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Amateur-Sport: Viele Verletzte im Amateursport - liegt's an der Corona-Pause?

Amateur-Sport

Viele Verletzte im Amateursport - liegt's an der Corona-Pause?

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    Szenen von verletzten Spielerinnen und Spielern gab es zuletzt häufig auf den Fußballplätzen, aber auch in den Sporthallen rund um Augsburg.
    Szenen von verletzten Spielerinnen und Spielern gab es zuletzt häufig auf den Fußballplätzen, aber auch in den Sporthallen rund um Augsburg. Foto: Fred Schöllhorn

    Es könnte reiner Zufall sein, doch Ärzte hatten bereits vor dem Sommer vor dem Szenario gewarnt: Wenn der Amateursport nach der langen Corona-Pause zu schnell wieder startet, wird es bei den Sportlerinnen und Sportlern häufiger zu Verletzungen kommen. Dass die Mediziner schon recht hatten, zeigt sich nun immer wieder, vorwiegend in den kontaktintensiven Mannschaftssportarten wie Fußball oder Handball. Auch ein Blick in die Augsburger Vereine bestätigt die These.

    Große Verletztenmisere beim Fußball-Bayernligisten Türkspor Augsburg

    Ziemlich heftig hat es bereits den Fußball-Bayernligisten Türkspor Augsburg getroffen, der aktuell fast ein halbes Dutzend angeschlagene Spieler auf seiner Verletztenliste stehen hat. Darunter mit Matthias Strohmaier auch der Spielertrainer, der sich Anfang August ohne Einwirkung des Gegners in einem Punktspiel die Achillessehne gerissen hat. Er wird seiner Mannschaft nun mindestens ein halbes Jahr fehlen. Nicht weniger gute Nachrichten kamen von den B-Juniorinnen des TSV Schwaben Augsburg.

    Bei den Fußballerinnen gab es nach dem zweiten Spiel in der Bundesliga Süd bereits den zweiten Kreuzbandriss zu beklagen. Bei den Haunstetter Landesliga-Handballern führten unglückliche Trainingseinheiten zu einem Handbruch und mehreren anderen Verletzungen, darunter ebenfalls ein lädiertes Kreuzband. Die Liste ließe sich beliebig weiterführen.

    Amateursportler und Amateursportlerinnen sind Zweikämpfe nicht mehr gewöhnt

    Für den Physiotherapeuten Herbert Vornehm, zugleich Handball-Abteilungsleiter beim TSV Haunstetten, ist das keine überraschende Entwicklung. „Man müsste nach einer so ungewöhnlich langen Pause wie die durch Corona eigentlich ein viel intensiveres Aufbautraining über einen viel längeren Zeitraum machen“, betont Vornehm.

    „Die meisten Aktiven hatten doch von Oktober 2020 bis August 2021 keine Wettkämpfe und keine Zweikampfsituationen mehr. Amateure können das meiner Meinung nach mit einem normalen Trainingsprogramm nicht kompensieren. Sie brauchen eine viel längere Aufbauphase“, sagt Vornehm und macht deutlich: „Zweikämpfe darf ich nicht sofort wieder bestreiten, sondern brauche mindestens drei Monate Zeit.“

    Denn sobald der Wettkampf wieder angepfiffen werde, sei „maximale Zweikampfstärke gefordert“, dabei ist die dafür nötige Bein- und Rumpfmuskulatur meist noch nicht ausreichend stabilisiert, die Körperspannung fehlt. „Ich habe größte Angst, dass sich in den Wettkampfsituationen noch viele verletzen werden. Ein Wettkampf ist immer eine andere Belastung als das Training.“

    Fußballvereine beklagen zahlreiche englische Wochen, die die Situation verschärfen

    Was die Situation etwa bei Türkspor Augsburg noch verschärft hat: Statt die neue Fußballspielzeit nach der Corona-Zwangspause wieder behutsam für die Amateursportler anlaufen zu lassen, hat der Bayerische Fußballverband (BFV) gleich mehrere englische Wochen angesetzt, damit das dichte Programm aus Meisterschaftsspielen und Pokalrunden durchgezogen werden kann.

    So haben die höherklassigen Fußball-Amateurvereine wie Türkspor Anfang September bereits die dritte englische Woche hinter sich. Das bedeutet nahezu alle drei Tage ein Spiel. Zudem steigt die körperliche Belastung in den Schulferien noch an, weil die anwesenden Spieler für diejenigen einspringen müssen, die noch im Urlaub sind. „Wir spüren die englischen Wochen sehr, vor allem wenn es mehrere hintereinander sind. Unsere Spieler müssen alle noch einem Beruf nachgehen und die Belastung durch die vielen Spiele ist hoch. Man merkt, dass sie körperlich immer mehr nachlassen“, sagt Türkspor-Trainer Servet Bozdag bereits in dieser frühen Phase der Saison. So musste er auch in den letzten beiden Partien seiner Mannschaft jeweils vor der Halbzeit einen Spieler verletzt auswechseln.

    Amateursportler sollten sich nach der Corona-Pause keine allzu hohen Ziele stecken

    Weil es im vergangenen Corona-Jahr nahezu in keiner Sportart Absteiger gab, sind die Amateurligen aber alle aufgestockt worden. Das zieht nun wiederum eine Fülle von Spieltagen nach sich. Und dadurch auch wieder viel mehr Vereine, die mit allen Mitteln gegen den Abstieg kämpfen. Eine fatale Kombination, findet Physiotherapeut Herbert Vornehm, der Amateursportlern rät, sich so früh nach Wiederbeginn auf keinen Fall zu hohe Ziele zu stecken. „Eigentlich sollte es in dieser Saison sportlich um gar nichts gehen, sondern nur darum, wieder Spaß am Sport zu haben. Sonst gefährdet man die Gesundheit seiner Sportlerinnen und Sportler“, spricht Vornehm Klartext.

    Verhindert werden könne das nur durch einen vorsichtigen Start und die Rückkehr zur regelmäßigen körperlichen Belastung. „Alle freuen sich natürlich, dass sie endlich wieder Wettkampfsport machen dürfen. Aber man darf ja nicht versuchen, mit Gewalt etwas zu erreichen“, lautet Vornehms Warnung.

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