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Prozess in Augsburg: Haushaltshilfe bestiehlt Seniorin

Prozess in Augsburg

Haushaltshilfe beklaut fast blinde Seniorin um über 30.000 Euro

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    Jahrelang hat eine Haushaltshilfe eine Rentnerin beklaut. Wegen der Diebstahlserie musste sich die Frau nun vor dem Amtsgericht Augsburg verantworten.
    Jahrelang hat eine Haushaltshilfe eine Rentnerin beklaut. Wegen der Diebstahlserie musste sich die Frau nun vor dem Amtsgericht Augsburg verantworten. Foto: Christin Klose, dpa (Symbolbild)

    Die Diebin hatte leichtes Spiel. Als Haushaltshilfe wusste sie, wo der Schlüssel für den Tresor lag. Und das Risiko, entdeckt zu werden, war gleich null. Denn das Opfer war nahezu 100 Jahre alt und fast blind. Mehr als zwei Jahre lang stahl eine 49-jährige Frau aus dem Tresor der alten Dame mindestens einmal pro Woche Geldbeträge, die sich am Ende auf über 30.000 Euro summierten. Der Fall wurde nun vor dem Augsburger Amtsgericht aufgerollt. Wie man auf die Spur der Täterin kam? Es waren die Kinder des Opfers, die irgendwann Verdacht geschöpft hatten.

    Erst im September 2022 kam bei den beiden erwachsenen Kindern der betagten Frau ein Verdacht auf, sie installierten eine Videokamera. Prompt wurde die "gute Seele" des Hauses auf frischer Tat erwischt. Angeklagt und verurteilt wegen insgesamt rund 120 einzelnen Delikten des schweren Diebstahls gestand die 49-Jährige jetzt vor Richterin Sandra Mayer unter Tränen: "Ich schäme mich wahnsinnig dafür." Mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren schrammte sie knapp an einem Knastaufenthalt vorbei.

    Seit 2014 besorgte die Angeklagte den Haushalt der Greisin, die inzwischen im Alter von 98 Jahren gestorben ist. Die nahezu blinde Frau hielt große Stücke auf die 49-Jährige, mochte nach der Entdeckung der dreisten Diebstähle nicht glauben, dass sie von ihr beklaut worden war, wollte unbedingt, dass sie weiterhin für sie arbeitete. 

    Von Haushaltshilfe bestohlen: Der Sohn des Opfers installierte eine Videokamera

    Die Tochter des Opfers, eine 66-jährige Ärztin, schilderte im Zeugenstand, wie es zur Aufdeckung der Diebstahlserie kam. Ihre Mutter, eine frühere Steuerbevollmächtigte, habe stets genauestens Buch geführt über ihre Ausgaben. "Sie hat sogar noch die Kasse vom Bridge-Club geführt." Nachdem die alte Dame zuletzt nahezu erblindet war, prüfte die Tochter die Bankauszüge. "Ich stellte fest, dass relativ oft Beträge über 1000 Euro vom Bankkonto abgehoben worden waren", schilderte sie. Dies sei aber ungewöhnlich gewesen. Also verglich die Tochter die notierten Ausgaben ihrer Mutter mit den abgehobenen Beträgen. Das Ergebnis: Die Abhebungen lagen im Jahr doppelt so hoch wie die Ausgaben der Mutter. Das fehlende Geld musste also aus dem Tresor entnommen worden sein, glaubte die Tochter. Ihr Bruder installierte schließlich eine Videokamera in einem Bilderrahmen gegenüber dem Tresor. Und siehe da: Als die Angeklagte am 16. September 2022 wieder zum Tresor ging, ihn öffnete und aus dem Geldbeutel der alten Dame 300 Euro nahm, wurde sie von der Kamera gefilmt. Zu bestreiten gab es nichts mehr. Die 49-Jährige legte vor der Kripo ein Geständnis ab. 

    So auch jetzt vor Amtsrichterin Sandra Mayer, wo sie weinend zuhörte, wie Staatsanwältin Verena Dorn-Haag die Anklageschrift verlas. Verteidigerin Heike Brümmer nannte als Motiv die desolate wirtschaftliche Lage ihrer Mandantin, die das gestohlene Geld für den normalen Lebensunterhalt ausgegeben habe. "Sie hat sich damit keinen Luxus geleistet." Nach der Entdeckung der Diebstahlserie hatte die Angeklagte dem Opfer angeboten, den Schaden abzuarbeiten, indem sie auf Lohn verzichte, was aber scheiterte. 

    Augsburger Staatsanwältin über Täterin: "Hohe kriminelle Energie"

    Staatsanwältin Dorn-Haag forderte am Ende eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Die Angeklagte habe "mit hoher krimineller Energie das absolut bedingungslose Vertrauen" der alten Dame ausgenutzt. Verteidigerin Heike Brümmer dagegen hielt eine Bewährungsstrafe von 18 Monaten für angemessen. Richterin Sandra Mayer beließ es bei der höchstmöglichen Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Allerdings muss die verurteilte Frau 500 Stunden Sozialarbeit ableisten – für das Amtsgericht wohl eine Rekordzahl. 

    Das Gericht verzichtete angesichts der schlechten finanziellen Lage der Angeklagten auf Wertersatz, also die gesetzliche Rückzahlung der Beute. Die Angehörigen können dies allerdings auch zivilrechtlich einfordern. Richterin Mayer merkte an, dass man der Angeklagten "gerade noch mit einem zugedrückten Auge" Bewährung geben könne. Die 49-Jährige habe eine hilf- und wehrlose alte Frau bis aufs Letzte ausgenutzt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

    Hören Sie sich dazu auch unsere Podcastfolge über spannende Kriminalfälle in Augsburg an:

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