Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Prozess in Augsburg: Versuchte Entführung einer Seniorin? Schwere Vorwürfe im Prozess

Prozess in Augsburg

Versuchte Entführung einer Seniorin? Schwere Vorwürfe im Prozess

    • |
    Sollte eine 84-Jährige entführt werden? Der Fall wird vor der 14. Strafkammer des Landgerichtes in Augsburg verhandelt.
    Sollte eine 84-Jährige entführt werden? Der Fall wird vor der 14. Strafkammer des Landgerichtes in Augsburg verhandelt. Foto: Stefan Puchner, dpa (Symbol)

    Die Seniorin spricht mit fester Stimme, ohne erkennbare Angst, was eine bemerkenswerte Leistung ist. Denn der Mann, der nur wenige Meter von ihr entfernt auf der Anklagebank sitzt, hat sie im Oktober vergangenen Jahres in ihrem Haus im Spickel überfallen, sie mit einer Pistole bedroht, 80 Euro von ihr geraubt. Und der 55-Jährige hatte, wenn die Ermittlungen zutreffen, ursprünglich ein noch brutaleres Verbrechen vor. Es ist eine These der Strafverfolger, die von der Aussage der 84-Jährigen vor dem Landgericht Augsburg gestützt wird. "Ich hatte den Eindruck, er wollte meine Hände fesseln", sagt sie. 

    Wie berichtet geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der 55-Jährige eigentlich einen Entführungsplan ausführen sollte, den laut Anklage ein anderer Verdächtiger ausgeheckt hatte. Demnach sei das Vorhaben gewesen, dass die Seniorin gefesselt und in einen Wald im Landkreis Augsburg gebracht wird. Dort sollte offenbar das Opfer - wie 1981 das am Ammersee entführte Mädchen Ursula Herrmann - in einem Erdloch festgehalten werden, um von der Familie des Opfers fünf Millionen Euro zu erpressen. 

    Das sagt zumindest der 55-Jährige, der sich den Ermittlungen zufolge während der Tat umentschied und von dem Plan zurücktrat, als sich versehentlich ein Schuss aus seiner Pistole löste. Den grundsätzlichen Ablauf schildern der Angeklagte und das Opfer am jüngsten Prozesstag ähnlich; es habe sich "ein Schuss im Gemenge gelöst", so sagt es die 84-Jährige. Getroffen wurde sie dabei nicht. Sie habe den Mann gefragt, was er wolle, der habe geantwortet: "Geld". Nachdem er es erhalten hatte, floh er. Ein paar Tage später wurde er gefasst, seither sitzt er in Untersuchungshaft.

    Prozess in Augsburg um mutmaßlich geplante Entführung

    Der 55-Jährige schildert der 14. Strafkammer unter Vorsitz der Richterin Cornelia Böttcher in vielen Details, was er eigentlich vorgehabt und stattdessen getan habe. Vor allem belastet er den mutmaßlichen Drahtzieher der Entführungspläne schwer, einen heute 78 Jahre alten Mann mit krimineller Vergangenheit, der unter anderem schon mal im Gefängnis saß, weil er vor einem halben Jahrhundert eine junge Frau entführt und Geld von ihrer Familie erpresst hatte.

    Der Anklage zufolge wollten die Verdächtigen das Entführungsopfer aus Augsburg in einem Erdloch im Wald verstecken. Einer der Verdächtigen war 1973 bereits an einer Entführung beteiligt.
    Der Anklage zufolge wollten die Verdächtigen das Entführungsopfer aus Augsburg in einem Erdloch im Wald verstecken. Einer der Verdächtigen war 1973 bereits an einer Entführung beteiligt. Foto: Repro Klaus Utzni / David Young, dpa / Marcus Merk

    Der 55-Jährige ist ein unauffälliger Mann, zurückweichender Haaransatz, Schnurrbart. Er erzählt ruhig und ohne in größere Emotionen zu verfallen, was etwas Befremdliches an sich hat, gesteht er doch gerade eine schwere Straftat. Tatsächlich spielt der Fall in einem Milieu, in dem auch Verbrechen offenbar nichts Außergewöhnliches sind, der Angeklagte sowie der mutmaßliche Drahtzieher kennen sich aus dem Gefängnis und blieben nach der gemeinsamen Haftzeit in Kontakt.

    Stimmt die Aussage des 55-Jährigen oder belastet er lediglich einen Mann mit bekannter krimineller Karriere, um sich selbst in ein besseres Licht zu rücken? In seiner Aussage verwickelt sich der von Anwalt Stefan Mittelbach vertretene Mann teils in Widersprüche oder bringt Orte und Zeitpunkte durcheinander. Es ist aber auch nicht so, als würde er völlig ins Schwimmen geraten und einer offensichtlichen Lügengeschichte überführt werden. Angesichts der Konstellation muss die Kripo zudem eigentlich weitere Indizien für die angenommenen Entführungspläne haben, etwa Dokumente, Handydaten - oder den Fund eines Erdlochs im Wald. Als der 55-Jährige die Ermittler zu dem Ort führen wollte, gelang ihm dies indes nicht, wie er berichtet. Die Verhandlung wird am Mittwoch fortgeführt, der Prozess gegen den 78-Jährigen startet am kommenden Dienstag vor einer anderen Strafkammer.

    Hören Sie sich auch unsere Podcastfolge über spannende Kriminalfälle in Augsburg an:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden