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Prozess in Augsburg: Mordversuch mit Molotowcocktail? Staatsanwaltschaft rückt von Vorwurf ab

Prozess in Augsburg

Mordversuch mit Molotowcocktail? Staatsanwaltschaft rückt von Vorwurf ab

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    Einem 59-Jährigen wurde vorgeworfen, versucht zu haben, eine Nachbarswohnung in Augsburg in Brand zu setzen. Nun erhält er möglicherweise eine vergleichsweise milde Strafe.
    Einem 59-Jährigen wurde vorgeworfen, versucht zu haben, eine Nachbarswohnung in Augsburg in Brand zu setzen. Nun erhält er möglicherweise eine vergleichsweise milde Strafe. Foto: Peter Fastl

    Die Vorwürfe in der Anklageschrift hätten schwerwiegender kaum sein können. Oleg G., ein 59 Jahre alter Mann aus Augsburg, sollte demnach versucht haben, drei Männer in der Nachbarwohnung mit einer Art Molotowcocktail zu ermorden. Dafür war er den Ermittlungen zufolge über ein Fenster seiner Augsburger Wohnung in Lechhausen auf ein Vordach geklettert, das bis zum benachbarten Mehrparteienhaus reicht, hatte eine mit Benzin gefüllte Wodka-Flasche dabei, schüttete etwas davon durch das offene Fenster in das Zimmer, in dem drei Männer saßen, und hantierte mit Streichhölzern. Zu einem Brand kam es nicht. Doch wie ist das mutmaßliche Vorgehen von Oleg G. einzuschätzen? Gegen Ende eines mehrtägigen Prozesses vor dem Augsburger Landgericht kristallisiert sich heraus, dass die Strafe für den Angeklagten wohl vergleichsweise mild ausfallen wird, betrachtet man die ursprünglichen Vorwürfe.

    Der Angeklagte wollte offenbar ein Feuer legen

    Hintergrund: Die Staatsanwaltschaft sieht die Mordvorwürfe nach der Beweisaufnahme nicht mehr als erwiesen an. Wie Staatsanwalt Thomas Junggeburth in seinem Plädoyer am Donnerstag ausführte, seien „ein Tötungsvorsatz und ein Mordmerkmal nicht nachweisbar“. Zwar habe Oleg G. Benzin aus der Wodka-Flasche in die Wohnung geschüttet und versucht, es zu entzünden, doch habe er es wahllos im Raum verschüttet, nicht gezielt in Richtung der drei Männer, die sich darin aufhielten. Ein Vorhaben, das letztlich ohnehin misslang, zudem dauerte der Vorgang aber auch offenbar so lange, dass die drei Männer Zeit gehabt hätten, zu fliehen.

    Junggeburth sprach von einem „zeitlich gestreckten Vorgang" und sah aufgrund der Umstände unter anderem versuchte schwere Brandstiftung erfüllt, nicht aber den versuchten Mord – was bei der zu erwartenden Strafe für den 59-Jährigen einen gewaltigen Unterschied ausmacht, wäre beim versuchten Mord doch auch eine lebenslange Freiheitsstrafe möglich gewesen. Der Staatsanwaltschaft forderte eine Gesamtstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten Haft.

    Prozess in Augsburg: Angeklagter schweigt zu schweren Vorwürfen

    Jörg Seubert, der Verteidiger des Angeklagten, sagte, „dass das, was der Staatsanwalt gesagt hat, sich vernünftig anhört“. Man könne anhand der Beweisaufnahme keine Tötungsabsicht konstruieren. Sein Mandant, der im Prozess schwieg, habe sich „möglicherweise über Lärm geärgert“. Aber man habe „hier niemanden, der wollte, das jemand Schaden nimmt, dass jemand stirbt“, sagte Seubert. Er forderte zwei Jahre für seinen Mandanten; die Höchstgrenze, bei der eine Strafe noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

    Überraschend kam die Entwicklung nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht mehr. Bereits am ersten Prozesstag hatte Roland Christiani, der Vorsitzende Richter der Schwurgerichtskammer, die Frage aufgeworfen, ob Oleg G. möglicherweise nur „eine etwas zu laute Party beenden wollte“. Am jüngsten Verhandlungstag gab die Kammer nun den Hinweis, dass statt einer Verurteilung wegen versuchten Mordes auch eine wegen Nötigung und versuchter gefährlicher Körperverletzung in Betracht kommt.

    Ein medizinischer Gutachter bescheinigte Oleg G., ein für die Justiz bis zur Tat unbeschriebenes Blatt, am jüngsten Verhandlungstag, alkoholabhängig zu sein. Zur Tatzeit hatte der 59-Jährige., der seit Monaten in Untersuchungshaft sitzt, offenbar zwischen 2,4 und 2,8 Promille Alkohol im Blut. Mit einem Urteil ist am kommenden Donnerstag zu rechnen.

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