Als die TSG 1899 Hoffenheim am zweiten Spieltag der Bundesliga den FC Bayern München aus der Prezero-Arena Sinsheim mit einem beeindruckenden 4:1-Erfolg nach Hause geschickt hatten, da dominierten die Kraichgauer die Schlagzeilen. Nicht nur weil es die erste Niederlage für die Bayern nach 32 ungeschlagenen Partien war, nicht nur weil es schien, als könnte die TSG mit ihrem kraftvollen Offensivspiel die Überraschung in der Bundesliga werden – nein, auch weil der neue Trainer der TSG einen Nachnamen trägt, der in Verbindung mit dem FC Bayern wie ein Donnerhall wirkt: Hoeneß. Sebastian Hoeneß, 38, Sohn von Dieter und Neffe von Uli Hoeneß trägt seit Saisonbeginn die Verantwortung bei der TSG.
Hoffenheim will gegen den FC Augsburg Punkte gutmachen
Zehn Wochen sind seitdem vergangen und der mediale Hype um die TSG 1899 Hoffenheim hat sich gelegt. Noch mehr, Ernüchterung hat sich breitgemacht. Denn seit sieben Spielen wartet die TSG in der Bundesliga nun schon auf einen Sieg. Beim Heimspiel gegen den FC Augsburg am Montag (20.30 Uhr/DAZN) soll nun die nationale Misere beendet werden. "Das Spiel ist natürlich besonders wichtig. Wir müssen bereit sein für den langersehnten Dreier", sagte der Trainer und fügte an: "Wir haben die Möglichkeit, wieder Punkte gutzumachen, die wir in den letzten Spielen verloren haben."
Platz 13 und nur neun Punkte, das hatten sich die Hoffenheimer Verantwortlichen um Manager Alexander Rosen (ein gebürtiger Augsburger) anders vorgestellt. Einige Medien sprechen sogar schon von einer nationalen "Krise". Das kann man so sehen, wenn man als Vergleich den Siegeszug in der Europa League im gleichen Zeitraum heranzieht. Mit vier Siegen und einem Unentschieden sicherte sich die TSG vorzeitig den Gruppensieg und zog erstmals in der "Klubgeschichte in die K.-o.-Runde eines europäischen Wettbewerbes ein.
Bei der TSG 1899 Hoffenheim waren bis zu neun Spieler in Corona-Quarantäne
Doch woran liegt es, dass die Mannschaft von Sebastian Hoeneß wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde zwei so unterschiedliche Gesichter zeigt? Hauptsächlich wohl daran, dass kein Bundesligist so vom Coronavirus heimgesucht wurde wie die TSG. Zeitweise waren neun Spieler infiziert und in Quarantäne. Hoeneß musste aufstellen, wer noch geradeaus laufen konnte.
Ex-FCA-Profi Kevin Vogt macht wieder auf sich aufmerksam
Noch immer muss Hoeneß ohne die Langzeitverletzten Benjamin Hübner, Pavel Kaderabek, Ermin Bicakcic und den Ex-Augsburger Konstantinos Stafylidis (Schulterverletzung) sowie den gesperrten Dennis Geiger auskommen. Auch die zwischenzeitlich an Corona erkrankten Jacob Bruun Larsen, Ishak Belfodil und Sargis Adamjan stehen noch nicht wieder zur Verfügung, doch die personelle Lage hat sich ein wenig entspannt. Trotzdem sagte er am Sonntag: "Ich wünsche mir, dass ich mal wieder Kopfschmerzen habe, zwei, drei Spieler enttäuschen zu müssen, weil ich mich für andere entschieden habe." Dafür hat aber der Ex-FCA-Profi Kevin Vogt, der zwischendurch nach Bremen ausgeliehen war, und auch an Corona erkrankt war, zuletzt wieder auf sich aufmerksam gemacht.
Zu sehen war aber auch, dass man in der Bundesliga gegen den offensiven Spielstil, den Hoeneß im Gegensatz zu seinem Vorgänger Alfred Schreuder wieder konsequent umsetzt, durchaus Gegenrezepte gefunden hat, während die europäischen Gegner aus der zweiten Reihe wie Belgrad, Liberec und Gent doch etwas ratlos den Pressing- und Offensivaktionen gegenüberstanden.
Meisterschaft mit dem FC Bayern München II
Doch Hoeneß hatte schon bei seiner vorherigen Tätigkeit beim FC Bayern II gezeigt, dass er mit Widrigkeiten und Krisen umgehen kann. Nach 20 Spieltagen stand er in der vergangenen Saison mit den Bayern-Welpen in der 3. Liga auf Platz 15. 18 Spieltage später feierte man auf dem Bayern-Campus die Meisterschaft – als Trainer-Neuling im Profigeschäft und mit einem Aufsteiger. Nie zuvor hatte eine zweite Mannschaft den Titel im Stahlbad dritte Liga geholt, Hoeneß wurde dort auch zum Trainer des Jahres gewählt. Dass mit Sebastian der dritte Hoeneß in der Bundesliga aktiv ist, ist nicht so überraschend, ein wenig schon, dass ihm der Sprung nicht als Spieler gelang. Doch als Fußballer war der Namen Hoeneß wohl für den Mittelfeldspieler eine zu große Hypothek.
"Ich heiße halt schon immer Hoeneß, und der Name polarisiert", sagte er einmal, "natürlich würde ich mir hin und wieder wünschen, als Sebastian wahrgenommen zu werden, nicht als Hoeneß." Er möge seinen Nachnamen, "aber es wird häufig in Kontext gesetzt, und das fühlt sich manchmal ein bisschen ungerecht an". Bei der Hertha kam er nicht über die 2. Mannschaft hinaus und bei der TSG Hoffenheim durfte er in der Saison 06/07 unter dem damaligen Trainer Ralf Rangnick dreimal in der damaligen Regionalliga spielen. 2010 beendete er mit 28 seine aktive Karriere und wurde Fußballlehrer.
Über zehn Jahre arbeitete er sich über die Nachwuchszentren der Hertha, von RB Leipzig, dort prägte ihn sein früherer Trainer Rangnick, und des FC Bayern nach oben. Auch wenn er aufgrund seines Namens oft besonders kritisch beobachtet wurde. Trotzdem sagte Hoeneß in einem früheren Interview: "Die familiäre Prägung war immer da, und da bin ich auch froh drüber."
Jetzt hat es Sebastian Hoeneß also doch noch in die Bundesliga geschafft. Mit Frau und Tochter wohnt er aber in Heidelberg. Ihm, der in den Großstädten Berlin, Leipzig und München lebte, ist Hoffenheim zu ländlich.
Sebastian Hoeneß hat einen enormen Ehrgeiz
Sportlich ist es aber eine Top-Adresse. Diesem Anspruch will Hoeneß nun auch bei seiner ersten Arbeitsstelle in der Bundesliga gerecht werden. Zwar scheint er, anders als sein Vater und sein Onkel, nicht zur großen Inszenierung zu neigen, er wird als ruhig und bodenständig beschrieben, doch eine Charaktereigenschaft hat er übernommen: einen enormen Ehrgeiz.
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