Am Dienstagmorgen war wieder Ruhe eingekehrt beim FC Augsburg. Als dichtes Schneetreiben beim Vormittagstraining des Bundesligisten einsetzte, flüchtete sich der Kameramann des lokalen Fernsehsenders Augsburg TV im Rosenaustadion unter das Plexiglasdach einer Auswechselbank. Genügend Platz war ja, er war der einzige Medienvertreter. Und auf der Tribüne fachsimpelten drei Fans.
Nichts erinnerte mehr daran, dass der FCA für wenige Stunden mitten im medialen Wirbelsturm der Bundesliga stand. Normalerweise ist Abstiegskampf in dieser Phase der Saison ungefähr so sexy wie Cindy aus Marzahn, doch da der FC Bayern einsam seine Kreise an der Tabellenspitze zieht, rückte plötzlich das Duell des 17. (FCA) und des 16. (Hoffenheim) in den Fokus.
Der psychologische Vorteil liegt jetzt beim FCA
Der FCA gewann 2:1, überholte damit Hoffenheim und steht nun mit zwei Punkten Vorsprung auf Platz 16, dem Relegationsplatz. Am Montag rauschten der Positionswechsel und besonders die blutige Nase von Sascha Mölders noch wie eine Lawine durch den Blätterwald.
Gestern war dies aber alles schon wieder Schnee von gestern. Auf jeden Fall für FCA-Trainer Markus Weinzierl. „Wir haben nichts erreicht. Wir konzentrieren uns heute schon wieder auf Bremen und müssen einfach so weitermachen.“ Dem Trainer ist das Bemühen, den Sieg gegen Hoffenheim nicht wichtiger zu machen, als er ist, aus jeder Silbe herauszuhören. „Es gibt keinen Grund, irgendeinen Schritt weniger zu tun. Wir haben einen Schritt in die richtige Richtung gemacht, nicht mehr, nicht weniger.“
Dabei hat sich seit Samstagabend doch einiges verändert. Der psychologische Vorteil liegt jetzt beim FCA. Das sowieso schon mehr als labile Fußball-Gebilde aus dem Kraichgau muss nun dem FCA hinterherhecheln. Der hat nach dem dritten Saisonsieg weiter an Selbstvertrauen gewonnen und auch den eigenen Fans wieder Zuversicht gegeben. Der Nichtabstieg wenigstens über den Umweg Relegation ist durchaus möglich, auch wenn noch elf Spiele zu spielen sind.
Sascha Mölders hat das Zeug zum Helden
Über 28000 feierten das am Samstag in der SGL-Arena. So laut, dass sich Geschäftsführer Peter Bircks für die Unterstützung umgehend auf der vereinseigenen Homepage bedankte. Der FCA und seine Fans sind weiter zusammengerückt.
Einer der Verbindungsträger ist spätestens seit Samstag Sascha Mölders. Wer sich mit angebrochener Nase, notdürftig geklebtem Cut ohne zu Zögern weiter in Kopfballduelle wirft und dann noch das 2:0 erzielt, hat das Zeug zum Helden. Auch wenn sein rustikaler Spielstil vor gar nicht so langer Zeit noch für heftiges Granteln auf den Rängen sorgte. Gestern lief Mölders nur ein paar Runden. Eine reine Vorsichtsmaßnahme. Seine Treffsicherheit ist derzeit die Erfolgsgarantie.
Sein Konkurrent Aristide Bancé ist derzeit keine Alternative. Vier Wochen war er beim Afrika-Cup und am Freitag kam er dann auch noch zu spät zum Training. Dafür flog er aus dem Kader. Auch gestern war der Zorn von Trainer Weinzierl noch nicht verraucht: „Es ist einfach nicht zu akzeptieren. Ich verlange von jedem Spieler, dass er alles gibt und nur den FC Augsburg im Kopf hat, und dass er alles andere hintenanstellt.“ Bancé musste gestern Sonderschichten schieben. Beachtet hat ihn bei seinen Steigerungsläufen außer Reha-Trainer Thomas Barth niemand. Der Kameramann hatte sein Equipment längst eingepackt.