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Verkehrsunfall war ein Mordversuch: Für Opfer bleiben furchtbare Folgen
![Valentin G. wurde wegen Mordversuchs vor dem Augsburger Landgericht zu zehn Jahren Haft verurteilt. Jetzt steht er erneut vor Gericht. Valentin G. wurde wegen Mordversuchs vor dem Augsburger Landgericht zu zehn Jahren Haft verurteilt. Jetzt steht er erneut vor Gericht.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Ein 49-Jähriger hat versucht, seine Frau bei einem Unfall auf der B17 bei Augsburg zu töten. In einer neuen Verhandlung zeigt sich, wie das Opfer bis heute leidet.
In diesem Prozess, das wird schnell deutlich, fällt dem Opfer, nicht dem Angeklagten, die Hauptrolle zu. Die heute 38-Jährige war die Ehefrau des Mannes, den sie jetzt im Rollstuhl sitzend zum zweiten Mal auf der Anklagebank vor dem Landgericht Augsburg sieht. Mehr als eine Stunde sagt sie als Zeugin aus, dabei wird klar: Unter den Folgen des Verkehrsunfalls wird sie ihr Leben lang zu leiden haben.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das erste Urteil gegen ihren Mann teilweise aufgehoben. Unstrittig ist jedoch, dass Valentin G. (Namen geändert) schuld an dem schweren Verkehrsunfall ist. Mit durchgedrücktem Gaspedal hat der 51-Jährige im März vor zwei Jahren auf der B17 unweit des Fußballstadions sein Auto, in dem seine Frau auf dem Beifahrersitz saß, gegen einen Baum am Fahrbahnrand gelenkt. Absichtlich, urteilten die Richter der 8. Strafkammer und verurteilten ein Jahr später den Fahrer wegen Mordversuchs zu einer zehnjährigen Haftstrafe. Zwei Wochen vor der Tat hatte Raluca G. ihrem Mann eröffnet, sich wegen eines anderen Mannes von ihm zu trennen und auszuziehen.
Anklage Mordversuch: Prozess in Augsburg um Unfall auf der B17
Der Vorwurf, er habe seine Frau töten wollen sei „absurd“, sagte damals der Angeklagte, sagt er auch heute. Nur eine Erklärung, warum er von der linken Fahrspur nach rechts gezogen und geradeaus auf den Baum zufuhr, kann er nicht liefern. In der Neuauflage des Prozesses spielt dies jetzt keine Rolle mehr. Denn auch für die Karlsruher Richter waren Tathergang sowie die Verurteilung wegen Mordversuchs unstrittig. Sie beanstandeten jedoch, dass sich das Gericht zu wenig mit den gesundheitlichen Folgen der Tat für die Ehefrau auseinandergesetzt, eine Heilung nicht ausgeschlossen hat.
![Es grenzte an ein Wunder, dass aus diesem Wrack jemand lebend herauskam, sagten damals Einsatzkräfte. Das Fahrzeug war auf der B17 bei Augsburg gegen einen Baum gekracht. Es grenzte an ein Wunder, dass aus diesem Wrack jemand lebend herauskam, sagten damals Einsatzkräfte. Das Fahrzeug war auf der B17 bei Augsburg gegen einen Baum gekracht.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Dies erscheint jedoch utopisch, hört man die Leidensgeschichte, die die 38-Jährige vorträgt. Richter Michael Schneider, der im Prozess bewusst vom „Vorfall“ spricht, den Ausdruck „Unfall“ meidet, wird später ellenlange Krankenhausberichte vorlesen. Die Verletzungen der Frau reichen vom Kopf bis zu den Füßen. Nach Ansicht der bereits im Prozess gehörten Gutachter ist eine Besserung ihres Zustands ausgeschlossen. Viermal am Tag, so berichte sie, nehme sie starke Schmerzmittel ein. Wegen verletzter Rückenwirbel ist Raluca G. so gut wie querschnittsgelähmt. Sie könne sich maximal eine Viertelstunde auf den Beinen halten, dann müsse sie sich wieder hinlegen, weil die Schmerzen übermächtig werden.
Sieben Monate hat sie in Kliniken gelegen, hatte Suizidgedanken. Zwei Jahre und mittlerweile mehr als ein Dutzend Operationen später fällt die Bilanz der heute 38-Jährige bitter aus: „Mein ganzes Leben werde ich mit Schmerzen leben müssen. Und ich mag mich auch nicht mehr im Spiegel ansehen. Ich bin nicht mehr dieselbe.“ Zudem leidet unter und Depressionen. Haushalt und Einkauf erledigt ihr Lebensgefährte. Das Paar hat sich beim Versandriesen Amazon kennengelernt, wo auch der Ehemann der Frau arbeitete.
Mit etwa 100 Stundenkilometer war der Toyota Auris der Eheleute auf den Baum geprallt. Auf der Beifahrerseite drang der Stamm durch den Motorraum bis in die Fahrgastzelle. Auch der Ehemann wurde, wenn auch leichter, verletzt. Der Angeklagte betrat gestützt auf einer Krücke den Gerichtsaal. Wie schon im ersten Prozess bestritt der 51-Jährige, absichtlich auf den Baum zugefahren zu sein. Was erstaunt: Seine Ehefrau, inzwischen geschieden, bestätigte im Prozess seine Aussage, wonach die Trennung scheinbar gut abgelaufen sei. „Am Ende hat er sie akzeptiert.“
Der Prozess wird nächste Woche fortgesetzt.
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