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Werk der Woche: Als am Hof der Medici die Musik das Schauspiel überflügelte

Werk der Woche

Als am Hof der Medici die Musik das Schauspiel überflügelte

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    Bühnenbild zum dritten Intermedium von "La Pellegrina": Der Kampf Apollons mit dem Drachen Python.
    Bühnenbild zum dritten Intermedium von "La Pellegrina": Der Kampf Apollons mit dem Drachen Python. Foto: Wikipedia

    Von Bildender Kunst über Musik bis Literatur: In unserer Serie "Werk der Woche" stellen wir wöchentlich in loser Folge ein Kunstwerk mit regionalem Bezug vor, das die Begegnung lohnt.

    Fürstenhochzeiten sind auch in heutiger Zeit Garanten für prunkvolle Inszenierung, wie anders würden sie ein weltweit ein Zig-Millionen-Publikum vor die Bildschirme locken. Aber schon in früheren Jahrhunderten sparten potente Höfe an nichts, wenn es darum ging, die Verbindung hochmögender Fürstengeschlechter zu feiern. Als Ferdinando I. de' Medici mit Christine von Lothringen 1589 den Ehebund besiegelte, feierte man die Hochzeit in Florenz nicht nur mit Banketten, Turnieren, Umzügen und einer fiktiven Seeschlacht, sondern auch mit Theater und Musik – darunter die aufwendigsten Intermedien, die die Welt je sah.

    Intermedien: Das waren in der Renaissance musikalische Zwischenspiele, die man bei Aufführungen dramatischer Werke zwischen die einzelnen Akte schob. Die eigens komponierten Intermedien, die Gesang und szenische Darstellung mit einschlossen, sollten für Abwechslung sorgen und taten das im Lauf des 16. Jahrhunderts so gut, dass sie die eigentlich im Zentrum stehenden Schauspiele am Ende überflügelten in der Gunst des Publikums. In Florenz ging man am innovativsten vor, was nicht zuletzt daran lag, dass die Medici die nötigen Mittel dafür bereitstellten.

    Ein Spezialisten-Ensemble um Joel Frederiksen

    Nun soll die berühmteste Folge dieser Intermedien, jene sechs zu Girolamo Bargaglis Komödie "La Pellegrina", die im Zuge der besagten Florentiner Fürstenhochzeit von 1589 aufgeführt wurde, in einer zeitgemäßen Einstudierung neu erstehen. Das auf Alte Musik spezialisierte Münchner Ensemble Phoenix um den Sänger und Lautenisten Joel Frederiksen ist in diesen Tagen dabei, die "Pellegrina"-Intermedien in Augsburg einzustudieren und sie hier am Donnerstag, 13. Oktober, erstmals öffentlich zu präsentieren.

    Der Rang der Intermedien zu "La Pellegrina" beruht vor allem darauf, dass die erste Garde der Florentiner Komponisten jener Zeit für die Musik verpflichtet war. Giulio Caccini, Jacopo Peri und Emilio de' Cavalieri gehörten ebenso dazu wie Giovanni de' Bardi, Cristofano Malvezzi und Luca Marenzio. Auch die Libretti stammten von Meistern ihres Fachs, überwiegend dichtete sie Ottavio Rinuccini. Die Sujets waren keineswegs an die "Pellegrina"-Handlung gebunden, durchwegs jedoch handelte es sich um mythologisch-allegorische Stoffe der Antike. Als thematische Klammer diente bei den Intermedien von 1589 nur, dass in ihnen die Macht der Musik gefeiert wird.

    Die Musik selbst ist prunkvoll und ausgesprochen vielfältig. Mehrchörige Madrigale sind ebenso anzutreffen wie Sologesänge im gerade aufgekommenen monodischen Stil, zudem gibt es rein instrumentale Orchesterstücke sowie Ballettmusik. Nicht weniger farbenreich ist das Instrumentarium dieser Stücke.

    Die Hochzeit von Ferdinando I. de' Medici mit Christine von Lothringen im Jahr 1589. Der später angefertigte Stich stammt von Jacques Callot.
    Die Hochzeit von Ferdinando I. de' Medici mit Christine von Lothringen im Jahr 1589. Der später angefertigte Stich stammt von Jacques Callot. Foto: Wikipedia

    Es kommt nicht von ungefähr, dass sich in den Florentiner Intermedien von 1589 Namen finden, die Musikliebhaber auch aus anderem Zusammenhang kennen: Nur wenige Jahre nach der erstmaligen Aufführung von "La Pellegrina" schufen Giulio Caccini und Jacopo Peri, noch dazu auf Libretti von Rinuccini, die allerersten Opern ("Dafne" 1598, "Euridice" 1602). Der Weg zur Alleinstellung der Intermedien, hin zu dem, was heute die Gattung Oper kennzeichnet, hatte sich bereits abgezeichnet.

    Für die aktuelle Neueinstudierung der sechs Intermedien hat Joel Frederiksen eine hochkarätige Riege von internationalen Interpreten zusammengerufen, die allesamt Spezialisten für die Musik jener Zeit sind. Allein das Vokalensemble, das vielfach auch instrumentale Aufgaben übernimmt, umfasst nicht weniger als 16 Sängerinnen und Sänger (darunter auch Stefan Steinemann, Leiter der Augsburger Domsingknaben), und nicht weniger üppig ist das Orchester besetzt. Auch Tänzer sind mit von der Partie, überhaupt enthält "La Pellegrina" anno 2022 auch szenische, durchaus zeitgenössische Elemente – als Reenactment will die Produktion sich nicht verstanden wissen, was angesichts der Dimensionen der Fürstenhochzeit von 1589 auch ein Ding der Unmöglichkeit wäre.

    Seit Sonntag probt das Ensemble im Kongress am Park, die Premiere in Augsburg findet jedoch im Goldenen Saal des Rathauses statt (13. Oktober, 20 Uhr) – die Intermedien einer Fürstenhochzeit brauchen nun mal eine repräsentative Umgebung. Das gilt auch für die Aufführungen in München am 14. Oktober (Antiquarium der Residenz) sowie am 15. Oktober im Stuttgarter Wilhelma Theater.

    Infos und Karten: ensemble-phoenix.com

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