Am Gablinger Weg in Oberhausen wähnt man sich in einer anderen Welt. Die geschotterte Straße führt vorbei an einzelnen Wohnhäusern, es gibt eine Gärtnerei und vor allem viel Natur. Wüsste man nicht, dass man gerade mitten in Oberhausen ist, könnte die kleine Siedlung auch irgendwo auf dem Land sein. Doch die Bewohner dort sind verzweifelt. Gerade haben sie erfahren, dass bei einigen von ihnen die Ausbaustrecke der Bahn Augsburg-Ulm mitten durch die Wohnzimmer führen könnte. Drei Häuser müssten wohl weichen, die Gärtnerei würde massiv beschnitten und auch die anderen Bewohner müssten zumindest starke Einschränkungen ihrer Lebensqualität hinnehmen, wenn die Bahn ihre Wünsche so umsetzen kann.
„Das Haus haben meine Urgroßeltern in den 30er-Jahren gebaut und ich bin hier aufgewachsen“, erzählt Silvia Rölz. Ihr Wohnhaus liegt etwas vertieft in einer Kuhle, weshalb man hier selbst auf der Terrasse nicht den Lärm der in der Nähe vorbeiführenden Züge hört. Dass ihr Haus wohl abgerissen werden müsste, wenn die Bahntrasse kommt, hat sie aus der Zeitung erfahren. „Ich habe den Artikel in der Augsburger Allgemeinen über die Proteste im Bärenkeller gelesen und dann die interaktive Karte der Bahn geöffnet“, berichtet sie. „Der Zug fährt quer durch unser Grundstück“, sagt sie erschüttert. „Ich habe erst mal einen Schnaps getrunken und dann nur noch geheult.“
„Wir verlieren alles, was wir unser Leben lang aufgebaut haben“, sagt ihr Nachbar Peter Rößner. Auf seinem Grundstück müssten sogar zwei Wohnhäuser weichen – seines und das seiner Tochter. „Auch unser Lagerhaus und die große Garage werden weggerissen, wenn die Pläne so kommen“, meint der Anwohner. „Ich bin hier geboren, lebe schon immer hier – es geht doch nicht nur um ein Haus, sondern um unser Leben“, ergänzt seine Tochter Jenny Rößner. „Heimat kann man nicht mit Geld aufwiegen.“
Bahnstrecke Augsburg-Ulm: Nicht mit den Anwohnern gesprochen
Silvia Rölz ist vor allem empört, dass zu keinem Zeitpunkt mit ihr oder den Nachbarn gesprochen worden sei. „Viele der Nachbarn haben erst heute durch mich von dem Projekt erfahren. Niemand ist auf uns zugekommen, niemand hat uns informiert“, sagt sie verbittert. Sie habe große Angst, in der Obdachlosigkeit zu enden. „So ein Paradies werde ich jedenfalls nicht mehr bekommen“, ist sie sich sicher. „Die kommen einfach und machen alles kaputt – und wir werden vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Ein weiterer Nachbar wird noch deutlicher: „Ich habe eine Sauwut im Bauch“, meint Walter Bolkert. Vor zehn Jahren hätten alle Anwohner hier für 20.000 Euro eigene Kläranlagen in ihre Grundstücke einbauen müssen. „Und das soll jetzt alles für die Katz gewesen sein?“, ereifert er sich.
Auch die Gärtnerei Schlegel in der Nachbarschaft liegt auf der geplanten Bahnstrecke. „Unsere landwirtschaftliche Kulturfläche gibt es an diesem Ort seit über hundert Jahren“, sagt Gärtnerin Andrea Schlegel-Keller. Sie selbst betreibt den Familienbetrieb zusammen mit ihrem Mann seit 2005. „Unser Wohnhaus wäre nicht betroffen, aber ein großer Teil unseres Betriebes. Zwischen 1000 und 3000 Quadratmeter Fläche würden wohl von der Bahn vereinnahmt – ein Viertel ihrer Gärtnerei. Und natürlich würden dann die Züge mitten durch ihre Anpflanzungen fahren. „Ob ich den Betrieb mit einer derart verkleinerten Fläche noch wirtschaftlich führen kann, weiß ist nicht“, sorgt sie sich.
Auch ein Biotop mit fast ausgestorbenen Wechselkröten wäre wohl betroffen
Am Rand der Gärtnerei liegt ein großes Biotop. „Das hat die Stadt vor einigen Jahren für viel Geld angelegt, unter anderem, um die fast ausgestorbene Wechselkröte hier anzusiedeln“, erinnert sich Schlegel. Sie zeigt auf einige kleine Wasserflächen, aus denen mehrere Tiere den Kopf strecken und davonspringen, als sich Menschen ihrem Tümpel nähern. Mittlerweile hätten sich weitere Tiere, wie beispielsweise geschützte Rauchschwalben, hier angesiedelt. „Es gibt Reiher, Rotmilane und Raubvögel.“ Auch durch dieses Biotop würden wohl die Schienen gelegt, lässt die Karte der Bahn vermuten. „Ich dachte immer, der Naturschutz würde bei solchen Bauvorhaben geprüft?“, wundert sich die Gärtnerin.
Die Anwohner fordern jetzt erst einmal Informationen. „Werden wir enteignet oder was geschieht mit uns“, will Andrea Schlegel-Keller wissen. Außer dem groben Plan im Internet gebe es ja nichts. „Wir brauchen schnellstmöglich eine Info-Veranstaltung, vernünftige Pläne und einen festen Ansprechpartner“, sagt sie und erntet dafür heftiges Kopfnicken von den Anwohnern.
Diesen Artikel finde ich schwierig, da er sich nur einseitig mit der Sicht der Anwohner beschäftigt. Journalistische Sorgfalt würde auch die andere Seite zur Sprache kommen lassen. Es ist auch verwunderlich, dass sich jemand in dem Artikel zitieren lässt, dass er vom Bahnprojekt Ulm-Augsburg noch nichts mitbekommen habe. Darüber wird schließlich seit Jahren öffentlich diskutiert und berichtet. Auch ist es nicht korrekt, dass es keine Möglichkeit gegeben hätte, sich einzubringen. Die Info- und Dialogoffensive der DB InFrago war beispielgebend. Dass am Ende ein Ergebnis stehen kann/muss, dass nicht allen passen kann, liegt vermutlich auf der Hand. Nun gilt es, diese Konflikte soweit es geht aufzulösen: Da sind alle Beteiligten gefragt. Und auch die Presse, mit einer ausgewogenen Berichterstattung. Nicht zu vergessen, dass der Herr des Verfahrens der Bund ist. Dieser muss sich nun positionieren und auf Betroffene zugehen.
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