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Eishockey: Wie Nico Sturm die Basis für die NHL in Augsburg legt

Eishockey

Wie Nico Sturm die Basis für die NHL in Augsburg legt

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    Im Haunstetter Eisstadion, wo erstmals durchgehend ein Sommereis zur Verfügung steht, bereitet sich Minnesota-Stürmer Nico Sturm zusammen mit einigen Profis der Augsburger Panther auf die neue Saison vor.
    Im Haunstetter Eisstadion, wo erstmals durchgehend ein Sommereis zur Verfügung steht, bereitet sich Minnesota-Stürmer Nico Sturm zusammen mit einigen Profis der Augsburger Panther auf die neue Saison vor. Foto: Milan Sako

    Am Ende der morgendlichen Eiszeit gleitet Nico Sturm mit Ausfallschritten über die ganze Länge der Bahn. Es folgen Sprünge vorwärts, anschließend rückwärts. Während Henry Haase von den Augsburger Panthern mit zwei Juniorenspielern noch auf das Tor schießt, arbeitet Sturm im Haunstetter Eisstadion an seiner Lauftechnik. Konzentriert absolviert der Profi der Minnesota Wild seine Bahnen. Dennis Miller, Jung-Profi der Panther, macht die Übungen nach. Springt nicht ganz so hoch, bringt das Bein nicht so weit nach außen wie Sturm. Aber der Deutsch-Russe will lernen von dem Profi aus der National Hockey League, dem großen Ziel aller Eishockeyspieler.

    Drecksarbeit gegen die starken Reihen der Gegner

    Nach dem Training nimmt sich Sturm Zeit für ein Interview auf den Betonstufen des Haunstetter Fußballstadions. Dort, wo im Sommer Sandbahnrennen gefahren werden und spätabends ein Feldhase seine Haken auf dem Rasen schlägt. Es ist Zeit für einen kurzen Rückblick. Nico Sturm etablierte sich in der vergangenen Saison in der weltbesten Eishockey-Liga. Nach sechs Einsätzen in der Saison 2019/20 kommt der gebürtige Augsburger in der abgelaufenen Spielzeit auf 57 Partien für die Wild mit zwölf Toren und sieben Vorlagen. Der Stürmer ordnet seine Leistung ein: „Klar war es von den Punkten meine beste Saison. Aber die Vergleiche sind schwierig. In der American Hockey League hatte ich eine andere Rolle als in der NHL. In der AHL habe 18, 19 Minuten Einsatzzeit pro Spiel gehabt. Bei Minnesota hatte ich die geringste Eiszeit in der Mannschaft, knapp unter elf Minuten.“ Die Trainer verpassen dem 1,91 Meter großen Außen eine defensive Rolle. Als sogenannter „grinder“ (Deutsch: Schleifer) muss er die Drecksarbeit gegen starke Reihen des Gegners verrichten. „Trotzdem habe ich dabei gut produziert. Es war zum ersten Mal so, dass ich mehr Tore als Assists hatte. Das war für mich neu.“

    Im Nachwuchs der Augsburger EV

    Sturm gilt als Spätzünder, ist nie von einem NHL-Klub gedraftet worden. Er spielte im Nachwuchs des Augsburger EV und ESV Kaufbeuren. Sein ehemaliger Jugendcoach und AEV-Stürmer-Legende Georg Hetmann erinnert sich: „Nico war in meinen Mannschaften früher immer der Kleinste. Dass er später dann auch noch angefangen hat, ordentlich zu wachsen, war sicherlich kein Nachteil.“

    Bereits 2013 wechselte er nach Nordamerika und stürmte auch im College. Erst mit 24 Jahren ist er Profi geworden. Jetzt hat er sich durchgebissen und nennt einen wichtigen Grund dafür: „Es gibt gewiss einige Spieler in der DEL, die die Fähigkeiten für die NHL mitbringen. Aber es ist sehr schwer, in der NHL seine richtige Rolle zu finden.“ Für die Iowa Wild (AHL) sammelte der gebürtige Augsburger 32 Punkte in 55 Partien, spielte auch Überzahl. „Aber in der NHL war ein solcher Platz für mich nicht verfügbar. Dementsprechend musste ich mich anpassen. Plötzlich habe ich nur noch die Hälfte der Eiszeit von vorher, aber nur so ist ein Platz für mich frei.“ Seine Trainer vertrauen ihm, setzen Sturm auch als Penaltykiller in Unterzahl ein. Er weiß, dass er einen Platz in den ersten beiden Sturmreihen nur mit harter Arbeit erreichen kann. Die Grundlagen legt er im Sommer in Augsburg. Den Juni und Juli verbringt der Eishockeyspieler bei seiner Familie in Neubergheim. „Nach dem Training auf der Terrasse auszuspannen reicht mir. Oder am Wochenende mit Schulfreunden Karten spielen oder abends mal in die Maximilianstraße zu fahren.“

