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Prozess in Augsburg: Schwerer Raub? Angeklagter verlässt Gericht als freier Mann

Prozess in Augsburg

Schwerer Raub? Angeklagter verlässt Gericht als freier Mann

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    Ein 23-jähriger soll einen Mann in dessen Wohnung überfallen lassen. Doch vor Gericht lässt sich die Tat nicht beweisen.
    Ein 23-jähriger soll einen Mann in dessen Wohnung überfallen lassen. Doch vor Gericht lässt sich die Tat nicht beweisen. Foto: Friso Gentsch/dpa (Symbolfoto)

    Unerwartet tat sich ein Türchen auf, und anstatt für längere Zeit ins Gefängnis zu wandern, durfte jetzt ein 23-jähriger Angeklagter mit seinen Freundinnen und Freunden den Gerichtssaal als freier Mann verlassen. „Besonders schwerer Raub“ war dem Auszubildenden vorgeworfen worden, was sich nach zwei Stunden im Gerichtssaal so kaum mehr aufrecht erhalten ließ. Und weil der Angeklagte noch in einer anderen Sache mit dem Gericht zu tun hatte, kamen die Verfahrensbeteiligten überein, den Mann nicht zu verurteilen. Der Haftbefehl gegen ihn wurde aufgehoben.

    Es war schon nach Mitternacht, als ein Anwohner von gegenüber Schreie aus einer Wohnung am Lauterlech gehört hatte. Er habe aus seinem Fenster geschaut und gesehen, wie auf der anderen Straßenseite wenige Augenblicke später drei junge Männer in Richtung des Krankenhauses Vincentinum davonrannten. Kurz darauf tauchte eine größere Zahl von Streifenpolizisten am Ort des Geschehens auf. Es stellte sich heraus, dass ein 50-jähriger Hausbewohner, der spätere Geschädigte, nächtlichen Besuch von drei jüngeren Männern erhalten hatte.

    Treff nach Mitternacht: Es ging um Geld

    Der 50-jährige Elektriker erklärte im Zeugenstand, er habe die drei Männer, die er vom Sehen her und nach deren Spitznamen kannte, an jenem Junitag 2023 hereingelassen, nachdem sie bei ihm geklingelt hatten. Im Wohnzimmer habe sich ein Gespräch über „private Probleme aus der Vergangenheit“ entwickelt. „Ein Geldproblem“ sei im Hintergrund des Treffens gestanden, der Geschädigte konnte sich jetzt aber nicht mehr daran erinnern, ob über dieses Geldproblem an jenem Abend wirklich gesprochen wurde. Von einer Schuld in Höhe von 1000 Euro wegen eines Drogengeschäfts, das die Anklage benannte, wollte der Geschädigte nichts wissen. Dieser angebliche „Tausender“ war offensichtlich nach den ersten polizeilichen Vernehmungen in die Akten gelegt.

    Über von der Staatsanwaltschaft angesprochene Betäubungsmittelgeschäfte unter den vier Beteiligten machte der Geschädigte keine Angaben - um sich nicht selbst zu belasten. Noch bevor man die Sache mit Worten habe klären können, habe ein klein gewachsener Mittäter ihm, dem 1,90-Meter-Zeugen, plötzlich Pfefferspray in die Augen gesprüht. Während er sich die Augen gerieben habe, habe er einen Schlag mit einem Prügel, möglicherweise einem Schlagstock bezogen, schilderte der Zeuge dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Sebastian Konrad. Dadurch habe er einen blauen Flecken erlitten. Wer ihn geschlagen habe? Da konnte der Geschädigte nicht mit Konkretem dienen. War anfänglich auch von drei Messern die Rede, die die Angeklagten in der Stube des 50-Jährigen ausgepackt hätten, stellte der dies jetzt in Abrede. „Nein, niemals“, solche Messer habe es nicht gegeben. Und schon seien die drei „Jungs“ wieder davongelaufen.

    Nach „Besuch“ fehlten 370 Euro aus einer Vitrine

    Nachdem 370 Euro, Geld seiner Mutter, aus einer Vitrine fehlten, die davor noch da gewesen seien, gehe er davon aus, dass dieses Geld die drei Besucher gestohlen hätten, so der 50-Jährige. Um die Sache aufzuklären, hatte der Elektriker nach dem mutmaßlichen Überfall selbst Ermittlungen vorgenommen. Mehrfach habe er Erkundungen nach einem „Andy“ und einem „Manu“ (Namen geändert) eingeholt, um die Sache „ohne Polizei“ aufzuklären – vergeblich. Wie am Rande des Verfahrens bekannt wurde, sollen die drei nächtlichen Besucher aus der Gruppe der „154-er“ stammen, die sich nach dem Postleitzahlenbezirk des Stadtteils Oberhausen benennt.

    Nachdem sich aus seiner Sicht die Anklagevorwürfe gegen seinen Mandanten mehr und mehr in Luft aufzulösen schienen, bat Verteidiger Felix Dimpfl um ein Rechtsgespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die dort getroffene Vereinbarung gab Richter Konrad anschließend als Vergleichsvorschlag zu Protokoll. Demgemäß werde das Verfahren wegen des (kaum nachweisbaren) schweren Raubes nach Paragraf 154 eingestellt. Denn: Da gebe es ja noch ein weiteres Verfahren gegen den 23-Jährigen, bei dem er anfangs zu einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung wegen verbotenen Betäubungsmittelbesitzes verurteilt worden war. Dann reduzierte das Berufungsgericht zunächst diese Strafe um sechs Monate, dennoch ging es in Revision. Soweit der Sachstand bis zuletzt.

    Im Gegenzug zu der Verfahrenseinstellung bei dem Raub nahm der Angeklagte seine Revision in der BTM-Angelegenheit zurück, die somit rechtskräftig werden kann. Verteidiger Dimpfl kündigte an, nun eine Haftverschonung für seinen Mandanten erwirken zu wollen, nachdem dieser bereits in Untersuchungshaft gesessen hatte. Zunächst aber durfte sich der Angeklagte die Fußfesseln abnehmen lassen und mit seinen im Gerichtssaal anwesenden Freundinnen und Freunden die wiedererlangte Freiheit feiern.

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