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Interview: Rummels Hilferuf: „Es kann so nicht weitergehen“

Interview

Rummels Hilferuf: „Es kann so nicht weitergehen“

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    Stefan Rummel
    Stefan Rummel

    Herr Rummel, als Vorsitzender des Turn- und Sportvereins Göggingen haben Sie einen Hilferuf gestartet. Sie finden keine ehrenamtlichen Vereinsmitglieder mehr, die Sie im Vorstand unterstützen. Was hat das für Folgen für den Verein?

    Rummel: Ich agiere seit 2009 als einziger im Registergericht eingetragener vertretungsberechtigter Vorsitzender des TSV Göggingen und arbeite mit einer reduzierten Vorstandschaft, weil wir seit vielen Jahren nicht dazu in der Lage sind, diese Positionen zu besetzen. Derzeit fehlen mir ein 2. Vorsitzender, ein Schatzmeister, ein Schriftführer und ein Seniorenwart.

    Wie schaffen Sie so die Arbeit, die in einem Verein mit 937 Mitgliedern und sechs Abteilungen anfällt?

    Rummel: Wir sind momentan nur zu dritt und ich habe seit 2009 keinerlei Möglichkeit, die Aufgaben auf die Schultern mehrerer Leute aufzuteilen. Unter der Woche kommen so für mich schon bis zu 15 Stunden zusammen. Und dabei bin ich voll berufstätig. Ich arbeite in München als Controller bei einem Finanzdienstleister. Das allein ist ein 50-Stunden-Job. Dazu kommen täglich zwei Stunden Fahrt. Das macht das Ganze schon recht schwierig.

    Warum finden Sie in Ihrem Verein keine ehrenamtliche Unterstützung?

    Rummel: Das Engagement der Mitglieder reduziert sich auf die Abteilungen. Wichtig ist natürlich, dass die sportlichen Bedingungen in den Abteilungen passen wie etwa im Fußball, Handball und in der Leichtathletik. Da muss es laufen. Doch darüber hinaus finden sich keine Mitglieder, die bereit sind, im Hauptverein die Verantwortung zu übernehmen. Man könnte jetzt vielleicht vermuten, dass sich der ein oder andere rüstige 60-Jährige bereit erklärt. Aber viele sind nicht mehr bereit, nach ihrer aktiven Zeit weiterzumachen. Auch die Personen aus der Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen gehen aus dem Verein raus, wenn sie ihre aktiven Laufbahn beenden. Da sind Familie und Beruf das Wichtigste, nicht der Verein.

    Ist Ihr Verein dann momentan manövrierunfähig?

    Rummel: Nein, das klappt noch dank der drei Vereins-Organe: dem ausgedünnten Vorstand, dem Hauptausschuss mit den Abteilungsleitern und der Mitgliederversammlung. Doch ich möchte schon das Bewusstsein wecken, dass so ein großer Verein wie der TSV Göggingen nur dann auf Dauer bestehen kann, wenn er eine funktionierende und komplett besetzte Vorstandschaft hat. So ein Verein muss einerseits geführt werden wie ein Unternehmen mit vielen Vorschriften und entsprechender Verwaltung, und zum anderen muss er ja auch weiterentwickelt werden.

    Wie soll das gehen?

    Rummel: Ich möchte die Öffentlichkeit wachrütteln, dass sich Leute zwischen 35 und 65 Jahren melden, die die Fähigkeit und Erfahrung haben, einen Verein zu führen. Außerdem müsste man vielleicht neben einem hauptamtlichen Geschäftsstellenleiter auch einen hauptamtlichen Geschäftsführer einstellen, wie das schon bei ganz vielen anderen Vereinen der Fall ist. Das würde die Satzung hergeben, das müsste die Mitgliederversammlung entscheiden. Das muss dann aber auch entsprechend bezahlt werden. Auf ehrenamtlicher Basis wird diese ganze Arbeit wohl kein Mitglied mehr machen.

    Wie fühlen Sie sich in Ihrer momentanen Lage?

    Rummel: Ich bin kein Typ, der leicht frustriert ist. Aber es ist schwierig. Denn man müsste den Verein dringend weiterentwickeln, neue Angebote suchen, die die Jugend ansprechen, oder Trendsportarten anbieten. Wenn man aber, so wie ich, nur mit dem Verwalten beschäftigt ist, kommt man zu nichts anderem mehr. Dabei hat der TSV eine alte Vereinsturnhalle, die über 125 Jahre alt und in einem recht schlechten Zustand ist. Da gäbe es die Notwendigkeit, aktiv zu werden, was ich durch meine alleinige Tätigkeit aber nicht schaffe.

    Was passiert beim TSV Göggingen im schlimmsten Fall, wenn Sie als 1. Vorsitzender nicht weitermachen?

    Rummel: Wenn sich auf unserer Jahreshauptversammlung am 17. Mai niemand bereit erklärt, müsste ich das Amt vorerst kommissarisch weiterleiten, sonst wäre der Verein führungslos. Wenn sich danach auf einer einzuberufenden außerordentlichen Mitgliederversammlung auch niemand findet, dann wird meist durch das Registergericht ein Notvorstand eingesetzt. Das ist kritisch, da das nicht ohne Entlohnung erfolgt und der Verein unter Umständen viel Geld dafür in die Hand nehmen müsste. Eventuell auch die Mitglieder über einen Sonderbeitrag. Alternativ stünde die Auflösung des Vereins zur Diskussion.

    Glauben Sie, dass dieses Szenario noch abzuwenden ist?

    Rummel: Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Man muss die Leute wachrütteln. Dazu gehört für mich auch der Schritt, an die Öffentlichkeit zu gehen. Denn ich glaube, man muss den Leuten ganz deutlich vor Augen führen: So geht es nicht weiter. Es müssen sich Leute finden lassen, die bereit sind, dieses Engagement einzugehen.

    Das heißt, Sie werden am 17. Mai definitiv nicht mehr zur Wahl als Vorsitzender des TSV Göggingen antreten?

    Rummel: Ja, das werde ich sicherlich nicht. Aber natürlich kann ich dann nicht einfach alles hinschmeißen, auch weil das nach dem Gesetz nicht zulässig ist. Und ich bin auch nicht der Typ dafür. Interview: Andrea Bogenreuther

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