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Staatstheater Augsburg: "Prinzessin Nicoletta": Der Club Y des Staatstheaters spielt ein Märchen

Staatstheater Augsburg

"Prinzessin Nicoletta": Der Club Y des Staatstheaters spielt ein Märchen

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    Harter Märchenstoff: Prinzessin Nicoletta (Katja Blessing) schwingt die Axt, Königsschwester Leonor (Pia Altryd) hat fieses im Sinn.
    Harter Märchenstoff: Prinzessin Nicoletta (Katja Blessing) schwingt die Axt, Königsschwester Leonor (Pia Altryd) hat fieses im Sinn. Foto: Katja Blessing

    Tamtam am Königshof: Seine Majestät, der König von Mimirabien, wirft sich den Purpurmantel über. Um ihn schleichen zwei Zofen in Schürzchen, sie scheuchen jetzt den Hofkoch auf, er soll der Majestät etwas kredenzen. Sie trommeln auf Geheiß auch die Prinzessin aus dem Bett – doch die grummelt in ihr Kissen: „Ich amüsiere mich kein bisschen!“ Kein Wunder: Im Palast brodeln Intrigen und Revolten, ihr Vater ist pleite und will sie deshalb mit dem reichen Nachbarsprinzen zwangsverheiraten. Was hier auf der Brechtbühne geprobt wird, ist ein Märchen – allerdings ein zwielichtiges, ein

    Kurz vor der Bühnenprobe wuseln die Schauspieler durch die Kulisse, schießen noch ein Gruppen-Selfie, zupfen ihre Märchenkostüme zurecht, murmeln ihre Monologe, um gleich kein Wort zu vergessen. Aufregung liegt in der Luft. Bis zum Kommando von der Regie: Alles auf Anfang! Szene 1 von „Prinzessin Nicoletta“.

    Der Club Y des Staatstheaters Augsburg probt im Gaswerk

    Es ist die erste Bühnenprobe im Gaswerk, „drei Tage haben wir hier, dann muss alles laufen“, sagt die Theaterpädagogin Nicoletta Kindermann, die den Club Y leitet. Für ein Interview nimmt sich das junge Ensemble aber Zeit: „,Prinzessin Nicoletta’ ist ein Anti-Märchen“, findet Valentin, der den König spielt. „Das Stück ist schräg, das Setting auch. Da muss man sich für keine Verrücktheit rechtfertigen.“ Lilien, die eine der Zofen spielt, sieht das genauso: "Das Stück mischt Elemente von verschiedenen bekannten Märchen. Das ist originell, das gefällt mir." 

    Während im Staate Mimirabien gezankt und geputscht wird, wirkt das Miteinander in der Probenarbeit harmonisch. Dabei hat sich der Club ganz neu gemischt: Jungschauspieler mit Erfahrung spielen hier gemeinsam mit Bühnendebütanten, manche gehen zur Schule, andere studieren oder arbeiten in ihrem ersten Job. In kurzer Zeit hat sie die Bühnenarbeit zusammengeschweißt.

    "Prinzessin Nicoletta" ist ein Märchen für Zuschauer ab 16 Jahren

    Der Großwesir stolziert in goldenem Prachtgewand. Die Hofmusikerin und die Zeremonienmeisterin tragen knallige Gardekostüme: „In einem Land, in dem für immer Frühling ist“, singen sie gemeinsam – Nick Tordlak hat eigene Lieder für das Stück komponiert. Die Kostüme wiederum hat Sibylle Schmalbrock entworfen und obendrein das Bühnenbild. Ein Märchen-Wimmelbild: Auf einem Stapel von Matratzen schläft Prinzessin Nicoletta, vielleicht liegt eine Erbse darunter? Am Vorhang hängen Rosen für Dornröschen. Die Palastküche, mit baumelnden Löffeln, Sieben und Töpfen, sorgt für den Tischlein-deck-dich-Effekt an der Tafel. Auch im Text des Stücks verstecken sich Märchenzitate, da lauert der böse Wolf in den Sätzen.

    „So ein Märchen kann alte Klischees bedienen, aber eben auch Klischees brechen“, findet Lilien. Vor allem: Klischees von Gut und Böse. Als Fiesling tritt die Königsschwester Leonor auf, sie spinnt Intrigen gegen ihren Bruder. „Sie ist schon ein bisschen böse“, sagt Pia über ihre Rolle. „Trotzdem hat Leonor Sehnsüchte, die menschlich sind. Und sie ist doch auch nur gefangen in diesem Gesellschaftskonstrukt.“ So wie der geknechtete Koch, der doch nur nach Lust und Laune leben will. So wie die Prinzessin, die sich nach Freiheit sehnt. Jede Figur offenbart hier ihre unerfüllten Wünsche. Das Märchen bleibt dabei nicht ganz uneingeschränkt jugendfrei – es ist für Zuschauer ab 16 Jahren empfohlen.

    Julius Kuhn aus dem Staatstheater-Ensemble gibt sein Debüt als Regisseur

    „Das Böse trägt jede Figur in sich“, sagt Julius Kuhn, der gemeinsam mit Nicoletta Kindermann die Regie führt. Für Kuhn ist diese Aufgabe ein Debüt. Er spielt sonst im Ensemble des Staatstheaters, aktuell in Brechts „Mutter Courage“, in Tschechows „Drei Schwestern in Moskau“. Jetzt führt er erstmals Regie und berät als Profi die Jungschauspieler. Kuhn erinnert sich an seine eigenen Anfänge: „Ich bin in Theater-Jugendclubs großgeworden. Mir hat diese Erfahrung sehr viel gegeben, vor allem Selbstbewusstsein. Ich war damals wahnsinnig schüchtern, aber das Theater hat mir Kraft gegeben.“

    Für den Club Y hat er mit Kindermann ein Stück gewählt, das nicht zu düster geraten sollte, nicht in den Krisen der Gegenwart spielt: „Prinzessin Nicoletta“ von Rebekka Kricheldorf. „Es gibt in diesem Märchen stille, ehrliche Momente, aber auch Spaß und Chaos“, sagt Kuhn. „Die Bühne ist ein Spielplatz.“ Und die jungen Darsteller spielen: „Mich begeistert das Leuchten in ihren Augen. Ihre Leidenschaft für das Spiel.“

    Info: "Prinzessin Nicoletta", auf der Brechtbühne im Gaswerk. Premiere am Sonntag, 7. April. Weitere Termine am Samstag, 20. April, 19.30 Uhr, sowie am Sonntag, 28. April, 15 Uhr.

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