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Porträt: Ein Ziel vor Augen

Porträt

Ein Ziel vor Augen

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    Arkadiusz Milik wächst im Norden von Tychy auf. Nicht gerade die Vorzeige-Gegend der polnischen Stadt in Oberschlesien. „Osiedle N“ hat nichts gemein mit der liebevoll sanierten Innenstadt rund um den Altstadtmarkt und es grenzt auch nicht an das grüne Naherholungsgebiet am Paprotzaner See. „Osiedle N“ ist eines der hässlichen Gesichter der 130000-Einwohner-Stadt, die früher nur vom Bergbau lebte und jetzt Heimat des größten europäischen Autowerks des Fiat-Konzerns ist.

    Hier, auf den Vorplätzen vor den grauen Plattenbau-Fassaden, spielt der kleine Arkadiusz jede freie Minute Fußball. Seinen leiblichen Vater kennt er kaum. Der hat ihn, seine Mutter und seinen älteren Bruder Lukas früh sitzen lassen. Beim Spielen vergisst Arkadiusz seinen oft tristen Alltag. Hier lernt er, sich durchzusetzen. Hier liegen die Wurzeln, die ihm die Nährstoffe liefern, die ihn wenige Jahre später in die Bundesliga bringen werden.

    Es sind alles gute Fußballer, die dort spielen. Das fällt Slawomir Mogilan sofort auf. Der ehemalige Fußballer, der damals selbst noch unter Tage arbeitet, fördert und fordert die 8- und 9-jährigen Knirpse. Er bringt sie zu Rozwoj Katowice, einem unterklassigen Klub mit guter Jugend-Arbeit in der 15 Kilometer von Tychy entfernten Bezirkshauptstadt. Dort macht sich Mogilan mit seiner Mannschaft schnell einen guten Namen. Mogilan ist für den jungen Milik nicht nur Trainer. Er wird zum Vaterersatz. Es zeigt sich schnell, dass Milik Talent hat. Er dribbelt, schießt Tor um Tor. Er hat mehr Willen und Ehrgeiz als die anderen aus seinem Jahrgang. Eisern und diszipliniert arbeitet er an sich. Für ihn wird der Fußball zum Türöffner in eine andere, eine bessere Welt.

    Milik wechselt zu Gornik Zabrze. Mit 17 gibt er im Sommer 2011 dort sein Erstliga-Debüt. Milik schießt auch dort Tore. Solche Spieler fallen den Scouts der großen europäischen Klubs schnell auf. Milik geht den nächsten Schritt: ins Ausland. Bayer Leverkusen macht das Rennen, zahlt im Januar rund drei Millionen Euro Ablöse für das Stürmertalent und gibt ihm einen Vertrag bis 2018. Doch an Bundesliga-Torschützenkönig Stefan Kießling kommt er noch nicht vorbei. Bayer leiht ihn für ein Jahr zum FC Augsburg aus.

    Mit dem FCA hat der Werksklub bisher gute Erfahrungen gemacht. Jens Hegeler hat sich hier weiterentwickelt, Hajime Hosogai hat sich nach seinem Wechsel aus Japan beim FCA akklimatisiert. Verleihen gehört zur Ausbildungsstrategie von Bayer. Es gibt mehrere Kriterien, die ein Klub erfüllen muss, um ein Talent aus Leverkusen zu bekommen. Positionsbedarf, einen kompetenten Trainer und ein gutes Verhältnis zum Management. Alle drei Voraussetzungen erfüllt der FCA.

    Darum sitzt der 19-jährige Fußball-Profi nun Anfang Dezember im Medien-Bereich der SGL-Arena. Über seine Kindheit will Milik nicht viel reden. Er ist vorsichtig, zurückhaltend. In Polen hat er mit den Medien nicht immer die besten Erfahrungen gemacht. Er hat seinen Berater Przemyslaw David Pantak mit zum Interview gebeten. Eigentlich spricht Milik bereits sehr gut deutsch. Er versteht fast alles, antwortet aber fast nur in seiner Muttersprache. Er will nicht falsch verstanden werden.

    „Er ist ein Mensch, der sehr lange braucht, um Vertrauen zu fassen“, sagt sein Berater. Er kennt Arek, wie Miliks Vorname abgekürzt wird, seit dieser 15 ist. „Ich habe gleich gesehen, dass er diese mentale Komponente mitbringt, die für einen Profi wichtig sind“, sagt Pandak. Er setze sich Ziele und verfolge sie dann auch knallhart.

    Cristiano Ronaldo ist sein Vorbild

    Wie Miliks Vorbild Cristiano Ronaldo. Darum hofft Milik auch, dass der Portugiese Weltfußballer wird. „Es hat es sich verdient.“ Mehr als Ribéry wird Milik gefragt. „Ja, auch mehr als Ribéry“, sagt Milik und erklärt: „Es geht um die Art und Weise wie er an seinen Sport herangeht. Er hat sich alles hart erarbeitet.“ Ein harter Arbeiter ist auch Milik. In Augsburg will er den nächsten Schritt in seiner Karriere tun. Hier fühlt er sich schon nach wenigen Monaten heimisch. Die Altstadt erinnere ihn an Krakau. Es sei kein Vergleich zu Leverkusen. „Es ist viel schöner.“ Er bekommt oft Besuch von seiner Familie. In der Mannschaft hat er den besten Draht zu Kevin Vogt und Matthias Ostrzolek, dessen Eltern in Polen geboren sind. Sportlich scheint er gleich durchzustarten. Bei seinem Heimspieldebüt gelingt ihn gegen Gladbach in letzter Minute der Ausgleich zum 2:2. Gegen Hoffenheim und Hertha darf er von Beginn an ran. Doch Milik zahlt auch Lehrgeld. Zweimal zeigen ihm gegen die Bayern die Weltklasseverteidiger Dante und Boateng seine Grenzen auf. Milik zieht daraus seine Lehren. „Ich will mich an diesen Spielern messen und besser werden“, sagt der 19-Jährige bescheiden. Darum hält FCA-Trainer Markus Weinzierl auch große Stücke auf Milik. „Er ist eifrig und er ist ein torgefährlicher Spieler, durch den wir in der Offensive unberechenbarer werden.“ Doch einen Freifahrtschein bekommt er auch bei Weinzierl nicht. Schließlich bewerben sich auch Sascha Mölders und Raul Bobadilla um den Platz in der Sturmzentrale. Milik ist der talentierteste der drei, doch er muss noch viel lernen. Milik ist dazu bereit. „Ich muss mich im Training beweisen.“ Er versucht sich abzuschauen, was ihn weiterbringen kann. Auch beim FCA. Bei Raul Bobadilla zum Beispiel, „die Art und Weise, wie er seinen Körper einsetzt“.

    Zuletzt in Hamburg saß Milik 90 Minuten auf der Bank. Er behält dennoch die Ruhe. „Nur durch Konkurrenz wird man besser, sonst entwickelt man sich nicht.“ Dabei wird Milik, der schon mit 18 sein Debüt in der polnischen A-Nationalmannschaft gegeben hat, in seiner Heimat schon mit Robert Lewandowski verglichen. Und das nicht erst, seit er in der U-21-Nationalmannschaft in zwei Spielen gegen Malta und Griechenland sechs Tore erzielt hat. Den Vergleich mit dem Dortmunder mag Milik gar nicht. „Ich habe große Wertschätzung für seine Leistung, aber ich bin ich und will meinen eigenen Weg gehen.“ Es deutet alles darauf hin, dass der noch lange nicht zu Ende ist. Augsburg wird wohl nur eine Zwischenstation sein. Doch egal wo der Weg von Arkadisuz Milik hinführt, er vergisst nicht, wo alles begann.

    Er unterstützt weiter die Mannschaft seines Ziehvaters Slawomir Mogilan. In seinem Vertrag in Leverkusen hat er eine Klausel aufnehmen lassen, dass dessen Team zweimal im Jahr nach Deutschland ins Trainingslager kommen darf. Leverkusen hat zugestimmt. Vielleicht ist ein neuer Arkadiusz Milik dabei.

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