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Reaktionen auf Asylheim für 440 Männer im Hotel: "Menschen machen sich große Sorgen"

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Reaktionen auf Asylheim für 440 Männer: "Die Menschen machen sich große Sorgen"

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    Manfred und Ingrid Kremp leben im Bärenkeller rund 300 Meter von dem Hotel entfernt, das bis zu 440 Flüchtlinge beherbergen soll. Sie ärgern sich, dass die Anwohner nicht vorab informiert wurden.
    Manfred und Ingrid Kremp leben im Bärenkeller rund 300 Meter von dem Hotel entfernt, das bis zu 440 Flüchtlinge beherbergen soll. Sie ärgern sich, dass die Anwohner nicht vorab informiert wurden. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Großstadt erscheint weit weg im Norden des Augsburger Stadtteils Bärenkeller. Hier dominieren Einfamilien- und Doppelhäuser. Die ruhigen Wohnstraßen enden an den Feldern. Bewohner haben nun aber die Sorge, dass es so ruhig nicht bleibt. Die Nachricht, dass nur wenige hundert Meter entfernt ein Hotel in eine Asylunterkunft für bis zu 440 Männer umgewandelt werden soll, hat sich schnell herumgesprochen. Michael Liegel wohnt hier, er ist Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Bärenkeller-Nord. Er wird von Siedlern angerufen und angesprochen. "Die Menschen machen sich große Sorgen um die öffentliche Sicherheit", sagt er. Liegel hat deshalb einen Brief an Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) geschrieben. Die Stadt Augsburg dürfe die Entscheidung des Landkreises - das Hotel liegt auf Gersthofer Flur - nicht einfach hinnehmen, fordert er. Die Siedler, schreibt er, seien "enttäuscht und stocksauer". Auch andere Reaktionen auf das geplante Asylheim fallen kritisch aus.

    Das Hotel im Güterverkehrszentrum Augsburg, im Städtedreieck von Augsburg, Gersthofen und Neusäß gelegen, ist erst vor knapp einem Jahr eröffnet worden. Nun hat der Landkreis das gesamte Hotel angemietet, zunächst für sechs Monate. Sailer sagt, ihm bleibe keine Wahl - ansonsten hätte er Turnhallen und ein Schullandheim nutzen müssen. Die Hotelzimmer sollen laut Landkreis zuvor noch mit anderem, dem normalen Standard eines Asylheims entsprechendem Mobiliar ausgestattet werden, die Flüchtlinge sollen jeweils zu zweit in einem Zimmer wohnen. Mit der Polizei solle ein Sicherheitskonzept erarbeitet werden.

    Sorgen im Bärenkeller: "Schwierig, dass nur Männer in dieses Flüchtlingsheim kommen"

    Die Kritik aus dem Bärenkeller ist deutlich - das spürt man, wenn man sich vor Ort umhört. Manfred und Ingrid Kremp stört vor allem, dass die Anwohner nicht persönlich informiert wurden: "Wir haben es aus der Zeitung erfahren." Die Eheleute sorgen sich um die Sicherheit von Frauen und Kindern. "Die vielen Männer dürfen hier ja nicht arbeiten, was sollen sie den Tag über machen?", fragt sich

    Die Unternehmen im Güterverkehrszentrum reagieren zurückhaltend. Vielfach heißt es "kein Kommentar". Nur ein Gesprächspartner äußert sich - allerdings anonym. "In diesem Industriegebiet stehen Millionen an Sachwerten. Wir können doch jetzt nicht alle einen Sicherheitsdienst beauftragen, der die Gelände und Waren bewacht", ist er skeptisch. Das Areal des GVZ sei aus seiner Sicht nicht für die Unterbringung von Flüchtlingen geeignet. Hier seien viele Logistikbetriebe ansässig, ab dem Abend sei in den Straßen "tote Hose", für die Menschen im Hotel gebe es keinerlei Anlaufstelle. "Das hat doch nichts mit Integration zu tun." Auch den Wegfall der Hotelbetten sieht er kritisch. Die Übernachtungsmöglichkeit sei für Kunden praktisch gewesen.

    Nicht nur Anwohner und Firmen, auch die Stadt Augsburg wurde von der Nachricht, dass direkt an der Stadtgrenze eine große Asylunterkunft eingerichtet werden soll, kalt erwischt. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) wurde von Landrat Martin Sailer (CSU) offenbar nicht vorab informiert. Zu den Plänen habe es "bislang keinerlei Abstimmung" gegeben, erklärte Weber. Sie fordert nun mehr Informationen. Angesichts der Dimension der Unterkunft und der unmittelbaren Nähe zum Wohngebiet im Bärenkeller hätten die Bürger ein "Recht auf Information durch den Landkreis". Weber hat die Regierungspräsidentin, den Landrat und den Polizeipräsidenten zu einem Gespräch eingeladen. Die Oberbürgermeisterin sieht den Landkreis in der Pflicht, einen "reibungslosen Ablauf" sicherzustellen. Auswirkungen auf die Umgebung müssten mitgedacht werden, es müsse Konzepte und Maßnahmen geben, "die die gefühlte und tatsächliche Sicherheit der Bevölkerung im Bärenkeller gewährleistet".

    Flüchtlingsunterkunft in Gersthofer Hotel: Flüchtlingshelfer hoffen, dass es eine vorübergehende Notlösung bleibt

    Dass eine Unterkunft in dieser Dimension problematisch ist, sieht auch Simon Oschwald, Einrichtungsleiter Migration beim Diakonischen Werk in Augsburg, so. Kleinere Unterkünfte würden sich von selbst regulieren. Dort könnten die Menschen untereinander kommunizieren und sich absprechen. In der Anonymität unter 440 Menschen sei das ein Ding der Unmöglichkeit. Er meint: "Unter Geflüchteten gibt es viele Menschen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben. Sie brauchen auch ihre Rückzugsmöglichkeiten." Auch die abgeschiedene Lage sei nicht integrationsfördernd. Der Flüchtlingshelfer hofft, dass die Hotel-Unterkunft nur eine vorübergehende Notlösung bleibt.

    OB Eva Weber sieht Gesprächsbedarf: Landrat Martin Sailer hat die Stadt Augsburg mit der Nachricht, direkt an der Stadtgrenze eine Unterkunft für bis zu 440 Flüchtlinge einzurichen, überrascht.
    OB Eva Weber sieht Gesprächsbedarf: Landrat Martin Sailer hat die Stadt Augsburg mit der Nachricht, direkt an der Stadtgrenze eine Unterkunft für bis zu 440 Flüchtlinge einzurichen, überrascht. Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild)

    Nach schneller Entspannung sieht es aber nicht aus. Dass die Kommunen mit dem Flüchtlingszustrom überfordert sind, sieht auch Eva Weber so. Es gehe nicht nur um Unterkünfte, sondern auch um Kinderbetreuung, Schulbesuch oder ärztliche Versorgung. Weber verweist auf Forderungen des bayerischen Städtetags, in dessen Vorstand sie sitzt. Der Städtetag dränge seit Monaten auf den Schutz der EU-Außengrenzen, eine effektive Steuerung der Zuwanderung auf europäischer Ebene und eine bessere Kontrolle der Einreise. Bisher habe die Stadt Augsburg vor allem auf kleinere Unterkünfte gesetzt. Allerdings kann laut Weber auch die Stadt inzwischen nicht mehr ausschließen, dass demnächst Großunterkünfte eingerichtet und Turnhallen genutzt werden müssten.

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