Frau Hanson, wie geht es Ihnen? Nach Ihrem Kampf gegen die Ukrainerin Alina Zaitseva sahen Sie schwer gezeichnet aus.
Cheyenne Hanson: Mir geht es eigentlich ganz gut. Es ist nichts gebrochen, das war meine größte Sorge. Aber stimmt schon, so lädiert sieht man selbst nach einem Boxkampf eher selten aus. Es ist halt ein riesiges Hämatom. Es gab mehrere Kopfstöße meiner Gegnerin, ich habe fast in jeder Runde was abbekommen. War ein wilder Kampf. Aber ich bin richtig glücklich. Ich bin internationale deutsche Meisterin. Den Titel wollte ich unbedingt.
Es war also die Taktik Ihrer Gegnerin, Sie mit Kopfstößen außer Gefecht zu setzen?
Hanson: Auf jeden Fall hat sie unsauber geboxt. Sie wollte den Titel auch unbedingt, offenbar mit allen Mitteln. Ich glaube nicht, dass das alles zufällige Kopfstöße waren. Natürlich hat sie auch gesehen, dass mein Auge immer weiter zugeschwollen ist. Das wollte sie ausnutzen.
Wie hat der Kampf geendet?
Hanson: Er wurde vom Ringarzt abgebrochen - zu Beginn der sechsten Runde, soweit ich mich erinnern kann. Und dann gab es eben ein Punkteurteil, das einstimmig war. Alle drei Punktrichter haben mich vorne gesehen. Ich wollte trotzdem unbedingt weiterkämpfen, bis zum bitteren Ende. Aber nach der fünften Runde hat der Ringarzt dann gesagt, es wäre besser, abzubrechen. Es sah ja schon ziemlich wild aus.
Mit ein bisschen Abstand teilen Sie aber schon die Einschätzung des Ringarztes ...?
Hanson: Na klar. Ich bin ja selbst erschrocken, als ich dann in den Spiegel geschaut habe. Ich habe es zwar gemerkt, aber dass es gleich so zugeschwollen ist - das habe ich auch noch nie bei jemandem gesehen. Aber in dem Moment war ich so voller Adrenalin, dass ich einfach weiterkämpfen und gewinnen wollte.
Wie schaut denn Ihre Gegnerin aus?
Hanson: Die hat auf jeden Fall auch ein blaues Auge. Ich habe gehört, dass sie am nächsten Tag auch ziemlich übel aussah. Es war eben ein richtig harter Fight. Ich mag das aber. Ich bin eine Kämpferin und gehe immer bis zum Schluss. Das ist wieder ein Beweis dafür, dass auch Frauen kämpfen können und oft mehr einstecken können als manche Männer.
Warum macht das Spaß?
Hanson: Es macht mir wahnsinnig Spaß. Es ist einfach dieser Adrenalinkick. Ich kämpfe gerne, bin ehrgeizig. Ich will für mich selbst verantwortlich sein. Ich bin gerne ein Einzelkämpfer. Ich mache Kampfsport, seit ich vier, fünf Jahre alt bin, und kann es mir gar nicht mehr vorstellen, wie es ohne den Kampfsport ist.
Kann man das lernen oder muss man dazu geboren sein?
Hanson: Entweder du hast es in dir oder du hast es nicht. Du kannst dir Ausdauer aneignen, du kannst dir Kraft antrainieren. Aber diesen Willen und dieses Kämpferherz musst du im Boxsport mitbringen - spätestens, wenn die härteren Kämpfe kommen. Dann zeigt sich, wer weitermacht.
Wie lange müssen Sie jetzt pausieren?
Hanson: Meine größte Sorge nach dem Kampf war, dass etwas gebrochen ist und ich länger pausieren muss. Ich soll mich jetzt ein bisschen ausruhen, bis es abgeschwollen ist, kühlen hilft auch. Und dann will ich so bald wie möglich wieder mit meinem Trainer Alex Haan trainieren.
Noch sehen Sie deutlich gezeichnet aus. Werden Sie auf die Verletzung angesprochen?
Hanson: Die, die mich kennen, wissen, dass so etwas im Boxen passieren kann. Aber man merkt schon, dass die Leute hinschauen. Angesprochen wurde ich bisher noch nicht. Viele trauen sich wohl nicht. Die meisten denken wahrscheinlich, dass ich einen Unfall hatte.
Jetzt haben Sie den internationalen deutschen Meistertitel. Welche Ziele haben Sie sich als Nächstes gesteckt?
Hanson: Ich will auf jeden Fall um die WBC-Weltmeisterschaft boxen. Geplant ist, dass wir das in diesem Jahr noch hinbekommen.
Wie fühlt sich ein Schlag ins Gesicht an? Wie wird man Profiboxer? Hören Sie sich dazu unseren Podcast mit Box-Weltmeisterin Tina Rupprecht an:
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