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Schauspieler Tom Böttcher auf Tiktok zeigt Puppenkiste aus Augsburg

Interview

Hamburger Schauspieler Tom Böttcher: "Marionetten habe ich schon als Kind nachgemacht"

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    Die Marionetten der Augsburger Puppenkiste hat er schon als Kind imitiert: Tom Böttcher ist Schauspieler aus Hamburg – und sehr erfolgreich mit Kurzvideos auf TikTok und Instagram.
    Die Marionetten der Augsburger Puppenkiste hat er schon als Kind imitiert: Tom Böttcher ist Schauspieler aus Hamburg – und sehr erfolgreich mit Kurzvideos auf TikTok und Instagram. Foto: U. Wagner /T. Böttcher / S. Wyszengrad

    Herr Böttcher, auf TikTok und Instagram begeistern Sie mit Videos wie aus der Augsburger Puppenkiste, aber mit Ihnen selbst anstelle von Puppen. Das Format läuft ja wie am Schnürchen...
    TOM BÖTTCHER: Offensichtlich, ich bin selbst verwundert! Es freut mich natürlich wahnsinnig, aber gerechnet habe ich damit nicht. Ich bin ja eigentlich Schauspieler, meine Kurzclips für Social Media waren nur als netter Spaß gedacht. Ich habe immer gesagt bekommen, ich könne Marionetten gut nachmachen – das war einer meiner Partytricks. Also habe ich versucht, das zu filmen und lustig zusammenzuschneiden. Und es hat zwei, drei Tage gedauert, aber plötzlich kamen wahnsinnig viele Views dazu.

    Ihre Kurzclips werden millionenfach aufgerufen. Haben Sie damit gerechnet?
    BÖTTCHER: Erst mal bin ich davon ausgegangen, dass ich gar nicht viele Leute erreiche, weil ich dachte, dass die Zielgruppe nicht auf TikTok unterwegs ist. Aber das Gegenteil ist der Fall: Es kennen alle Leute die Augsburger Puppenkiste. Und alle lieben die Augsburger Puppenkiste. Da bin ich also nicht der Einzige. Versehentlich habe ich ganz vielen Menschen eine große Freude gemacht und sie an ihre Kindheit zurückerinnert.

    Vom Schauspieler zum TikTok-Star: Waren Sie mit der App schon vertraut?
    BÖTTCHER: Nein, also TikTok ist gar nicht mein Medium gewesen. Es wirkt jetzt so, als hätte ich bewusst einen Algorithmus geknackt. Aber ich kenne mich weder mit der App gut aus noch war das vorgesehen. Reizvoll finde ich, dass TikTok quasi das Prinzip des Brecht'schen Theaters wiedergibt: Man spielt mit seinen schauspielerischen Mitteln, legt sie offen und bricht das Ganze immer wieder auf. Das ist auch bei der Puppenkiste so: Man sieht zwar permanent die Schnüre, aber diese Illusion funktioniert, wenn man sich nur darauf einlässt. Und dieses Sich-darauf-Einlassen, nur der Geschichte zu folgen, das ist total schön, finde ich. Man guckt die Puppen an, sieht die Handarbeit dahinter und trotzdem funktioniert die Geschichte. Das zeigt: Es muss nicht immer so ein Hyper-Realismus sein, der Inhalt funktioniert trotzdem!

    Sie selbst sind auch Fan der Augsburger Puppenkiste?
    BÖTTCHER: Oh ja, ich habe die Filme alle auf VHS-Kassetten gesehen. Die Körperlichkeit der Marionetten aus der Augsburger Puppenkiste habe ich schon immer toll gefunden: Die bewegen sich einfach sehr groß und theatral. Live habe ich die Augsburger Puppenkiste aber leider noch niemals gesehen. Aber vielleicht klappt es ja eines Tages mal.

    Wie haben Sie sich auf die Rolle in den Kurzclips vorbereitet?
    BÖTTCHER: Als Schauspieler habe ich das Talent, Sachen zu übernehmen und nachzumachen. Ich probiere permanent ein bisschen aus: Wie geht der? Wie spricht die? Das habe ich mit Marionetten als Kind schon gemacht. Die Filme aus der Puppenkiste habe ich so häufig gesehen, das hat sich eingeprägt. Im Vergleich zu meinem Berufsalltag ist der Aufwand für die TikTok-Videos sehr überschaubar. An Filmsets werden Szenen täglich 20- bis 30-mal gedreht, die Kurzclips sind eher ein kleines Liebesprojekt. Vor allem geht es nicht durch so viele Hände, ich kann alles selbst filmen, schneiden und bestimmen.

    Nicht mal ein Kameramann ist dabei? Wie stellen Sie es an, dass Ihre Füße in der Luft schweben?
    BÖTTCHER: Haha, das werde ich nicht verraten! Es hat auf jeden Fall etwas mit viel Körperbeherrschung zu tun, aber mehr erzähle ich nicht, denn ich möchte die Illusion hier nicht zu sehr brechen. Aber genau, das mache ich alles alleine mit Stativ. Das stelle ich auf, überlege wie es aussehen soll und probiere aus.

    Ist TikTok für Sie als Schauspieler auch eine Chance?
    BÖTTCHER: Normalerweise bin ich als Schauspieler Teil eines großen Mechanismus, den Zuschauer gar nicht so wahrnehmen. Aber in dem Moment, in dem man alle Faktoren eines Filmsets wegnimmt und die ganze Entscheidungskraft bei mir selbst liegt, habe ich kürzere Arbeitswege und kann vieles ausprobieren, das in anderen Settings nicht funktioniert. Da komme ich in einen kreativen Prozess, der sonst nicht entstehen würde. Und ich glaub', da bin ich nicht alleine, das geht vielen Schauspielerinnen und Schauspielern so.

    Dürfen sich Ihre TikTok-Fans auf weitere Puppenkisten-Videos freuen?
    BÖTTCHER: Ein paar Ideen habe ich noch in der Hinterhand. Wenn Leute das gerne sehen wollen, führe ich es noch ein bisschen fort. Es macht mir ja auch große Freude, dass ich jetzt einen Hit gelandet habe. Aber das kann im Internet auch schnell wieder vorbei sein. Schauspieler bin ich seit zehn Jahren und bleibe es, das ist eindeutig meine Priorität.

    Seit zehn Jahren ist Tom Böttcher als Schauspieler im TV. Das wird auch seine erste Priorität bleiben, sagt er – denn sein Erfolg auf Tiktok kann auch schnell vorbei sein.
    Seit zehn Jahren ist Tom Böttcher als Schauspieler im TV. Das wird auch seine erste Priorität bleiben, sagt er – denn sein Erfolg auf Tiktok kann auch schnell vorbei sein. Foto: Tom Böttcher

    Zur Person

    Tom Böttcher ist freischaffender Schauspieler aus Hamburg. Er absolvierte ein Schauspielstudium an der Filmuniversität Potsdam und war in einigen Kurzfilmen und TV-Serien zu sehen, darunter in der ARD-Reihe "Die Eifelpraxis". Seit Oktober geht der 28-Jährige mit real nachgestellten Puppenspiel-Videos der Augsburger Puppenkiste auf TikTok und Instagram viral.

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