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Prozess in Augsburg: Münchner Autofahrer verprügeln vor der City-Galerie Vater und Sohn

Zu dichtes Auffahren, Lichthupe, Stinkefinger, Beschimpfungen: Ob auf der Autobahn oder in der Stadt – jeder Autofahrer kennt solche Situationen. Mitunter schlägt die Aggression unvermittelt in Gewalt um. So an einem Samstagnachmittag vor der Augsburger City-Galerie, der nun Thema vor Gericht ist. Eineinhalb Jahre später waren zwei Münchner, 23 und 22 Jahre alt, in Augsburg angeklagt. Fahrer und Beifahrer mussten sich wegen vorsätzlicher Körperverletzung verantworten.

Als nach mehrstündiger Verhandlung Staatsanwältin Birgit Milzarek-Sachau die Strafanträge stellt, blickt der Ältere der beiden sich erschrocken zu seinem Verteidiger um. Die Anklägerin will ihn für drei Jahre im Gefängnis sehen. Wegen der „außergewöhnlich brutalen“ Tat. Sie nimmt dabei Bezug zum gewaltsamen Tod eines Mannes am Königsplatz, wo an Weihachten „schon ein einziger Schlag gegen den Kopf gereicht hat“. Auch für seinen Beifahrer beantragt sie eine Haftstrafe von mehr als zwei Jahren. Am Ende wird das Schöffengericht jedoch deutlich milder urteilen.

Prozess: So kam es zu dem Streit vor der City-Galerie Augsburg

Vor der City-Galerie hatten an dem Nachmittag viele Autofahrer im „Stop-and-go“ vor der Einfahrt zu den Parkplätzen gewartet. In einem Mini Cooper ein junges Paar, das sich Verlobungsringe kaufen wollte, hinter ihnen ein Mercedes mit den beiden Münchnern. Als sich eine Lücke auftat, gab der Hintermann Gas, überholte und scherte vor dem Mini wieder ein. Er sei dabei so geschnitten worden, schildert sein Fahrer im Prozess, dass er gleichzeitig stark abbremsen und auf die Gegenfahrbahn habe lenken müssen. Als er ausstieg, den Mercedesfahrer wütend zur Rede stellen wollte, riss dieser die Tür auf, schlug ihn wortlos mit zwei Faustschlägen nieder. Augenzeugen beobachteten, wie der 23-Jährige sich auf den Brustkorb seines Opfers setzte und weiter auf ihn einprügelte.

Er habe, schätzt der Geschädigte, mindestens 20 Faustschläge ins Gesicht bekommen. Die Frage von Richter Bernhard Kugler, wie es ihm heute gehe, beantwortet der kräftig gebaute 33-Jährige mit „gut“. Einige Wochen habe ihm der Kopf noch wehgetan. Im Klinikum musste eine Kopfplatzwunde genäht werden.

Die Schlägerei endete, weil sich eine Funkstreife näherte

Schlimmer trifft es seinen Vater. Der 54-Jährige, der die jungen Leute zum Kauf der Ringe begleitete, wollte seinem Sohn helfen und die Kämpfenden voneinander wegziehen. Doch der Beifahrer im Mercedes verhinderte dies, prügelte seinerseits auf den Vater ein. Die Schlägerei endete abrupt, als die Angreifer hörten, dass sich eine Funkstreife näherte.

Wie im Prozess zur Sprache kommt, leidet der Vater seit dem Vorfall unter Tinnitus sowie nervösem Augenzucken. Wuchtige Faustschläge hatten sein Kiefergelenk verschoben. Eine Spange hat dies zwischenzeitlich korrigieren können. „Schlägernde Autofahrer“, sagt Richter Bernhard Kugler, im Urteil, „haben im Straßenverkehr nichts zu suchen“.

Müssen die Autofahrer aus München ins Gefängnis?

Beide Angeklagte müssen dennoch, anders als von der Staatsanwältin gefordert, nicht ins Gefängnis. Nach Auffassung des Gerichts liegt hier ein „einmaliges, wenn auch enormes Fehlverhalten“ vor. Richter Kugler äußert sich überrascht über die nach Meinung des Gerichts unangemessen hohen Strafanträge der Staatsanwaltschaft.

So wird der Mercedes-Fahrer zur Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt. Ferner wird es noch drei Monate dauern, bis er einen neuen Führerschein beantragen kann. Der Mitangeklagte, der unter das Jugendstrafrecht fällt, muss lediglich an einem Anti-Aggressions-Training teilnehmen. Außerdem sollen beide Münchner Geldauflagen von 500 beziehungsweise 1000 Euro an gemeinnützige Organisationen zahlen.

Vater und Sohn haben sie im Gerichtssaal ein Schmerzensgeld von jeweils 500 Euro übergeben und sich bei ihnen entschuldigt. Offenbar überzeugend, denn beide Opfer haben ihre Entschuldigung angenommen. „Obwohl ich die Folgen der Schläge mein ganzes Leben spüren werde“, sagt der Vater.

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