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FC Augsburg: Der etwas andere Profi

FC Augsburg

Der etwas andere Profi

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    Der etwas andere Profi
    Der etwas andere Profi

    Für den FC Augsburg stand Andreas Luthe bisher in keinem Bundesligaspiel auf dem Platz. Sollte Stammtorhüter Marwin Hitz gesund bleiben, wird Luthe in der Begegnung mit Borussia Mönchengladbach erneut auf der Ersatzbank sitzen. Dennoch rückt Luthe am heutigen Samstag in den Mittelpunkt.

    Im Leben des 28-Jährigen nimmt Fußball einen wichtigen Part ein, ist aber nicht alles. Luthe hat 2015 zusammen mit Jonas Ermes, einem ehemaligen Bochumer Torwartkollegen und einem seiner besten Freunde, die Flüchtlingsinitiative „In Safe Hands“ ins Leben gerufen. Der eingetragene Verein will Flüchtlinge, Kriegsopfer oder integrative Kinder durch Torwarttraining fördern und sie mit deutschen Kindern zusammenbringen.

    Heute überreicht die Bundesligastiftung Luthe im Augsburger Stadion für sein Projekt einen Scheck über 15000 Euro. Bisher veranstalteten Luthe und sein Verein vier Torwarttage im Ruhrpott, ab Februar will er zusammen mit dem FCA in Augsburg integrative Torwarttage, kombiniert mit einem Bildungsteil, anbieten. „Wir stehen als Fußballprofis auf der Sonnenseite des Lebens. Durch unsere exponiertere Stellung ist es einfacher, etwas zurückzugeben“, sagt Luthe.

    Er ist ein Fußball-Profi, der selten zu finden ist, der seinen privilegierten Status reflektiert, diesen nicht als selbstverständlich ansieht. Er sei behütet mit seinen zwei jüngeren Schwestern in Velbert, einer Stadt bei Düsseldorf, aufgewachsen, erzählt Luthe. „Wir haben in unserer Kindheit sehr viel Glück gehabt.“

    Flüchtlingskinder haben dies nicht. Darum will Luthe sie mit ein paar Stunden auf dem Sportplatz auf andere Gedanken bringen. Ihr Alltag in den Flüchtlingsunterkünften ist oft trist. Luthe erklärt: „Kinder sollen bei uns in den zwei, drei Stunden in sicheren Händen sein. Torwarttraining ist unsere Expertise, da kennen wir uns aus. Aber wir stellen den Spaß in den Vordergrund.“

    „In Safe Hands“ – in sicheren Händen bei einem Torwartprofi. Luthe treibt mit seiner Arbeit sein soziales Engagement voran. „Bezahlen“ lässt er sich bei seinem Projekt auf ganz besondere Art. „Jedes Kind, das lächelnd auf dem Platz steht und kickt, ist Belohnung genug“, sagt Luthe. Bei den Kindern zeigt sich, was die Faszination Fußball ausmacht: Er verbindet. Darum ist für Luthe bedeutend, dass Flüchtlingskinder und Kinder, die in Deutschland verwurzelt sind, gemeinsam trainieren. „Nach zehn Minuten ist nicht mehr zu erkennen, wo wer herkommt.“ Das sei gelebte Integration. Luthe will den Fokus auf Flüchtlingsinitiativen lenken, die mühsam um Aufmerksamkeit kämpfen. Beim FCA hat der Profi mit seiner ehrenamtlichen Arbeit offene Türen eingerannt. „Dafür, dass ich so kurz da bin, unterstützt mich der Verein sensationell. Das hätte ich nicht erwartet.“

    Luthe unterschrieb nach 15 Jahren VfL Bochum im Sommer bis 2020 beim FCA. Beim Zweitligisten war er Stammtorhüter, ehe er sich mit VfL-Trainer Gertjan Verbeek überwarf und die vergangene Rückrunde auf der Tribüne verbrachte. Da sein auslaufender Vertrag nicht verlängert worden wäre, sieht Luthe die letzten Monate in Bochum mit etwas Abstand gelassen. „Es war ein sauberer Schnitt. Beide Seiten wussten, dass es nicht weitergeht.“

    Vor seiner Unterschrift in Augsburg besuchte er mehrmals die Stadt, um sich ein eigenes Bild zu machen. Für ihn sei Augsburg „sensationell“. Ganz bewusst ging er das Risiko ein, kaum zu spielen. „Ich bin mit realistischen Erwartungen nach Augsburg gekommen, weil Marwin Hitz für mich einer der besten Torhüter der Bundesliga ist.“

    Luthe hat sich klaglos in die zweite Reihe einsortiert. Das heißt nicht, dass ihm Ehrgeiz fehlt. Sein Vertrag läuft vier Jahre, außerdem sei er keine 18 oder 19 Jahre jung. Luthe: „Natürlich will ich zum Einsatz kommen. Wenn es erst nächstes Jahr ist oder 2018, ist es halt so. Ich bin da völlig entspannt.“

    Um sich zu motivieren, brauche er nicht die Aussicht, am Samstag auf dem Platz zu stehen. „Ich habe den inneren Antrieb, mich stetig zu verbessern. Ich will einfach abends im Bett liegen und denken, ich bin ein Stück weitergekommen.“ Weiterkommen – das will Luthe ebenso abseits des oft völlig überdrehten Produktes Profifußball. Nebenbei studiert er Wirtschaftspsychologie an der Fernuniversität Hamburg und steht kurz vor seiner Bachelor-Arbeit. Sein Thema: „Krisenmanagement in Sportbetrieben“. Sein jetziger Klub liefert seit Mittwoch genügend Anschauungsmaterial.

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