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Sie hat fast ein Jahrhundert erlebt: Marianne Martini wird 99 Jahre alt

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Sie hat fast ein Jahrhundert erlebt: Marianne Martini wird 99 Jahre alt

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    Marianne Martini feiert ihren 99. Geburtstag. Ihr Enkel Florian Martini (links) organisiert die Feier und hat ein besonders enges Verhältnis zu seiner Großmutter, die er regelmäßig besucht und sich um sie kümmert.
    Marianne Martini feiert ihren 99. Geburtstag. Ihr Enkel Florian Martini (links) organisiert die Feier und hat ein besonders enges Verhältnis zu seiner Großmutter, die er regelmäßig besucht und sich um sie kümmert. Foto: Michael Hochgemuth

    Marianne Martini hat viel erlebt: die nationalsozialistische Diktatur, die Teilung Deutschlands in Ost und West, die Wiedervereinigung, vier Währungen und neun Bundeskanzler. Auf 99 Jahre blickt Marianne Martini zurück. Sie ist körperlich und geistig immer noch außergewöhnlich fit. Ihren Alltag kann sie ohne große Hilfe selbstständig bestreiten, lediglich Hör- und Sehvermögen lassen nach. Besonders ist der Tag des Geburtstags in diesem Jahr. Am 9.9 wurde die Jubilarin 99. Was hat sie in den vielen Jahren erlebt und was ist ihr Geheimnis für eine so eine gesunde Alterung?

    Geboren und aufgewachsen ist Marianne Martini in Augsburg als älteste von vier Geschwistern mit drei jüngeren Brüdern. Ihr Vater sei 1932 von einem SA-Mann niedergestochen worden, als er einen Streit in einer Kneipe schlichten wollte. So musste ihre Mutter ihre vier Kinder allein großziehen. Die Mutterrolle übernahm Marianne aber zunehmend, da ihre Mutter arbeiten musste. Später besuchte sie eine Handelsschule in Augsburg und arbeitete anschließend bei einer Krankenkasse. „Ich bin froh, dass ich den Krieg überlebt habe“, sagt sie heute. Durch ihre Arbeit in der Krankenkasse ist sie nach Hamburg geschickt worden. Sie erlebte, wie die Stadt tagelang bombardiert wurde. „Das war die schlimmste Zeit“, erzählt sie rückblickend. Auch ihr Gehör sei in Mitleidenschaft gezogen worden, inzwischen fällt ihr das Hören schwer.

    Der Sport war mehr oder weniger Mariannes Lebensinhalt

    Ihren späteren Mann lernte sie auf einem Polizeipräsidium kennen und merkte schnell, dass er Interesse an ihr hatte. Nach dem Krieg im Jahr 1946 heirateten die beiden und zwei Jahre später kam ihr Sohn zur Welt. Ihr Mann arbeitete als Musiker in einem amerikanischen Klub, was ihnen in der schwierigen Nachkriegszeit das Hungern ersparte: „Mein Mann brachte mir aus dem amerikanischen Klub immer etwas zum Essen mit. 1947 wurde unter anderem das Brot rationiert, darunter litt ich glücklicherweise nicht“, erzählt Martini. Aufgrund eines Jobwechsels ihres Mannes zog das Ehepaar Martini von Augsburg nach Karlsruhe. Dort lebte Marianne 50 Jahre lang. Ihr Ehemann verstarb früh in seinen 50ern. Erst seit drei Jahren lebt sie wieder in Augsburg, um in der Nähe ihrer Familie zu sein. 

    In ihren vielen Lebensjahren hat sie weite Reisen gemacht: „Ich war dreimal in Amerika und Kanada und einmal habe ich eine große Schiffsreise in der Karibik gemacht“. In New York und Detroit besuchte sie Verwandte ihres Mannes und in Chicago Freunde. Durch Kanada reiste sie mit einem Wohnmobil mit Freunden. Der Sport spielte eine besondere Rolle. „Wandern, Schwimmen, Skifahren in den Alpen und Tischtennisspielen waren mehr oder weniger mein Lebensinhalt“, sagt sie lachend. Auch wenn sie heute nicht mehr Sport treiben kann, denkt sie gerne an die sportlichen Zeiten zurück – selbst, wenn es gelegentlich zu Unfällen kam, wie der Sturz beim Skifahren, der sie zehn Monate lang einen Gips tragen ließ, oder die Brüche beider Handgelenke beim Tischtennisspielen. Die Freude am Sport hat sie nie verloren. „Meinem Enkel habe ich Tischtennis beigebracht“, berichtet sie stolz. Bis zu ihrem 90. Geburtstag, den sie in ihrem Sportklub feierte, war sie noch Mitglied und leitete einen Wanderklub. 

    Martini findet, dass der Wert der Bescheidenheit verloren ginge

    Mit ihren 99 Jahren hat sie auch gesellschaftliche Veränderungen miterlebt. „Die Menschen sind viel egoistischer geworden“, sagt sie. „Wir waren viel bescheidener und einfach froh, wenn wir schlafen konnten und nicht aus Angst um unser Leben in den Keller rennen mussten“, erzählt sie. Inzwischen lebt sie in einem Bungalow direkt neben dem Servatius-Stift, in dem sie die Tagespflege besucht. „Ich mag es, dort mit anderen älteren Menschen in Kontakt zu kommen.“ Der jungen Generation rät sie, viel Sport zu machen, um fit zu bleiben. Ihren Geist habe sie mit Kreuzworträtseln fit gehalten. Wenn ihre Enkel oder Urenkel zu Besuch sind, dann gehen sie meistens Eis essen oder spielen gemeinsam Rommé, Skat oder Helma, erzählt Enkel Florian Martini. „Ein Eis geht immer“ laute ihr Spruch.

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