Die zerstrittene Augsburger CSU steht unmittelbar vor der nächsten Belastungsprobe: Die Gründung des Vereins „Zukunft Augsburg“, in dem sich Bürgermeister Hermann Weber und Stadträte engagieren, stößt beim Parteivorstand auf heftigen Widerstand. Alles läuft die nächste Konfrontation hinaus. Was der Parteivorstand vom Verein „ Zukunft Augsburg“ hält, der die Arbeit von Oberbürgermeister Kurt Gribl und der Stadtregierung unterstützt, hat er in einem Beschluss verkündet.
Gefasst wurde der Beschluss am Freitagabend bei einer Sondersitzung. Darin heißt es in Richtung der Mandatsträger aus der CSU, die sich bei „Zukunft Augsburg“ einbringen: „Dieser Verein kann nicht für sich beanspruchen, für die Inhalte und Arbeit der CSU zu sprechen, da er ohne jegliche Legitimation durch die CSU und deren Gremien gegründet werden soll. Die CSU kann, auch wegen der erlebten leidvollen Erfahrung der Trennung zwischen CSU und CSM, das aktive Betreiben einer Abspaltung oder Trennung von Partei und Fraktion sowie den Aufbau einer Parallelstruktur nicht dulden. Wer die Einheit und Geschlossenheit der CSU sowie den politischen Erfolg der Stadtregierung und der Fraktion möchte, kann als Mandatsträger nicht Mitglied in diesem Verein werden. Wir wehren uns gegen die Anfänge. Der Bezirksvorstand fordert die Initiatoren aus den Reihen der CSU auf, von der geplanten Gründung des Vereins Abstand zu nehmen. Der Bezirksvorstand bietet den Initiatoren an, sich im bestehenden Arbeitskreis „Quo vadis Augsburg“ des Bezirksverbands aktiv einzubringen.
Die jüngsten Querelen der CSU in Augsburg
Es gibt keinen anderen Politiker, der die Augsburger CSU in den vergangenen Jahren so polarisiert hat wie Tobias Schley.
Seine Eskapaden spielten sich oft abseits der Politik ab – mal auf der Wiesn, mal auf dem Plärrer. Mehrmals ging es um Beleidigungen von Parteimitgliedern. All das konnte seine Karriere nicht bremsen, sorgte allerdings parteiintern für hohen Gesprächsbedarf.
Als die CSU im Sommer 2007 ihre Liste für die Kommunalwahl aufstellte, gab es wegen Schley eine Sondersitzung. Ihm wurde das Vertrauen ausgesprochen. Auslöser war ein Streit mit einer Bedienung auf der Wiesn 2005.
Tobias Schley war eine der Hauptfiguren in einer bis dato größten Krisen der Augsburger CSU.
Schley sollte aufgrund seines umstrittenen Stils als Vorsitzender des CSU-Kreisverbandes West abgelöst werden, konnte sich mit Hilfe einer fragwürdigen Delegiertenwahl jedoch im Amt halten.
Auftritte von Schley in Bierzelten waren nicht nur einmal Thema für die CSU.
Juristisch aufgearbeitet wurde dagegen Anfang 2011 eine Auseinandersetzung zwischen Schley und CSU-Mitglied Thomas Schrank. Der fühlte sich beleidigt, weil Schley ihn beim Osterplärrer 2010 als „Hakennase“ bezeichnet habe.
Im Juli war 2011 war Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer als Krisenmanager gefragt: Mehrfach führte ihn der Weg nach Augsburg, um in seiner Funktion als Parteichef die zerstrittenen Lager in der Augsburger CSU zur Räson zu rufen.
Trotzdem musste der Bundestagsabgeordnete Christian Ruck, Schleys Gegenspieler, seinen Posten als CSU-Bezirksvorsitzender räumen.
Seinen Posten übernahm der Landtagsabgeordnete Johannes Hintersberger.
Anfang September 2011 dann der nächste Eklat:
Schley schrieb Johannes Thoben eine Mail. Thobens ehemaliges Lokal wird nun von Ilir Seferi, Gastronom aus dem Kosovo betrieben.
Im Internet-Netzwerk Facebook kündigte er die Wiedereröffnung des Lokals als „Dreischwabenküche – Zum Weißen Hasen“ an. Das schmeckte Schley offenbar nicht. In einer Mail an Thoben schrieb er wörtlich: „Mir ist richtig schlecht!!! So viele Fehler in einer Einladung ohne Stil!! Armes Deutschland!!“
Seferi las das mit Entsetzen. Seine Familie betreibt die Zeughausstuben in der Innenstadt, den Ochsen in Göggingen und den Haunstetter Hof und – seit kurzem – das Mark’s.
Seferi erteilte dem CSU-Politiker vier Mal Lokalverbot.
Schley sagt dazu: „Mir Ausländerfeindlichkeit zu unterstellen, weise ich entschieden zurück.“ Es habe sich zudem um eine „rein privat gemachte Äußerung“ gehandelt.
Augsburgs 2. Bürgermeister Hermann Weber sowie von den Stadträten Claudia Eberle, Dimitrios Tsantilas und Uschi Reiner schrieben daraufhin einen Brandbrief gegen Schley: "Wir schämen uns wegen solcher CSU-Repräsentanten."
Die Vier schrieben, sie hätten für das Auftreten eines „unverbesserlichen Aggressors kein Verständnis mehr“.
Daraufhin schoss Stadtrat Schley zurück und behielt sich rechtliche Schritte gegen die vier CSU-Kollegen vor.
Nächster Akt: Die Stadträte Michael Gierl und Leo Dietz legten sich mit den Unterzeichnern des „Offenen Briefes“ an, in dem unter anderem Bürgermeister Hermann Weber das Agieren von Stadtrat Tobias Schley massiv angeprangert hatte.
Gierl und Dietz klagten, mit dem Begriff "Aggressor" werde eine Grenze überschritten, hin zu persönlichen Bloßstellung und Beleidigung.
Am 26. September 2011 wollen CSU-Parteimitglieder einen eigenen Verein "Zukunft Augsburg" gründen.
Wer zu den Akteuren neben Hermann Weber und den Stadträten Claudia Eberle, Margarete Rohrhirsch-Schmid und Dimitrios Tsantilas gehören könnte, ist noch unklar.
Alteingesessene Augsburger fühlen sich an die Zeit vor rund 30 Jahren erinnert. Damals hatte sich die Christlich-Soziale Mitte (CSM) von der CSU abgespalten und über Jahre mit der SPD koaliert. Die CSU war in der Bedeutungslosigkeit verschwunden.
Weiteren Zündstoff liefert Hermann Weber mit einem Brief, in dem er Parteichef Hintersberger ankündigte, dass er seine Abgaben an die Partei reduzieren und einfrieren werde.
Auch Claudia Eberle und Dimitrios Tsantilas führten einen Teil ihrer monatlichen Abgaben nicht mehr an die Partei ab, sondern überwiesen ihn auf ein Treuhandkonto.
In der Fraktion wird derzeit auch weiterhin gerätselt, wie ernsthaft Kränzle die Übergabe des Stabwechsels vorbereitet. Vereinbart war, dass es im Frühjahr 2012 die Neuwahl des Fraktionsvorstands geben werde.
Ende September fand in Augsburg eine Krisensitzung des CSU-Bezirskvorstands statt.
Dieser Arbeitskreis soll zukünftig auch Nicht-Mitgliedern offen stehen und eine Diskussionsplattform über die zukünftige Entwicklung unserer Stadt bieten.“ Bürgermeister Hermann Weber hat bekräftigt, dass er sich durch die Forderung des Vorstands nicht abhalten lasse, den neuen Verein auf den Weg zu bringen: „Es bleibt dabei, der Verein „ Zukunft Augsburg“ kommt. Aber ich arbeite auch gerne beim Arbeitskreis „Quo vadis Augsburg“ mit. Das eine schließt das andere nicht aus.“
Verein "Zukunft Augsburg" soll am Montag gegründet werden
Welche Konsequenzen die aktive Mitarbeit im Verein für Weber sowie die Stadträte Claudia Eberle, Uschi Reiner und Dimitrios Tsantilas, die ebenfalls mitmachen wollen, parteiintern haben könnte, ist offen. Dem Vernehmen nach ist im Vorstand noch keine Entscheidung gefallen. Es wird offenbar zunächst abgewartet, was am Montagabend passiert. An diesem Tag soll der Verein gegründet werden.
Es ist eine geschlossene Runde, in der sich nach Auskunft der Initiatoren CSU-Mitglieder, Mandatsträger aber auch Vertreter aus der Wirtschaft treffen werden. Der designierte Vorsitzende Wilhelm Böld, CSU-Mitglied aus Pfersee, spricht von einer großen Resonanz. Spannend dürfte es dann auch am Dienstagabend werden. Dann tagt die CSU-Stadtratsfraktion. Sie will die Querelen, die die Fraktion an den Rand einer Spaltung gebracht haben, intern aufarbeiten. In der vergangenen Woche war die Aussprache vertagt worden, da Stadtrat und Parteichef Johannes Hintersberger entschuldigt fehlte.