    Training mit den Augsburger Panthern in Haunstetten

    Nico Sturm trainiert täglich. Zunächst mit den Panthern auf dem Eis in Haunstetten, dass wegen der Corona-Pandemie erstmals auch in den Sommermonaten zur Verfügung steht. Es gilt Körper und Geist maximal auf den Punkt vorzubereiten: auf den 22. September, da startet das Trainingscamp der Wild. Klingt harmloser als es ist. Nico Sturm erzählt: „Es ist ein sehr hartes Auswahlverfahren. Es sind teilweise bis zu 60 Spieler da. Es sind die Profis mit NHL-Verträgen da, auch die mit Zwei-Wege-Verträgen für NHL und AHL. Dann kommen die Spieler, die nach dem Juniorenbereich gedraftet werden. Da geht es intensiv zur Sache, wir haben bis zu acht Vorbereitungsspiele.“ Meistens wird in verschiedenen Gruppen trainiert. Nach einer Woche werden die ganz jungen Spieler ausgesiebt.

    Eine Eiskunstläuferin als Trainerin

    Tag für Tag macht der Trainerstab einen Schnitt, immer mehr Kandidaten werden nach Hause geschickt. „Ich bin in der glücklichen Position, dass ich einen festen NHL-Vertrag habe, der nur für die NHL gilt.“ Nach 700 000 Dollar in der vergangenen Saison erhält er im zweiten Jahr 750 000 Dollar. Während in Europa über die Spielergehälter Stillschweigen herrscht und dafür die Spekulationen sprießen, herrscht in Nordamerika Offenheit. Das Jahressalär der Profisportler ist bekannt. „Ich habe kein Problem damit ob jemand weiß, was ich verdiene“, sagt Sturm und fügt an: „In der Fußball-Bundesliga werden ganz andere Summen gezahlt.“ Der Minnesota-Stürmer investiert allerdings auch in seine Entwicklung. Seit dem vergangenen Sommer arbeitet er mit einer Eislauflehrerin zusammen, die früher Eiskunstläuferin war. „Das kostet schon ein paar Dollar, aber das sehe ich als gut angelegtes Geld. Ich habe mich im vergangenen Jahr zum Saisonstart gut gefühlt, vor allem meine Schlittschuhtechnik hat sich verbessert.“

    Olympia in Peking ist sein großes Ziel

    Anfang August geht es zurück nach Minnesota, wo Sturm eine neue Wohnung beziehen will und weiter an seiner Lauftechnik arbeiten wird. Zwei Ziele hat er sich gesteckt. Zunächst einmal die starke NHL-Saison bestätigen. Denn im Frühjahr 2022 läuft sein Zwei-Jahres-Vertrag aus. Danach ist er ein „unrestricted free agent“, also auf dem Spielermarkt komplett frei verfügbar. Ein weiteres Ziel ist die deutsche Nationalmannschaft, für die Nico Sturm noch nie gespielt hat. Eine Teilnahme am Olympiaturnier 2022 in Peking wäre der nächste Höhepunkt in seiner Laufbahn. „Ich habe große Lust, für Deutschland zu spielen, wenn mich der Bundestrainer nominieren würde. Es scheint ein großartiger Geist im Team zu herrschen.“ Noch laufen die Verhandlungen, ob die NHL ihre Stars für das Turnier freistellt. „Olympia ist ein Traum für mich“, sagt Nico Sturm, beendet das Interview und geht auf die Laufbahn im Haunstetter Fußballstadion. Nach der Eiseinheit steht noch eine Stunde Lauftraining an.

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