Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten
Lokalsport
Icon Pfeil nach unten

50 Jahre Curt-Frenzel-Stadion: AEV: Wilde Zeiten im Jugendzimmer

50 Jahre Curt-Frenzel-Stadion

AEV: Wilde Zeiten im Jugendzimmer

    • |
    AEv-Spieler Milan Sako (rechts, daneben Rudi Regensburger) erzielt im Februar 1982 ein Tor gegen Peiting.
    AEv-Spieler Milan Sako (rechts, daneben Rudi Regensburger) erzielt im Februar 1982 ein Tor gegen Peiting. Foto: Silvio Wyszengrad

    Der Eissport hat in Augsburg eine lange Tradition. Der AEV verweist gerne auf seine Gründung 1878, vor 50 Jahren begann ein neues Kapitel: Am 2. November 1963 wurde das städtische Kunsteisstadion eröffnet. In einer Serie erinnern wir an Höhen und Tiefen in der Arena, diesmal an die turbulenten 70er und 80er Jahre im Curt-Frenzel-Stadion.

    Wie ich zum Eishockey kam? Durch Zufall. Als Bub war ich, wie man so sagt, wohlerzogen. Das kommt unter Gleichaltrigen selten gut an. Mir fehlt eine Prise Härte, meint mein Vater und bringt mich zum Eishockey. Eine Entscheidung, die mein Leben bis heute prägen sollte. Das Curt-Frenzel-Stadion feiert nur wenige Monate nach mir seinen 50. Geburtstag.

    Wir, beide Jahrgang 1963, führen eine lose, aber Jahrzehnte währende Beziehung. Mit Höhen, wie grandiosen Spielen vor fast 8000 Zuschauern. Aber auch Tiefen, wie zwei Pleiten.

    Das frisch überdachte CFS wird ab 1973 zu meinem Jugendzimmer. Drei Mal Training die Woche, zuerst bei Ernst Baumgartner, später bei Günther Hauck oder Rudi Schneider. Ich freue mich auf wirklich jede Einheit und vor allem auf die Spiele. Sich total verausgaben und dann mit den Freunden in der Umkleide stundenlang abhängen – herrlich. Schnell vergessen auch die Episode, als zu Beginn der Pubertät der damals schon baumlange Milan sich schämt, nackt zu duschen. Eishockeyspieler führen keine langen Gespräche die mit „Duuuuu, wir möchten mal mit dir reden...“ beginnen. Sie stellen mich in voller Montur unter die Brause. Ich schmolle und probiere es mit Fußball beim FC Hochzoll. Nach wenigen Wochen kehre ich ins vertraute Curt-Frenzel zurück. Und dusche.

    Romantische Stimmung bei Kerzenschein in der Umkleide

    1982 ist es an der Zeit, dass der Juniorenspieler Sako in die erste Mannschaft aufrückt. An mein erstes Spiel kann ich mich gut erinnern. Es passiert beim ERC Selb. Als 19-Jähriger sitze ich in einer Kabine mit Ex-Nationalspieler Ernst Köpf senior, Bronzemedaillengewinner von Innsbruck 1976. Oder mit Karl-Heinz Fliegauf, Horst Pätzig, Georg Hetmann, Gary Prior und Torwart Thomas Schön.

    Es ist eine traurige Saison, weil sich finanzielle Probleme abzeichnen. Es folgen wilde Zeiten im Eisstadion, meinem Jugendzimmer. Ein Beispiel: Wir kommen zum Abendtraining und in der Kabine brennen lediglich ein paar Kerzen. Der Grund für die romantische Stimmung: Die Stadt hat dem Verein den Strom abgestellt, weil der AEV seine Rechnungen über Monate nicht beglichen hatte.

    Oder eine besondere Lohntüte. Die Mannschaft rebelliert bereits, weil die Klubführung mit der Gehaltszahlung weit in Rückstand geraten war. Torjäger Dennis May, mit dem ich gut befreundet bin, droht: „No pay, no play.“ Nach einem Heimspiel soll es endlich Geld geben. Zuerst erhalten die Stammspieler wie May, Bill Terry oder Sepp Neumüller Bares. Als ich an die Reihe komme, liegen nur noch Fünf- Mark-Münzen auf dem Schreibtisch. Seit diesem Abend weiß ich, wie schwer 600 Mark in einem Leinenbeutel mit dem Aufdruck Bayerische Staatsbank Augsburg sind.

    Große und traurige Momente zugleich bietet die Saison 1984/85. Wir spielen um den Aufstieg in die Bundesliga und müssen zum SC Rießersee. 1800 AEV-Fans begleiten das Team im Sonderzug nach Garmisch und trinken laut AEV-Chronik rund 8000 Flaschen Bier.

    Bis zur 52. Minute läuft alles prima. Dann folgt ein brutales Foul an Bill Terry, der sich mehrfach das Schienbein bricht. Unsere Fans verwandeln die Olympiahalle in ein Tollhaus, Feuerzeuge fliegen aufs Eis und Schiri Barnett bricht schließlich die Partie ab.

    Nach dem Wechsel zu Waldkraiburg in die zweite Liga und den Pinguinen Königsbrunn (Oberliga) kehre ich als „Eigentum“ des in Konkurs spielenden Augsburger EV im Dezember 1987 wieder ins Frenzel-Stadion zurück. Und spiele meine beste Rest-Saison in der Oberliga mit 16 Toren und 27 Vorlagen in 30 Einsätzen. In diese Zeit fällt auch eine Boxeinlage mit einem fiesen Sonthofener Stürmer – er heißt Duanne Moeser und schießt Tore wie am Fließband. Damals gegen uns.

    Gut in Erinnerung geblieben ist auch ein großartiges 1:12 gegen den UdSSR-Meister ZSKA Moskau mit Trainer-Legende Viktor Tichonov und den Weltstars Fetisov, Kasatonov, Larionov, Makarov und Krutov.

    Nach dem Oberliga-Jahr 1988/89 verlasse ich den Klub endgültig. Und kehre nur wenige Jahre später als Reporter ins Eisstadion zurück. Seit mehr als 20 Jahren berichte ich für unsere Zeitung über die Augsburger Panther. Mal bibbernd wegen der saumäßigen Kälte. Mal fluchend, wenn die Übertragung des Textes nicht klappt.

    Arbeiten im Gefrierfach ist Geschichte

    Das Arbeiten im Gefrierfach ist neuerdings Geschichte, aber das Beste: Seit dieser Saison hat meine Alt-Herrenmannschaft EG Woodstocks Bärenkeller nicht nur im Eisstadion Haunstetten, sondern auch im Curt-Frenzel-Stadion wieder eine Trainingszeit.

    Es gehört immer noch zu meinem größten Vergnügen, hundertfach verschwitzte Beinschoner anzulegen, in modrig-säuerlich riechende Handschuhe zu schlüpfen und in meinem kräftig aufgemöbelten Jugendzimmer einer schwarzen Scheibe hinterherzujagen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden