Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Prozess in Augsburg: Wollte er sie auf B17 in den Tod fahren? Ehemann streitet vor Gericht alles ab

Prozess in Augsburg

Wollte er sie auf B17 in den Tod fahren? Ehemann streitet vor Gericht alles ab

    • |
    Ein 49-Jähriger muss sich wegen Mordversuchs vor dem Augsburger Landgericht verantworten.
    Ein 49-Jähriger muss sich wegen Mordversuchs vor dem Augsburger Landgericht verantworten. Foto: Silvio Wyszengrad

    Wenn sie Frühschicht hatten, fuhren sie gegen sechs Uhr morgens mit dem Auto los. Rund sieben Jahre schon arbeitete das Ehepaar aus dem westlichen Landkreis Augsburg beim Versandriesen Amazon in Graben. Meist saß der Ehemann am Steuer. "Meine Frau machte gerne die Fußheizung an und döste noch", lässt der 49-jährige Rumäne von einer Dolmetscherin dem Gericht übersetzen. Am Morgen des 24. März 2021 kam das Ehepaar jedoch nicht am Arbeitsplatz an. Auf der B17, kurz nach dem Fußballstadion, geriet ihr Toyota Auris von der Straße und prallte gegen einen Baum. Beide wurden schwerst verletzt, die Ehefrau schwebte zeitweise in Lebensgefahr. Ermittler gehen davon aus, dass Valentin G. den Unfall absichtlich herbeiführte, um Raluca G. (Namen geändert) zu töten. Seit Mittwoch muss er sich wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht Augsburg verantworten. Für die Staatsanwaltschaft ist das Motiv klar. Der Angeklagte hat zu den Vorwürfen viel zu erzählen.

    Auf Krücken betrat der Angeklagte den Gerichtssaal.
    Auf Krücken betrat der Angeklagte den Gerichtssaal. Foto: Silvio Wyszengrad

    Möglicher Mordversuch auf B17: Ehefrau hat Unfall nur knapp überlebt

    Zwei Polizeibeamte führen Valentin G. in den Gerichtssaal. Der Mann mit der Glatze und der Brille stützt sich beim Gehen auf zwei Krücken ab. Der schwere Unfall, bei dem Ersthelfer damals sagten, es sei überhaupt ein Wunder, dass jemand lebend aus dem völlig deformierten Wrack herauskam, beeinträchtigt ihn offenkundig noch immer. Seine rund 14 Jahre jüngere Ehefrau hatte den Unfall nur knapp überlebt. Raluca G. (Nebenklagevertreter Thomas Reutemann) erlitt unter anderem ein Schädelhirntrauma, eine schwere Wirbelsäulenverletzung und mehrfache Beinbrüche. Die 35-Jährige erscheint nicht zum Prozessauftakt, wird aber noch als Zeugin aussagen. Seit 13 Jahren waren die gebürtigen Rumänen miteinander verheiratet. Zwei Wochen vor dem Unfall, so die Anklage, eröffnete Raluca G. ihrem Mann, sie wolle sich trennen und mit ihrem neuen Lebensgefährten ein neues Leben beginnen. Man suche eine gemeinsame Wohnung. Bei dem neuen Partner handelte es sich ausgerechnet um den direkten Vorgesetzten des Ehepaares.

    Noch am Tag zuvor soll Raluca G. ihrem Mann mitgeteilt haben, dass sie sich scheiden lasse. "Dies wollte der Angeschuldigte nicht zulassen", verliest Staatsanwalt Thomas Junggeburth aus der Anklageschrift. "Er beschloss daher, sie zu töten, wobei er - da ihm sein eigenes Leben ohne seine Frau auch nichts mehr wert war - mindestens in Kauf nahm, selbst zu sterben."

    Mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h von der B17 abgekommen

    Bei einem Tempo von rund 110 sei der Angeklagte auf der B17 von der linken Spur in einem Winkel von rund 45 Grad über die rechte Spur und Standstreifen direkt an den Baum am Straßenrand gefahren. Dabei habe er die Beifahrertür gezielt als Aufprallpunkt gewählt. Seine Frau, davon geht die Staatsanwaltschaft aus, sei arglos gewesen. Denn nach außen habe Valentin G. vorgegeben, die Trennung zu akzeptieren. Der 49-Jährige, der mit Jörg Seubert, Christian Ciurea und Ralf Schönauer gleich drei Verteidiger hinter sich hat, weist die Vorwürfe vollumfänglich zurück.

