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Prozess in Augsburg: Kokain unterm Barhocker und eine verschwundene Playstation

Prozess in Augsburg

Kokain unterm Barhocker und eine verschwundene Playstation

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    Die Staatsanwaltschaft Regensburg ermittelt gegen acht Männer, die Kokain verkauft haben sollen. (Symboldbild)
    Die Staatsanwaltschaft Regensburg ermittelt gegen acht Männer, die Kokain verkauft haben sollen. (Symboldbild) Foto: Marcus Brandt/dpa (Symbolfoto)

    „In dubio pro reo“ - „im Zweifel für den Angeklagten“ ist ein uralter Rechtsgrundsatz. Er besagt, dass ein Angeklagter nur dann verurteilt werden kann, wenn seine Schuld zweifelsfrei nachgewiesen ist. Ansonsten ist er freizusprechen. Es gibt Fälle im Alltag des Amtsgerichts, bei denen jemand aufgrund ungewöhnlich widriger Umstände zu Unrecht auf der Anklagebank sitzt. Bei zwei Prozessen vor Strafrichterin Susanne Scheiwiller geht es einmal um eine kleine Metalldose mit Kokain sowie um einen jungen Mann mit intellektuellen Einschränkungen, dem falsche Verdächtigung zur Last gelegt wird. 

    Im Dezember 2023 startete die Polizei mit Durchsuchungsbeschluss zu später Stunde eine Razzia in einer kleinen Bar in Lechhausen. Aus der Kneipe heraus, so der Verdacht, soll mit Kokain gehandelt worden sein. Im Laufe der Aktion entdeckte ein Beamter des Unterstützungskommandos eine kleine Metalldose unter einem Barhocker, auf dem ein 35-jähriger Gast saß, der an einem Geldautomaten spielte. In der Dose, die so groß war wie eine Zigarettenschachtel, befand sich ein Kokaingemisch mit einem Gewicht von 1,57 Gramm. Für den Beamten war klar: Der Mann, der auf dem Hocker saß, muss auch der Besitzer der Dose sein. Der 35-Jährige wurde an Ort und Stelle zum Beschuldigten. Zu einer Vernehmung kam es aufgrund von Sprachproblemen aber nicht. Neben dem Mann auf dem Barhocker war auch ein anderer Gast gestanden. Dessen Personalien hielte die Polizei aber nicht fest. 

    Der 35-Jährige erhielt schließlich einen Strafbefehl wegen Drogenbesitzes über 2800 Euro (70 Tagessätze zu je 40 Euro). Dagegen legte er Einspruch ein, so dass es zum Prozess kam. Der 35-Jährige beteuerte, die Dose mit dem Koks habe nicht ihm gehört. Der Mann, der neben ihm gestanden hatte, ein gewisser „Roby“, sei der wahre Besitzer gewesen. Als die Polizei in die Bar stürmte, habe dieser die Dose schnell fallen gelassen und mit dem Fuß unter seinen Barhocker gekickt. Diese Version, die nicht zu widerlegen war, erschien dem Gericht und der Staatsanwaltschaft glaubhaft. Also Freispruch. 

    23-Jähriger wurde Opfer einer Straftat - und selbst angeklagt

    Eine ungeahnte Wendung nahm der Prozess gegen einen 23-jährigen Mann, der wegen einer starken intellektuellen Beeinträchtigung in einer Wohngruppe lebt. Er hatte im Januar Anzeige bei der Polizei erstattet, weil ihm angeblich die Playstation im Wert von 300 Euro gestohlen worden war. Er nannte auch den Namen eines Verdächtigen. Bei weiteren Vernehmungen verwickelte er sich allerdings in Widersprüche und räumte am Ende ein, dass der Diebstahlsvorwurf erfunden war. Die Folge: Der junge Mann (Verteidiger: Jörg Seubert) wurde der falschen Verdächtigung angeklagt.

    Tatsächlich, wie Zeugenaussagen belegten, war der Angeklagte gleich zweimal Opfer einer Straftat geworden. Er hatte von einem 24-Jährigen Marihuana für 80 Euro gekauft. Weil er nicht sofort bezahlen konnte, hatte der Dealer zusammen mit zwei Kumpel einfach die Playstation mitgenommen. Die Mutter hatte dann die 80 Euro für ihren Sohn bezahlt, die Playstation aber wurde nicht zurückgegeben. Im Gegenteil : Der Dealer war noch einmal mit zwei Männern zu dem 23-Jährigen zurückgekehrt, der dann auf den Boden geworfen, mit einem Messer bedroht und ausgeraubt wurde. Das Trio erbeutete ein Heimkino, ein Handy und mehrere Lautsprecher im Wert von 900 Euro. Bevor die Räuber gingen, drohten sie: „Wir kommen wieder, wenn du was erzählst.“ Inzwischen sitzt der mutmaßliche Haupttäter wegen schweren Raubes, gefährlicher Körperverletzung und Nötigung in Untersuchungshaft. Das Gericht sprach den jungen Mann am Ende vom Vorwurf der falschen Verdächtigung frei.  

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