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Breitensport: Fußball: "Funino" wirft bei Augsburger Vereinen noch Fragen auf

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Fußball: "Funino" wirft bei Augsburger Vereinen noch Fragen auf

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    Funino, oder wie es in Augsburg heißt, "Fußball 3" soll Kinder spielerischer an den Fußball heranführen. Die Vereine sind aber bislang noch überwiegend skeptisch.
    Funino, oder wie es in Augsburg heißt, "Fußball 3" soll Kinder spielerischer an den Fußball heranführen. Die Vereine sind aber bislang noch überwiegend skeptisch. Foto: Markus Hammele

    Kinder spielerisch an den Fußball heranführen – ohne Druck, ohne Wettbewerb und ohne Leistungsstreben zu vermitteln. Dieses Ziel steckt hinter dem ungewöhnlichen Begriff "Funino" des Deutschen Fußballbunds (DFB). Das Wort setzt sich aus dem englischen "Fun" für Spaß und dem spanischen Wort "Niño" für Kind zusammen. In Augsburg heißt diese Spielform "Fußball 3", beschreibt aber das gleiche Prinzip: Die ganz jungen Fußballer sollen bis zur U9 in Dreierteams gegeneinander spielen und so mehr Ballkontakte erhalten. Der DFB erhofft sich, so dem Mitgliederschwund in höheren Jahrgängen vorzubeugen. Das Projekt wurde in Schwaben im Vorjahr eingeführt, doch mit dem Auflösen der klassischen Wettbewerbssituation fremdeln noch viele Vereine.

    Auch in Augsburg und den umliegenden Landkreisen haben bisher nur 25 Vereine Interesse bekundet. Markus Hammele kann die Bedenken der Vereine nicht verstehen. Mit Begeisterung wirbt der Trainer des TSV Diedorf und Mini-Fußballbeauftragter des Bayerischen Fußballverbands (BFV) für das neue Spielsystem. "Wir wollen Kindern den Einstieg in den Fußball erleichtern", sagt Hammele.

    Seit dieser Saison können Vereine Funino-Turnieren austragen

    Doch worum geht es dabei überhaupt? Seit dieser Saison haben Vereine die Möglichkeit, zusätzlich oder alternativ zur bisherigen Liga "Fußball 3"-Turniere zu veranstalten. Von den U9-Junioren abwärts (G- und F-Jugend) spielen drei Kinder pro Mannschaft auf ein deutlich verkleinertes Tor, auch das Spielfeld schrumpft entsprechend. Kernprinzip sind die rotierenden Spielpositionen auf dem Feld. Jeder soll überall einmal gespielt haben und auch der Torwart kann – nach Vorbild des FC Bayern Profis Manuel Neuer – zugleich Feldspieler sein.

    So funktionert Funino

    Das Spielfeld

    Die Fläche ist etwa 30 Meter lang und 20 Meter breit. Auf den beiden Grundlinien stehen jeweils zwei Tore, sechs Meter davor befindet sich die Schusszone.

    Spielzeit

    Circa fünf bis sieben Minuten spielen die Kinder. Bis zu acht Spielabschnitte gibt es.

    Rotation

    Nach jedem Tor müssen beide Teams einen Spieler wechseln. Bei einem Ergebnis mit drei Treffern Unterschied darf die zurückliegende Mannschaft einen vierten Spieler auf das Feld schicken. Der Ball wird immer durch eindribbeln oder einen Pass zurück ins Spiel gebracht. Es gibt keine festen Positionen, jeder spielt überall.

    Betreuung

    Es wird ohne Schiedsrichter gespielt. Die Kinder entscheiden selbst, ein Trainer ist nicht zwingend notwendig.

    Ziel

    Die Kinder sollen mehr Ballkontakte, mehr Dribblings und Pässe und somit mehr Torchancen und Torerfolge haben.

    Umsetzung

    In Oberbayern und Mittelfranken gehört FUNino schon zum Regelspielbetrieb.

    Gezielt sollen so auch schwächere Spieler mehr Spielzeit erhalten. Hammele betont, dass der Wettbewerbscharakter, der sich schon bei den Kleinsten verbreite, verschwinden solle. Seine Kritik: Zu viele Trainer würden sich nur auf die starken Spieler konzentrieren und die Schwächeren vernachlässigen. Spieler, die dann spätestens im Teenageralter frustriert ihren Sport an den Nagel hängten. Laut DFB trifft bundesweit jeder zweite Spieler diese Entscheidung, bevor er volljährig ist.

