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„Water and Sound“-Festival Augsburg: Musik vereint Kulturen

Augsburg

Auftakt beim „Water and Sound“-Festival: La Sonora Mazuren rocken Augsburg

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    La Sonora Mazurén, ein Septett aus Bogotá mixt traditionell südamerikanische Musik mit Indierock – und verzückt damit Ohren und bewegt Beine.
    La Sonora Mazurén, ein Septett aus Bogotá mixt traditionell südamerikanische Musik mit Indierock – und verzückt damit Ohren und bewegt Beine. Foto: Anna Kondratenko

    Irgendjemand schrieb auf die vernagelten Fenster eines leer stehenden Gebäudes in der Annastraße „Weltfrieden! Warum nicht?“. Was utopisch klingen mag, ist eigentlich ganz einfach; in den Worten von Girisha Fernando, dem Chef des Augsburger Festivals „Water and Sound“, klingt das so: „Das Programm stellt eine Einladung zu Empathie und Austausch dar. Begegnungen der verschiedenen Musiken Afrikas, Europas und Amerikas haben immensen kulturellen Reichtum hervorgebracht.“ Empathie und Begegnung, das reicht eigentlich schon. Und diese Kombination verkörpert nichts besser als das Aufeinandertreffen der portugiesischen Künstlerin Ana Lua Caiano mit den Waterbirds, einem Bläserensemble aus der gastgebenden Stadt.

    Ana Lua Caiano begeistert bei „Water and Sound“ in Augsburg

    Dank Loop Station und Synthies ist sich Caiano eigentlich selbst Band genug, aus spärlicher Percussion und wenigen Gesangsphrasen erschafft sie stampfende Beats und mehrstimmigen Gesang. Die Synthies klingen mal wie ein kaputtes Analogtelefon, mal wie ein aggressiver Ozeandampfer. Es ist das erste Mal, dass Caiano mit Harmonieinstrumenten auf der Bühne steht, doch die feinen Arrangements aus der Feder von Martin Krechlak und Jan Kiesewetter lassen das Konzert so erscheinen, als wären sie seit Jahren zusammen auf Tour.

    Musik verbindet Menschen, auf und vor der Bühne. Das erfährt auch Gaye Su Akyol, deren Post Punk-Interpretation anatolischer Traditionals so hochenergetisch ist, dass der kurze Wolkenbruch während ihres Konzerts sehr willkommen ist. Am Vorabend malt die Abendsonne psychedelische Muster auf die hintere Fassade des Oberlandesgerichts, die laue Luft ist erfüllt vom Geruch frisch zubereiteter Falafel und der überbordenden Perkussion von La Sonora Mazurén. Das Septett aus Bogotá zieht traditionelle Tropicalia und kolumbianischen Cumba durch eine Panierstraße des Kontemporären. Die frische Panade aus Indierock, verzerrten Fuzz-Gitarren und lustigen Samba-Synthies verzückt Ohren und bewegt Beine, auch wenn nicht viele im gut gefüllten Annahof mit der tänzerischen Eleganz der Band mithalten können.

    Die Botschaft des Augsburger Festivals: „Musik ist ein Geschenk“

    Die gut gelaunten Kolumbianer gewinnen dank gebleichter Vokuhilas und den buntesten Hemden des Planeten schon als erste Band des diesjährigen „Water and Sound“-Festivals die Auszeichnung für den besten Style. Der Bassist Nicolás Eckardt G. beschreibt in einer Ansage nicht nur das Wesen seiner Band, sondern gleich das der Musik an sich: „Musik ist ein Geschenk, um eure Frustrationen und Dämonen einfach auf der Tanzfläche zu vergessen“. Das Publikum klatscht wissend und tanzt einfach weiter.

    Als sich der Himmel in dunklem Nachtblau färbt, legt sich mit dem ersten Ton von Bala Desejo eine alles und jeden vereinnahmende Mystik über den Hof, als höre man im flackernden Schein des Feuers wundersame Geschichten aus dem Amazonas. Erzählt von einem wehmütigen Flügelhorn und betörendem dreistimmigen Gesang, begleitet von einer rastlosen Funkgitarre und jeder Menge Soul. Als wären die sieben Musikerinnen und Musiker aus einer Zeitkapsel aus dem Rio de Janeiro der sechziger Jahre gestiegen, um der Welt zu zeigen, wie gut psychedelische und populäre Musik zusammen funktioniert. Dargeboten in einer exaltierten Show und so voller musikalischer Schönheit, dass der Himmel kurz ein paar Tränen der Ergriffenheit weint. Eine Band wie gemacht für das Festival und ein weiterer Beleg dafür, wie hoch die Qualität des Programms Jahr für Jahr ist. Wo sonst bekommt man Grammy-Gewinner bei freiem Eintritt mitten in der Innenstadt zu sehen?

    „Water and Sound“ wird auch im City Club gefeiert

    Die Nacht ist zu lebendig, um früh schlafen zu gehen, so finden sich einige aus dem Publikum am Nukleus des Augsburger Nachtlebens, dem City Club wieder. Dort erschafft Gerald Donald, ein Vater des Detroit-Techno, in einer beeindruckenden Live-Performance ein sonores Gemälde des Atlantiks, dem thematischen Mittelpunkt des Water and Sound. Sphärische Klänge schwellen an und versiegen wie eine einsame Welle, die an der Küste bricht, geisterhafte Gesänge erinnern an die Menschen, die es nicht mehr bis an Land geschafft haben.

    Intensive Schläge und abgrundtiefe Bassfrequenzen lassen einen fast physisch nachfühlen, welche Kraft dieser Ozean hat. Der Mensch ist klein, die Natur ist gewaltig, die Existenz auf diesem Planeten funktioniert nur zusammen. Die Menschen zusammen im Einklang mit der Natur. Dies ist die Kernbotschaft dieses Festivals, die über allen seinen Veranstaltungen schwebt. Donald beschrieb sie mit dieser Performance wohl am nachdrücklichsten. Einander entdecken, aufeinander hören, zusammen tanzen. Weltfrieden. Warum eigentlich nicht?

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