jungfahrer sind das natürlich Highlights“, sagt Brenner.

    Auch Georg Zimmermann ist froh, dass er ins Trainingslager nach Mallorca fahren kann.  Sein Einsatz beim Giro d´Italia steht schon fest.
    Auch Georg Zimmermann ist froh, dass er ins Trainingslager nach Mallorca fahren kann. Sein Einsatz beim Giro d´Italia steht schon fest. Foto: David Ramos, Getty Images

    Auch Radprofi Georg Zimmermann zieht´s ins Warme

    Gut möglich, dass er dabei irgendwann auf seinen Trainingspartner Georg Zimmermann treffen wird. Der 23-jährige Profi aus Neusäß (Landkreis Augsburg) bereitet sich derzeit mit seinen Kollegen vom belgischen Rennstall Circus-Wanty Gobert im spanischen Benidorm auf die Saison vor. Der bisherige Zweitdivisionär übernahm die WorldTour-Lizenz von Zimmermanns bisherigen Arbeitgeber CCC und den jungen Neusässer gleich mit. „Ich fühle mich sehr wohl. Jetzt heißt es elf Tage sich plagen, um bei den ersten Rennen im März fit zu sein“, berichtet Zimmermann. Saison-Höhepunkt für ihn werden der Giro d’Italia und das Tagesrennen Mailand – San Remo sein. Auch die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio hat er im Blick.

    Der 19-jährige Augsburger Luca Dreßler fährt seine erste Profi-Saison für das Team Lotto-Kern Haus aus der dritten Division. „Unser Trainingslager absolvieren wir auf Mallorca. Ich fühle mich im Team des deutschen Bundesligasiegerteams sehr wohl. Wir sind zwar kein WorldTour-Team, haben aber schon einige Rennen in den Niederlanden“, erklärt Dreßler. Alle drei Profiradrennfahrer haben ihre Wurzeln bei den E-Racers Augsburg.

    Das größte Talent wird Marco Brenner zugeschrieben. Vielleicht kann er es auch schon bald auf ganz großer Bühne zeigen. Denn Marc Hirschi und das Team DSM haben sich kurzfristig vor dem Jahreswechsel getrennt. Der Schweizer hat beim UAE Team Emirates einen Vertrag bis 2022 unterschrieben und wird Teamkollege von Tour-de-France-Sieger Pogacar. Damit ist bei den großen Rennen wie der Tour plötzlich im Team DSM eine Planstelle frei. Marco Brenner gibt seit Montag alles dafür, dass sie mit ihm besetzt wird. (mit ref)

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