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Sensemble-Theater Augsburg: Sophia Weidemann spielt Bach

Interview

Pianistin Sophia Weidemann: „Bei diesem Werk hatte ich Kopfweh“

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    Konzertpianistin Sophia Weidemann spielt die Goldberg-Variationen von Bach
    Konzertpianistin Sophia Weidemann spielt die Goldberg-Variationen von Bach Foto: Roman Stöppler

    Frau Weidemann, die Goldbergvariationen sind eines der anspruchsvollsten Stücke Bachs. Was fasziniert Pianistinnen und Pianisten so daran?
    SOPHIA WEIDEMANN: Ich ​kann ​da ​nur ​für ​mich ​sprechen. Mich fasziniert der ​Aufbau. Es beginnt und endet mit einer ​Aria, ​einem ​wunderschönen Gesangsstück. Davon wird die ​Bassfolge variiert, ​sodass ​im ​Endeffekt ​eigentlich ​dreißig ​eigenständige ​Stücke ​entstehen. Sie haben alle ein anderes ​Tempo, ​eine andere ​Taktart, sie sind ​mal ​lustig, ​mal ​traurig, ​aber ​sie ​haben ​diese ​Konstanz ​von ​der ​Bassfolge. ​Das hat ​für ​mich ​etwas total ​Beruhigendes, ​aber auch Aufbauendes. Außerdem ist das Stück ​komponiert ​für ​ein ​Cembalo ​mit ​zwei ​Manualen. Ich war fasziniert davon, ​wie ​man ​das ​technisch ​lösen ​kann, ​damit ​es auch ​​auf ​einem ​Flügel ​mit nur einem Manual ​geht.

    Wie geht man an so ein großes Stück heran?
    WEIDEMANN: Ich ​habe ​vorher ​noch nie ​so ​ein ​Stück ​gespielt, es ​gibt ​ja ​auch ​kaum ​etwas ​Vergleichbares. Gestartet hat alles, ​als ​Corona ​losging. ​Ich dachte mir, ich ​muss ​irgendwas ​üben, ​das ​so ​lange ​dauert, ​bis ​hier ​​wieder ​ein ​Lichtblick ​kommt. Und ​dann ​habe ​ich ​mir ​die ​Noten ​ausgedruckt ​und ​angefangen. ​​Ich ​habe ​zum ​Glück ​nie ​Schwierigkeiten ​gehabt, ​Sachen ​auswendig ​zu ​lernen. ​Aber ​ich ​hatte ​bei ​diesem ​Werk ​zum ​ersten ​Mal ​richtig ​Kopfweh ​abends. Nachdem ​ich ​es ​ja ​jetzt ​schon ​fast ​zwei ​Jahre spiele, ​würde ​ich ​sagen, ​zehn ​Variationen ​am ​Tag zu üben, ist gesund. ​Mehr als 15 ​ist ​gar ​nicht ​zu ​schaffen. Deswegen ist jede ​Vorbereitung für einen Auftritt sehr ​intensiv. ​Das ​unterscheidet es ​definitiv ​von ​anderen ​Werken. 

    Es ist nicht ihr erster Berührungspunkt mit dem Sensemble-Theater. ​Erst kürzlich standen sie mit Fanny Hensels Klavierzyklus „Das Jahr“ auf der Bühne. ​Wie ​ist ​es ​dazu ​gekommen?
    WEIDEMANN: Dieses Projekt habe ​ich ​auch ​noch ​während ​der ​Pandemie initiiert. ​Da ​gab ​es ​für ​mich ​die ​Möglichkeit, eine ​CD ​aufzunehmen. ​Dafür habe ich ​tatsächlich ​kurz mit den Goldberg-Variationen ​geliebäugelt, ​bin ​aber​ abgesprungen. Davon gibt es schon so viele Aufnahmen. ​Ich ​bin ​ein ​großer ​Freund ​davon, ​Geschichten ​zu ​erzählen – sowohl ​musikalisch ​als ​auch ​mit ​Sprache. ​Und anders ​als ​bei ​Bach, ​wo ​ja ​viele ​Menschen ​einen ​Anknüpfungspunkt ​haben, ist ​Fanny ​Hensel ​als ​Person ​doch ​sehr ​unbekannt. ​ ​Und ​so ​entstand ​die ​Idee, ​ihre ​Musik ​aufzunehmen, ​zusammen mit ​ihren Tagebucheinträgen ​und Briefen. Und es war ​natürlich ​ideal, einen Jahreszyklus am ​Ende ​des ​Jahres ​aufzuführen.

    Fanny Hensel ist als Komponistin immer im Schatten ihres Bruders Felix Mendelssohn gestanden. Wie steht es um Pianistinnen und Komponistinnen heute? 
    WEIDEMANN: Also ​wenn ​man auf das Studium schaut, ​gerade ​bei ​den ​Pianisten, ​sind ​da ​sehr ​viele ​Frauen. ​​Bei ​Komponisten ​​ist ​es ​schon ​anders. ​Ich ​bin aber ​in ​der ​zeitgenössischen ​Musikszene ​nicht ​so ​zu ​Hause. Wenn wir in die Zeit von Fanny Hensel zurückschauen sind alle ​Namen, ​die ​uns ​einfallen, ​Männernamen. Frauen ​​hatten ​auch ​Erfolg. Ich denke zum Beispiel an ​Emilie Mayer​ oder ​Clara ​Schumann. Aber das wurde ​über ​die ​Jahrhunderte ​vernachlässigt, ​vergessen ​oder nicht ​erzählt. Vergleicht ​man ​jetzt Bach ​und ​Fanny ​Hensel, ​ist ​ganz ​klar, ​wen ​man ​kennt. Und ​das ​auch, obwohl ​Bach ​zu ​seiner ​Zeit ​nicht ​so ​berühmt ​war. ​Vielleicht ​kommt das bei Fanny ​Hensel ja auch ​noch. 

    Info: Sophia Weidemann spielt am Sonntag, 15. Dezember um 18 Uhr auf der Sensemble-Studiobühne. Der Eintritt kostet 25 Euro (ermäßigt 15 Euro).

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