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Prozess in Augsburg: Zähne ausgeschlagen, Brüche im Gesicht: Schlägerei wird gefilmt

Prozess in Augsburg

Zähne ausgeschlagen, Brüche im Gesicht: Schlägerei wird gefilmt

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    Die Überwachungsanlage der Polizei hatte die Gewalttat am Königsplatz aufgezeichnet.
    Die Überwachungsanlage der Polizei hatte die Gewalttat am Königsplatz aufgezeichnet. Foto: S. Wyszengrad (Archiv)

    Der Königsplatz ist ein zentraler Ort. Hier treffen Tram- und Buslinien zusammen, kreuzen sich die Fußgängerströme zwischen Bahnhof und Einkaufscity. Aber der Kö ist, vor allem in den westlichen Parkanlagen, auch Treffpunkt für diverse Szenen: Obdachlose, Trinker, Drogenkranke und Migranten verschiedener Nationalitäten sitzen auf den Bänken oder am Rand des runden Thormannbrunnens. Eine Gruppe syrischer Staatsangehöriger traf sich im Frühjahr 2019 fast täglich am Kö - junge Männer, die in der Folgezeit in den Fokus von Polizei und Justiz gerieten. Vor einem Schöffengericht unter Vorsitz von Sandra Dumberger saß nun ein 24-Jähriger, dem gleich in zwei Fällen gefährliche Körperverletzung vorgeworfen wurde (Mindeststrafe jeweils sechs Monate Haft). In einem Fall soll er Ende März 2019 Mittäter einer Schlägerei in den Anlagen gewesen sein, bei dem ein Kontrahent schwer im Gesicht verletzt worden war.

    Attacke am Augsburger Kö: Vier Schneidezähne ausgeschlagen

    Der Angeklagte (Verteidiger: Catharina Müller und Hansjörg Schmid) räumt seine Beteiligung an der Rauferei zwischen seiner Gruppe und Männern aus der ehemaligen Sowjetunion auf der Gegenseite ein. Allerdings reduziert er seinen Tatbeitrag auf einen einzigen Faustschlag, einen "Schwinger" auf den Oberkörper eines Gegners. Ursache der Keilerei sei die Anmache einer Frau gewesen, die mit der syrischen Gruppe zum Königsplatz gekommen war. Auf einem Video, aufgenommen von der Überwachungsanlage der Polizei, das im Gerichtssaal vorgeführt wird, sieht man ein Hin und Her zwischen den etwa acht Männern; ein Geschubse, es fliegen Fäuste, dann stürzt ein Mann zu Boden, wird mit Füßen getreten. Er wird bei der Attacke am schwersten verletzt, erleidet Frakturen im Gesicht und am Sprunggelenk, verliert vier Schneidezähne.

    Das sind die Überwachungskameras der Polizei am Königsplatz.
    Das sind die Überwachungskameras der Polizei am Königsplatz. Foto: Ulrich Wagner

    Die Polizei ermittelt vier Tatverdächtige: den jetzigen Angeklagten, einen Heranwachsenden, der inzwischen zu zwei Wochen Dauerarrest herangezogen wurde. Der Dritte im Bunde und Haupttäter ist im Dezember vorigen Jahres zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden, der vierte Täter ist untergetaucht. Der angeklagte 24-Jährige sagt nun, er habe eigentlich nur schlichten wollen. "Dann ist mein Freund geschlagen worden, und ich habe zurückgeschlagen", schildert er seinen Tatbeitrag. Mehr habe er nicht getan.

    Angriff in Oberhausen: Wurde ein Mann mit einem Stromkabel gewürgt?

    Wesentlich diffuser erscheint der zweite Anklagepunkt, in dem Staatsanwältin Julia Egermann dem Syrer vorwirft, einen 20-jährigen Landsmann in einer Wohnung in Oberhausen verprügelt und mit einem Stromkabel gedrosselt zu haben. Etwa zwei Wochen vor dem Vorfall am Königsplatz soll das Opfer in die Wohnung bestellt worden sein, um ein Handyvideo zu löschen, auf dem der Angeklagte zu sehen war, wie er einen anderen Mann ohrfeigte. Dann sei es zum Streit gekommen. Während der 20-Jährige damals bei der Polizei behauptete, er sei mit einem Schlagstock am Ohr verletzt worden, gibt er nun im Zeugenstand eine völlig andere Version des Geschehens zu Protokoll.

    Nun ist von dem Stromkabel die Rede, das ihm der Angeklagte um den Hals gelegt habe. Der Zeuge, der seine Aussage mit gefesselten Händen machen muss, weil er wegen versuchter Erpressung in Haft sitzt, macht dem Gericht klar, dass er den Angeklagten nicht bestraft sehen wolle.

    "Ich habe im Gefängnis vieles vergessen"

    "Er ist mein bester Freund, wir sind wie Brüder. Jetzt ist alles gut zwischen uns." Eine Aussage, die nicht nur der Staatsanwältin zu denken gibt. Der nächste Zeuge, 31, der dabei gewesen sein soll, wird ebenfalls aus der Haft vorgeführt, wo er wegen Raubes einsitzt. Er weigert sich stur, überhaupt auszusagen, lässt sich auch durch die Androhung von Erzwingungshaft nicht beeindrucken. "Ich habe im Gefängnis vieles vergessen", begründet er sein Verhalten und wird wieder abgeführt. Das Schöffengericht sieht schließlich keine Möglichkeit, den Fall aufgrund der völlig widersprüchlichen Angaben aufzuklären. Es stellt diesen Anklagepunkt vorläufig ein.

    Das Gericht hat nur mehr die Tatbeteiligung des Angeklagten an der Königsplatz-Schlägerei zu beurteilen. Die Richter folgen am Ende dem Antrag der Anwälte Catharina Müller und Hansjörg Schmid, den 24-Jährigen lediglich wegen einfacher Körperverletzung zu einer Geldstrafe zu verurteilen. Er muss 6000 Euro (150 Tagessätze zu je 40 Euro) bezahlen. Die Staatsanwaltschaft hatte immerhin eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten gefordert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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