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Maxstraße Augsburg - Krawall & Ausschreitungen: Wie kann so etwas passieren?

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Krawall in der Augsburger Maxstraße: Wie kann so etwas passieren?

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    Samstagnacht musste die Maximilianstraße geräumt werden. Alkohol und Drogen erhöhen die Gewaltbereitschaft, weiß Prof. Alkomiet Hasan, Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses.
    Samstagnacht musste die Maximilianstraße geräumt werden. Alkohol und Drogen erhöhen die Gewaltbereitschaft, weiß Prof. Alkomiet Hasan, Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses. Foto: Andreas Herz, dpa

    Die Krawallnacht in der Maximilianstraße lässt viele Menschen sprachlos zurück. Wie konnte die ausgelassene Feierstimmung nur so hochkochen und warum wurden Polizei und Einsatzkräfte angegriffen? Das sind Fragen, die viele beschäftigen. Prof. Alkomiet Hasan, Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses Augsburg (BKH), weiß, dass viele junge Menschen unter Druck stehen und Frust verspüren. "Doch diese Gewaltbereitschaft rechtfertigt das natürlich nicht", sagt er.

    An diesem Wochenende, als die Maximilianstraße geräumt wurde, erlebte das Bezirkskrankenhaus das ruhigste Wochenende seit Monaten. "Vielleicht lag es am Fußball", mutmaßt Hasan, denn normalerweise habe das BKH einen sehr "hohen Aufnahmedruck". Gerade in den Monaten der Corona-Pandemie würden viele Patienten nach übermäßigem Alkohol- oder Drogenkonsum aufgenommen. "Das sind aber alles Menschen mit bekannten Suchterkrankungen. Dabei handelt es sich nicht um die jungen Leute, die am Samstag die Maximilianstraße besucht haben", sagt er. Doch auch an diesem Abend dürften Alkohol und

    Alkohol sei ein Brandbeschleuniger, so der Ärztliche Direktor. "Die Diskotheken sind zu. Die jungen Menschen kaufen sich günstigen Alkohol und konsumieren teils eine unkontrollierte Menge davon. Das steigert die Gewaltbereitschaft." Er sei am Wochenende in München gewesen, wo Tausende junge Menschen friedlich an der Isar feierten, es aber in der Türkenstraße in der Maxvorstadt zu Krawallen und einer anschließenden Räumung kam. "Dabei handelt es sich um eine frustrierte Sub-Gruppe", sagt er. Frust sei in Gesprächen mit jungen Menschen im BKH ein großes Thema. "Angststörungen, Perspektivlosigkeit und eine fehlende Tagesstruktur werden beklagt. Das rechtfertigt das Verhalten natürlich nicht", betont Hasan. Die Verbote würden zu einer kurzfristigen Verbesserung führen. Letztlich werde das Problem allerdings nur verlagert.

    Nach Krawallnacht: Verbote oder alternative Angebote für junge Menschen?

    Die Stadt Augsburg hat mit einer Reihe von Maßnahmen auf die Krawallnacht reagiert: Der Verkauf von Alkohol zum Mitnehmen wird in der Innenstadt bereits ab 20 Uhr gestoppt, ab 20 Uhr wird auch der Alkoholkonsum in der Innenstadt außerhalb der bewirteten Flächen vor Lokalen verboten. Für den Psychologen Rüdiger Maas, der in Augsburg das Institut für Generationenforschung betreibt, bringen diese Verbote nichts. "Es müssten stattdessen Angebote geschaffen werden, etwa in den Parks der Stadt. Die verschiedenen Gruppen müssten entzerrt werden", sagt er. Seit über einem Jahr wären junge Menschen von der Politik kaum berücksichtigt worden, nun setze es Verbote. "Da sieht man, dass in der

    Mit juristischen Methoden werde nun ein Signal gesetzt, um auch die Bürgerschaft zu beruhigen. Dabei würden Verbote in seinen Augen wenig helfen. "Dieses Phänomen kann man in mehreren Städten, wie in Stuttgart beobachten, wo Jugendliche randalierten. Auch dort gab es keine Alternativen und Angebote", so Maas.

    Explosive Mischung führte zu Krawallen am Augsburger Herkulesbrunnen

    Für ihn ist Samstagnacht vieles zusammengekommen. Der Sieg der deutschen Nationalmannschaft habe sich auf viele Menschen euphorisierend ausgewirkt, nachdem das erste Spiel der Nationalelf nicht so gut lief. Die Lockerungen von Corona-Regeln und das gute Wetter hätten ihr übriges getan. So wären an diesem Samstag am Herkulesbrunnen viele Leute zusammengekommen, die sonst nicht aufeinander treffen würden. Eine unberechenbare Mischung: Das könne zu Dynamiken führen, die sich schnell entladen. Für den Psychologen kam diese Entwicklung wenig überraschend.

    Bereits am Wochenende zuvor hatte sich diese Gemengelage angedeutet. Umfragen seines Instituts hätten ergeben, dass sich die jungen Menschen im vergangenen Jahr sehr an die vorgegebenen Corona-Maßnahmen gehalten hätten. Nun würden sie nach den Lockerungen wieder losgelassen - das habe in der Maximilianstraße zu einer Konstellation geführt, die sich zugespitzt habe. "Das ist ein Lawineneffekt. Ein paar Hundert Jugendliche hauen ab, ein paar Hundert machen mit", erklärt er. Das bedeute aber nicht, dass die Jugend radikaler würde.

    Augsburger Polizei sieht bedenkliche Entwicklung bei Angriffen auf Beamte

    Dennoch stellt die Augsburger Polizei eine Veränderung fest. So habe es in gewisser Weise schon immer Solidarisierungen im Zusammenhang mit polizeilichen Maßnahmen gegeben, so Polizeisprecher Michael Jakob. In aller Regel würden derartige Solidarisierungen auftreten, wenn sich Außenstehende mit einem Freund, Verwandten oder Bekannten, gegen den Polizeibeamte eine Maßnahme trafen, solidarisch erklären wollten. "Gerade am letzten Wochenende war jedoch zu erkennen, dass sich eine Vielzahl offenbar fremder Personen ohne Kenntnis des zugrunde liegenden Sachverhalts solidarisierten und massive Straftaten begingen", so Jakob. Das Ziel war es augenscheinlich auch nicht, eine konkrete Maßnahme der Polizei gegen bestimmte Personen zu verhindern, sondern in der Gruppendynamik - beispielsweise durch Flaschenwürfe - Einsatzkräfte anzugreifen. "Dies kann man durchaus als bedenkliche Entwicklung bezeichnen", sagt der Sprecher der Polizei.

    Über die Probleme in der Maximilianstraße sprechen wir auch in der aktuellen Folge des Podcasts "Augsburg, meine Stadt". Hier können Sie das Gespräch anhören.

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