    Voll wird es künftig auf den Fußballplätzen werden. So wie hier beim Talentsichtungstag in Kammlach im Unterallgäu. Dort wurde 2019 erstmals die Spielform Funino als Grundlage herangezogen.
    Voll wird es künftig auf den Fußballplätzen werden. So wie hier beim Talentsichtungstag in Kammlach im Unterallgäu. Dort wurde 2019 erstmals die Spielform Funino als Grundlage herangezogen. Foto: Axel Schmidt

    Um das zu verhindern, soll mit "Funino" die Jugendarbeit an der Basis ansetzen. "In Augsburg gibt es ohnehin keinen Ligabetrieb in der G-Jugend", erklärt der Fußballbeauftragte. Dort könnten die 3:3-Begegnungen eine gute Ergänzung zum Training darstellen, ohne die Wochenenden mit Wettbewerben zu überfrachten. Geplant sind die "Fußball 3-Festivals", wie Hammele sie nennt, ab nächster Saison alle zwei Wochen in und um Augsburg.

    Viele Vereine sehen Probleme in der Organisationsform

    Doch die Freude an der neuen Spielform teilen bislang nur wenige Vereine rund um Augsburg. Hauptsächlich kommt das Interesse aus dem Umland. Die DJK Augsburg Hochzoll ist einer von vielen Vereinen, die noch zögern. Noch. "Wir nutzen die Corona-Pause, um uns mit der Materie auseinanderzusetzen", sagt G-Jugend-Trainerin Nicky Gutierrez. Bislang wisse man einfach zu wenig über die Abläufe – und ob ihre Anlage für solche Festivals überhaupt ausreicht. Bis zu 18 Kleinteams nehmen an einem 3:3-Spieltag teil. Reichen da ein Haupt- und ein Nebenplatz? Grundsätzlich ist Gutierrez dem Ansatz des DFB aber zugeneigt. "Im Breitensport gibt es zu viel Wettbewerbscharakter. Die Trainer setzen zu sehr auf Leistung."

    Allerdings hält ein weiterer Punkt die Trainerin noch davon ab, ihre Fußballer an diese Spielweise heranzuführen. Mehr Teams pro Spieltag bedeuten auch mehr Betreuungsaufwand. "Es bleibt immer an den gleichen Eltern hängen", sagt sie. Ohne die Unterstützung aller Spielereltern sei solch ein Festival nicht zu organisieren.

    Im Training wird das 3:3 im Jugendfußball schon lange gespielt

    Dieses Problem sieht man auch beim FSV Inningen. 20 Kinder umfasst die G-Jugend – zu viel für das neue Spielkonzept. Die Betreuung, so der Einwand vonseiten des Vereins, könne nicht gewährleistet werden – und die Kinder, teilweise erst vier Jahre alt, ohnehin zu jung, um sie sich selbst zu überlassen. Für Trainer Klaus Schmölzer geht das Konzept des DFB an der Realität vieler Vereine vorbei. Vielmehr setzt Schmölzer das 3:3 als Trainingsform ein. Und auch die F-Jugend wird an der neuen Spielform nicht teilnehmen. Dort gibt es bereits einen Ligabetrieb, an dem der Verein festhalten will. Im lieb gewonnenen Ligasystem des Breitensports eine andere Spielweise zu integrieren, ist nicht einfach.

    Diese Erfahrung hat Hammele oft gemacht. Umso mehr setzt er darauf, Jugendtrainer auf "Fußball 3-Festivals" vor Ort von der Idee zu überzeugen. Auch die Sorge, finanziell den Aufwand nicht stemmen zu können, will der BFV-Beauftragte aus dem Weg räumen. "Der BFV stellt 20 Tore für die Turniere zur Verfügung." Auf Leihbasis kommen die Pup-Up-Tore, die regulär rund 120 Euro kosten, zum Einsatz.

    Corona hat Hammeles Spielidee ausgebremst – und die Kommunikation mit den Vereinen erschwert. Dennoch bleibt er optimistisch. "Die Nachfrage ist hoch", sagt er. Die ersten Turniere seien bereits ausgebucht gewesen.

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