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EM 2016: DFB-Elf: Beim letzten Testspiel in Augsburg war vieles ganz anders

EM 2016

DFB-Elf: Beim letzten Testspiel in Augsburg war vieles ganz anders

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    DFB-Elf 1985: (von links) Magath, Matthäus, Herget, Littbarski, Brehme, Förster, Völler, Rahn, Frontzeck, Schumacher und Rummenigge.
    DFB-Elf 1985: (von links) Magath, Matthäus, Herget, Littbarski, Brehme, Förster, Völler, Rahn, Frontzeck, Schumacher und Rummenigge. Foto: Fred Schöllhorn

    Der Kaiser trat in Augsburg als ein bescheidener, anspruchsloser Gast auf. Am 17. April 1985 sollte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft im Rosenaustadion zu einem Testspiel gegen Bulgarien antreten. Als es ein paar Monate früher darum ging, für die Tage am Lech eine Unterkunft für seine Mannen zu finden, entschied sich Teamchef Franz Beckenbauer für das Kanuleistungszentrum am Eiskanal. Rustikaler Landschulheimcharme anstatt plüschiges Luxushotel.

    An diesem Wochenende, rund 31 Jahre später, sind wieder einmal die größten Kicker Deutschlands in Augsburg zu Gast. Die idyllisch gelegene Kanuten-Unterkunft werden sie nicht zu Gesicht bekommen. Joachim Löw und seine Auswahl übernachten, so wie es bei der Nationalmannschaft schon lange üblich ist, im besten Haus am Platz. In Augsburg ist dies das Drei Mohren, ganz im Zentrum.

    Einer von vielen Unterschieden zwischen 1985 und 2016. Ein anderer: Beckenbauers Truppe hielt sich drei Tage lang in Augsburg auf. Löw und Co. statten der Stadt nur einen Kurzbesuch ab: Anreise aus dem Trainingslager im Tessin am Samstagabend, Spiel gegen die Slowakei am Sonntag um 17.45 Uhr, dann sofort zurück in die Schweiz.

    DFB-Elf in Augsburg: 1985 gab es keine Abschirmung

    Außer in der Arena auf dem Lechfeld wird der Augsburger die Stars also kaum zu Gesicht bekommen.

    Das war 1985 ganz anders gewesen. Beckenbauers Mannschaft trainierte mehrmals auf dem Platz des FC Hochzoll, nur ein paar Steilpässe von der Unterkunft am Eiskanal entfernt. Mehrere tausend Zuschauer drängelten sich damals an den Auslinien des Platzes, begleiteten die Spieler auf dem kurzen Gehweg von und zur Unterkunft, konnten „Litti“ Littbarski und „Kalle“ Rummenigge ungeniert um Autogramme angehen.

    Sicherheitskräfte? Abschirmung? Nirgendwo zu sehen.

    Eine Vorstellung, die den Sicherheitsverantwortlichen von heute Panikschweiß auf die Stirn treiben würde. Es war eine andere, unschuldigere, naivere Welt.

    Ganz nah dabei beim Training der deutschen Mannschaft: Zuschauer auf dem Platz des FC Hochzoll.
    Ganz nah dabei beim Training der deutschen Mannschaft: Zuschauer auf dem Platz des FC Hochzoll. Foto: Archivbild, Fred Schöllhorn

    Testspiel in Augsburg auch dieses Mal nicht ausverkauft

    Aber es gibt auch Parallelen, die die Zeit überdauert haben. Die Sache mit den Zuschauern zum Beispiel. Stand Donnerstagmittag waren für das Slowakei-Spiel auf der Gegengeraden der Augsburger Arena noch rund 2000 Plätze frei. Gut möglich, dass das Stadion am Sonntag nicht ausverkauft sein wird. Testspiele bewegen die Massen kaum.

    Das war auch schon 1985 so gewesen. Die regionalen Organisatoren hatten gehofft, dass am Spieltag die Abendkasse gar nicht mehr geöffnet werden müsste. Alle Karten sollten im Vorverkauf weggehen. Das war das ehrgeizige Ziel. Es wurde verfehlt, es gab am Spieltag, einem kühlen Mittwochabend, noch Restkarten. Mit 33.000 Zuschauern war die Partie ganz knapp nicht ausverkauft.

    Eigentlich verwunderlich: Die Region hatte doch so lange auf einen Auftritt der Nationalmannschaft warten müssen. Die Partie 1985 gegen die Bulgaren war das vierte Länderspiel in der Rosenau gewesen. Die Pause zuvor hatte fast 24 Jahre betragen.

    Warum war die DFB-Elf so lange nicht in Augsburg?

    Es hatte Gründe, warum der DFB so lange einen Bogen um Augsburg gemacht hatte. In den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts hatte die Stadt kein länderspielfähiges Stadion anbieten können. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand zwar, auf einem Fundament von Kriegsschutt, das Rosenaustadion. Eine der ersten Sportbauten in der noch jungen Bundesrepublik.

    Die architektonisch überaus gefällige Anlage, harmonisch in einen Hang eingegliedert, litt allerdings an einem „Geburtsfehler“. Die Zuschauerkapazität war für großen Fußball relativ niedrig und der Anteil an Stehplätzen ziemlich hoch. In der Rosenau konnten nur etwa 5000 von über 30000 Besuchern sitzen.

    Für das erste Länderspiel am 9. November 1952 wurden deshalb provisorische Zusatztribünen errichtet. So war es möglich, dass über 64000 Menschen das 5:1 gegen die Schweiz verfolgen konnten.

    Im Laufe der Jahre aber stiegen die Ansprüche – der Fans und des DFB. Die Zuschauer wollten mehr Komfort, der Verband wollte mit mehr Sitzplätzen mehr teurere Karten verkaufen und höhere Einnahmen erzielen. In Augsburg nicht möglich.

    Als in den Jahren vor der Heim-WM 1974 in Deutschland neue Stadien entstanden bzw. alte renoviert wurden, war Augsburg als Länderspielstandort endgültig abgehängt.

    Dass die Schwaben 1985 doch noch einmal Gastgeber sein durften, hatten sie einem besonderen Umstand zu verdanken. Augsburg feierte 1985 sein 2000-jähriges Gründungsjubiläum. Die beiden umtriebigen Augsburger Fußball-Funktionäre Hermann Güller und Armin Klughammer bohrten hartnäckig beim DFB nach, ob nicht doch... Rund eine halbe Million Mark spielte Beckenbauers Elf 1985 in Augsburg für den Verband ein, bilanzierte DFB-Funktionär Horst R. Schmidt. Das sei etwa eine Million weniger als in den großen, modernen Stadien, fügte er damals etwas klagend hinzu.

    Immerhin, an den Unterkunftskosten hatte der DFB ja gespart. Allerdings, die Bescheidenheit von Kaiser Franz bei der Quartierwahl haben nicht alle seine Untertanen goutiert. Aus Insiderkreisen war damals zu hören, dass sich die Spieler insgeheim über die arg karge Unterkunft beklagt hätten.

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