    So deformiert war das Auto. Ersthelfer sprachen damals von einem Wunder, dass die Insassen diesen schweren Unfall auf der B17 überlebten.
    So deformiert war das Auto. Ersthelfer sprachen damals von einem Wunder, dass die Insassen diesen schweren Unfall auf der B17 überlebten. Foto: Berufsfeuerwehr Augsburg

    "Zu keinem Zeitpunkt hatte er vor, seiner Ehefrau das Leben zu nehmen oder sich selbst in Gefahr zu bringen", verliest Strafverteidiger Ciurea die Erklärung des Mandanten. Richtig sei, dass die Ehefrau Valentin G. die Trennung eröffnet hatte. "Er akzeptierte die Hinwendung zum neuen Lebensgefährten und hat sich mit dem Thema abgefunden." Der Angeklagte habe sich neu orientieren und eine Ausbildung zum Lokführer bei der Deutschen Bahn beginnen wollen. Vorsitzender Richter Roland Christiani will freilich vom Angeklagten genau wissen, was an jenem frühen Morgen auf der B17 passierte. Schließlich habe es keinen technischen Defekt gegeben, keine Schmierstreifen, kein Öl auf der Fahrbahn, einfach nichts. "Eine Aggression gegen den Baum kann es nicht gewesen sein", merkt der

    Der angeklagte Ehemann wirkt ruhig und redet bereitwillig

    Er könne sich an nichts erinnern, sagt Valentin G. Er wirkt ruhig, redet bereitwillig. Er wisse noch, wie sie auf dem Weg zur Arbeit erst beim Bäcker hielten, dann an der Tankstelle, um Zigaretten zu kaufen. Erst im Krankenhaus sei er wieder zu Bewusstsein gekommen. Immer wieder frage er sich wie der Unfall passieren konnte. Er könne nur Vermutungen anstellen. "Entweder wurde mir schlecht oder ich bin eingeschlafen." Er sei zu der Zeit körperlich nicht fit gewesen, habe unter Schlafstörungen gelitten. Seine Mutter sei zwei Monate zuvor gestorben, dann die Geschichte mit seiner Frau, die ihn natürlich nicht kalt gelassen habe. "Ich hatte zehn bis 15 Kilo abgenommen, konnte nicht viel essen, rauchte drei Schachteln

    Das Gericht will sich ein Bild von der Ehe des Paares machen, konfrontiert den Angeklagten mit Einlassungen der Ehefrau. Nein, er habe seine Frau nie geschlagen und nein, es stimme nicht, dass man seit vielen Jahren schon das Bett nicht mehr miteinander geteilt habe, streitet dieser die Vorhaltungen ab. Auch will er beim Telefonat mit seiner Schwiegermutter am Vorabend des Unfalls nicht gesagt haben, dass das Leben ohne seine Frau keinen Sinn mache. "Eine Trennung ist doch nicht das Ende des Lebens", lässt er die Dolmetscherin übersetzen. Der Angeklagte lässt am ersten Prozesstag keine Emotionen erkennen.

    Angeklagter vor Augsburger Landgericht: "Es war ja alles bekannt"

    Dass seine Frau sich an jenem Abend für ein Treffen mit ihrem neuen Partner schick gemacht habe, auch darüber habe er sich gegenüber der Schwiegermutter am Telefon nicht beklagt. "Ein mal mehr oder weniger, war nicht mehr wichtig. Es war ja alles bekannt." Fünf weitere Verhandlungstage, in denen etliche Zeugen und Sachverständige gehört werden, sind in dem Prozess angesetzt. Das Urteil wird wohl Ende März fallen. Am Rande des

    Hören Sie sich dazu auch unsere Podcastfolge über spannende Kriminalfälle in Augsburg an:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden