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Letzte „Heilige Nacht“ in Augsburg: Das Ende einer Adventstradition

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40 Jahre Adventstradition für den guten Zweck: Bernhard Wulfs letzter Akt

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    Bernhard Wulf mit Erinnerungen in seinem Esszimmer: Am 24. Dezember wird der Augsburger 80 Jahre alt. Einen Tag zuvor wird er in der Stadtpfarrkirche St. Franziskus seine letzte Benefiz-Adventsveranstaltung geben.
    Bernhard Wulf mit Erinnerungen in seinem Esszimmer: Am 24. Dezember wird der Augsburger 80 Jahre alt. Einen Tag zuvor wird er in der Stadtpfarrkirche St. Franziskus seine letzte Benefiz-Adventsveranstaltung geben. Foto: Marcus Merk

    Der Advent war für Bernhard Wulf schon immer eine besondere Zeit. Nicht nur dass er an Heiligabend Geburtstag hat. Seit 40 Jahren organisiert der Augsburger eine Benefiz-Veranstaltung am 23. Dezember. Mit seiner Musikgruppe, den Schmuttertaler Musikanten, bringt er Ludwig Thomas „Heilige Nacht“, die Weihnachtsgeschichte in bayerischer Mundart, in Augsburgs Kirchen. Mehr als 40.000 Euro wurden so in den Jahren eingespielt und für den guten Zweck gespendet. Dieser Advent ist für Bernhard Wulf noch besonderer. Denn es wird seine letzte Benefiz-Veranstaltung sein.

    Eigentlich möchte Bernhard Wulf darüber noch gar nicht sprechen. Abschiede mag er nicht besonders. „Aber irgendwann wird‘s halt mal Zeit“, sagt er, während er in seinem Esszimmer alte Programmhefte und Plakate sortiert. Wulf, der in Niederbayern aufgewachsen ist, wird am 24. Dezember 80 Jahre alt. Das sei auch so eine Tradition, erzählt er: „Nach dem Konzert in der Kirche am 23. Dezember sind wir immer noch beieinander gesessen, haben im Wirtshaus weitermusiziert und in meinen Geburtstag gefeiert.“ Daran erinnert er sich gerne. Und scherzt, dass seine Freunde zum Familienfest an Heiligabend nicht immer fit gewesen seien.

    Ein Bild von Bernhard Wulf aus früheren Tagen. Noch heute, mit fast 80, greift er gerne und oft zur Gitarre.
    Ein Bild von Bernhard Wulf aus früheren Tagen. Noch heute, mit fast 80, greift er gerne und oft zur Gitarre. Foto: Sammlung Wulf

    Schmuttertaler Sänger: Erst der Fußball, dann die Musik

    Freundschaft, Kameradschaft, das war Wulf schon immer wichtig. Ohne würde es seine Schmuttertaler nicht geben. Eigentlich war da zuerst der Fußball, dann die Musik. Wenn sich Bernhard Wulf an die 60er Jahre erinnert, lächelt er. Immer sonntags traf er sich mit seinen Freunden „zum Bolzen“ am Fuße des Bismarckturms. „Bolzen bedeutete Schweiß, Schweiß bedeutete Durst, Durst bedeutete Wirtshaus“, erzählt der Augsburger. Dabei stellte sich heraus, dass ein Teil der Sportler „auch einigermaßen gut“ singen konnte, insbesondere was Volks- und Wanderlieder betraf. Anfang der 70er Jahre etablierte sich offiziell eine vierstimmige Gesangsgruppe, die „Schmuttertaler Sänger“, eine Untergruppe der Schmuttertaler Musikanten, die auch als Bläser- und Stubenmusik-Gruppe aktiv ist.

    Am liebsten waren den Schmuttertalern immer die Wirtshausabende, erzählt Mitbegründer Wulf. Jeden Samstag hat die Gruppe in wechselnder Besetzung, mal nur zu dritt, mal zu acht, gespielt. „Die Gäste, die in Ruhe essen und das nicht hören wollten, haben wir dann einfach mit Musik überstimmt“, erzählt der 79-Jährige. Proben? Er lacht: „Geprobt haben wir im Wirtshaus.“ Wulf ist ein Mann für den direkten Kontakt, für die Begegnung, die spontane Eingebung. Das merkt man ihm auch heute noch an, wenn er in seinem Esszimmer plötzlich zur Gitarre greift und loslegt.

    Es folgten Fernsehauftritte und Konzerte in ganz Europa

    „Natürlich haben wir auch eine professionelle Seite“, sagt Wulf. Die Schmuttertaler Sänger und Musikanten begleiteten in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur viele Vereins- und Familienfeste oder Gottesdienste, sie wurden vom Bayerischen Rundfunk auch zu Hörfunk- und Fernsehaufnahmen eingeladen und von der Bayerischen Staatsregierung als Repräsentanten der Volksmusik unter anderem nach Slowenien, Kroatien oder Polen geschickt. An die vielen internationalen Auftritte erinnert sich Wulf gerne. Nicht mehr an alle, wirft er ein. Zu viele seien es gewesen.

    Bernhard Wulf (rechts) mit seinen Schmuttertalern bei Aufnahmen für den Bayerischen Rundfunk.
    Bernhard Wulf (rechts) mit seinen Schmuttertalern bei Aufnahmen für den Bayerischen Rundfunk. Foto: Sammlung Wulf

    Wulf ist Autodidakt. Und einer, der einfach macht. Komponieren etwa, am liebsten Stücke, die in altbairischer oder schwäbischer Mundart zum Besten gegeben werden. Oder Singen und Blockflöte, Gitarre, Klarinette spielen: Unterricht sei nicht so das Seine, meint Wulf. Und muss dabei schmunzeln. Schließlich hat er 36 Jahre lang am Gymnasium bei St. Anna in Augsburg Biologie und Chemie unterrichtet. Vielleicht habe er das, das freie Spielen, das Spontane, von seinem Vater, sinniert Wulf. Der habe zuhause oft gespielt. Und dem Sohn seine erste Gitarre gekauft.

    „Wollen Sie Berta mal sehen?“, fragt der 79-Jährige unvermittelt. Wenige Minuten später kehrt er zurück mit einer Gitarre. Seit 1963, seit einem Italienurlaub, sei das Instrument an seiner Seite. Er habe noch drei weitere – neuere, namenlose – Gitarren, aber Berta sei eben Berta: „Meine Frau sagt immer, die kommt mal mit ins Grab.“ Wulf erzählt das mit einem Lächeln, in dem viele Erinnerungen stecken, und streicht über die Saiten.

    Letzte „Heilige Nacht“ mit Bernhard Wulf in St. Franziskus

    Die Schmuttertaler werden am 23. Dezember ein letztes Mal die „Heilige Nacht“ in der Stadtpfarrkirche St. Franziskus in der Firnhaberau zum Besten geben. Wulf liest traditionell das Stück von Ludwig Thoma, bei dem Text und Musik gleichberechtigt nebeneinander stehen. Und wenn man Gästen, die seit vielen Jahren zuhören, glauben mag, dann so gut wie kein Zweiter.

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