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Prozess in Augsburg: Prügelattacke vor "Spectrum": Opfer leidet bis heute unter der Tat

Prozess in Augsburg

Prügelattacke vor "Spectrum": Opfer leidet bis heute unter der Tat

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    Vor dem Eingangsbereich des Musik-Clubs "Spectrum" in Augsburg soll sich im Dezember vergangenen Jahres eine brutale Gewalttat abgespielt haben.
    Vor dem Eingangsbereich des Musik-Clubs "Spectrum" in Augsburg soll sich im Dezember vergangenen Jahres eine brutale Gewalttat abgespielt haben. Foto: M. Hochgemuth

    Ihr Mann, so sagt es Petra R. (Namen geändert), habe sich verändert, er sei jetzt aufbrausender als früher. Und dann seien da die körperlichen Probleme, die er seither habe: Kopfschmerzen, Schwindelattacken. Im Dezember 2019 ging Martin R. abends aus, er wollte mit einem Kumpel ins Spectrum in Kriegshaber. Ein Musik-Club, in dem an diesem Abend Schlager und Neue Deutsche Welle gespielt wurden, eine eher harmlose Veranstaltung für ein gemischtes Publikum. Doch für Martin R., heute 51 Jahre alt, endete die Nacht mit einer Not-OP im Uniklinikum. Der Fall, der seit diesem Donnerstag vor dem Augsburger Landgericht verhandelt wird, ist eine der brutalsten Attacken im Augsburger Nachtleben der vergangenen Jahre.

    Filip K., 36 Jahre alt, breitschultrig, soll Martin R. vor dem Eingangsbereich des Musik-Clubs zusammengeschlagen und ihm schwerste Verletzungen zugefügt haben. In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Augsburg geht es unter anderem um versuchten Mord, darin ist eine Schädelbasisfraktur des Opfers aufgelistet,ein Schädel-Hirn-Trauma, Hirnblutungen. Staatsanwalt Michael Nißl trägt vor, dass die Verletzungen ohne sofortige ärztliche Notfallversorgung tödlich hätten verlaufen können. Ein Arzt, der Martin R. im Schockraum behandelte, wird später aussagen, dass der 51-Jährige nicht mehr ansprechbar gewesen sei und die Augen nicht mehr habe öffnen können.

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    Es ist klar, dass es die Tat an sich gab und wer dafür verantwortlich ist. Filip K. räumt den Angriff am ersten Verhandlungstag ein. Weniger eindeutig sind einige Details. Laut Anklage war Filip K. in der Tatnacht von Türstehern des Spectrums abgewiesen worden, wohl weil er schwer betrunken gewesen war. Das spätere Opfer, Martin R., verließ den Musik-Club gegen zwei Uhr nachts und versuchte den Ermittlungen zufolge, dem Angeklagten zu erklären, warum die Türsteher so reagierten. Als der Angeklagte ihn anfuhr, er solle nicht "dumm daherreden", ging der 51-Jährige demnach weiter, um eine Auseinandersetzung zu vermeiden.

    Mutmaßlicher Täter und Opfer kannten sich nicht. Laut Anklage lief der 36-Jährige dem älteren Mann hinterher, um ihn zusammenzuschlagen, offenbar aus Frust darüber, nicht in den Club eingelassen worden zu sein. Filip K. attackierte sein Opfer den Ermittlungen zufolge von hinten, ohne dass Martin R. zu einer Reaktion fähig gewesen wäre. Laut Anklage schlug der Angeklagte dem 51-Jährigen derart heftig mit der rechten Hand gegen den Kopf, dass Martin R. gegen einen Laternenmast prallte und benommen zusammensackte. Als er am Boden lag, soll der Angeklagte sich über ihn gebeugt und ihm noch zwei Mal mit voller Wucht Faustschläge verpasst haben.

    Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte sein Opfer heimtückisch töten wollte. Eine Frage wird sein, ob die Tat im Prozess letztlich tatsächlich als versuchter Mord eingestuft wird oder beispielsweise als versuchter Totschlag, was für das Strafmaß eine Rolle spielt. Hat Filip K. etwa, wie in der Anklage geschildert, tatsächlich von hinten zugeschlagen?

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    Der Angeklagte sagt, Martin R. habe sich vor der Attacke noch einmal umgedreht. Martin R. aber erklärt, so sei es nicht gewesen, er habe einen Schlag am Hinterkopf gespürt und könne sich dann an nichts mehr erinnern. Ein Kumpel des Angeklagten, der mit ihm in der Tatnacht unterwegs war, behauptet als Zeuge zunächst, das Opfer habe dem Angeklagten vor der Attacke den Mittelfinger gezeigt und außerdem selbst die Hand zum Schlag erhoben. Doch das behauptet ansonsten niemand, auch der Angeklagte selbst nicht. Und als Staatsanwalt Nißl nachbohrt, erklärt der Zeuge dann, dass er sich eigentlich doch nicht mehr so genau an das Geschehen erinnern könne.

    Der Angeklagte macht zur Sache selbst keine weiteren Angaben. Zu seinen persönlichen Verhältnissen allerdings äußert er sich umfangreich, er schildert ein verkorkstes Leben, das früh von Alkohol und Drogen geprägt gewesen sei. Der 36-Jährige stammt aus Gelsenkirchen und lebte zum Tatzeitpunkt noch nicht lange in der Region. Zuletzt arbeitete er im Landkreis Augsburg bei einem Hausmeisterservice. Er hat etliche Vorstrafen, schwere Gewaltdelikte sind bislang nicht darunter. Als er noch einmal zu einer Entschuldigung gegenüber seinem Opfer ansetzt, nimmt Martin R. sie an.

    Die Schwurgerichtskammer unter Vorsitz von Richterin Susanne Riedel-Mitterwieser hat sechs Verhandlungstage angesetzt, ein Urteil könnte am 9. Oktober gesprochen werden.

    In einer neuen Folge unseres Podcasts "Augsburg, meine Stadt" sprechen wir mit einem Ex-Gefängnischef über den Sinn und Unsinn von Gefängnissen. Hier können Sie sich die gut einstündige Folge anhören:

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