Ein sphärisches Intro, das die Konzertbesucher hypnotisiert, dann die ersten progressiven E-Gitarrenriffs und schließlich die voluminöse Ausdrucksgewalt einiger ausgesuchter Schlagwerk-Beats – mehr brauchte es für die Ausnahmekünstlerin Stefanie Heinzmann nicht, um die Gäste bereits vor ihrem ersten Song in ein frenetisches Jubelgeschrei ausbrechen zu lassen.
Einstmals als Siegerin von Stefan Raabs Casting-Wettbewerb schlagartig in den Himmel der deutschsprachigen Pop- und Soulgrößen emporgehoben, gebührte der Schweizer Sängerin nun 15 Jahre später die Ehre, die diesjährigen Gersthofer Rasenkonzerte zu eröffnen. Dass dazu vom Kulturamt die Festivalwiese vor der Showbühne überhaupt bestuhlt worden war, kam gewissermaßen schon einem unfreiwilligen Anachronismus gleich – denn Heinzmanns Fans dachten gar nicht erst daran, auch nur eine Minute lang unbewegt auf ihren Sitzgelegenheiten zu verharren. Von Anfang an wurden zwischen den Stuhlreihen in aller Ausgelassenheit die Tanzbeine geschwungen, voller Begeisterung die Songrhythmen mitgeklatscht und zu den etwas melancholischeren Balladen die Smartphone-Taschenlampen hin- und hergeschwenkt.
Bei Stefanie Heinzmann traf schwelgerischer Soul auf poppige Discoklänge
Doch was zeichnete den jüngsten Bühnenauftritt der 34-Jährigen eigentlich genau aus, um augenblicklich Hunderte Konzertbesucher in einen frenetischen Trancezustand verfallen zu lassen? Sich objektiv dieser Frage zu nähern, stellt beim Phänomen Stefanie Heinzmann auf den ersten Blick nicht unbedingt ein leichtes Unterfangen dar.
Tatsache ist: Der Schweizer Überfliegerin gelang es in spielerischer Nonchalance, die widersprüchlichsten Musikrichtungen in einer rundum harmonischen Melange miteinander in Einklang zu bringen. Mitreißende Rockpassagen trafen souverän auf schwelgerischen Südstaaten-Soul, chilliger Big-Band-Sound und poppige Discoklänge wurden stilübergreifend zu einer stimmigen Klangeinheit verschmolzen. Gerade in den höheren Oktaven wusste Heinzmann mit ihren goldenen Stimmbändern wie kaum eine andere deutschsprachige Sängerin zu brillieren – wie unter anderem an einem Coversong der amerikanischen Soul-Legende Jill Scott in aller Deutlichkeit zu vernehmen war.
Stefanie Heinzmann sorgt für gelungenen Auftakt der Gersthofer Rasenkonzerte
Heinzmann beherrschte ihre Stimme, die Bandkollegen ihre Instrumentenduelle auf der Bühne – und zusammen mit den nicht weniger talentierten Backgroundsängerinnen hatte die Formation insgesamt für einen gelungenen Auftakt der Gersthofer Rasenkonzerte gesorgt. Doch das vielleicht Wichtigste für viele Gäste: Selbst nach 15 Erfolgsjahren im Showgeschäft hatte die sympathische Gesangskünstlerin nichts von ihrer Natürlichkeit verloren: Immer wieder nahm sie mittels kleiner Anekdoten das Publikum auf eine gefühlvolle und erschreckend ehrliche Entdeckungsreise durch ihr Seelenleben mit, immer wieder rief sie voller Energie geladen die Konzertgäste dazu auf, auch das eigene Seelenleben zu erkunden und vor allem die kleinen Dinge des Lebens schätzen zu lernen. Letztendlich ging sie auf das Publikum ein, wie man das besser wohl kaum hätte machen können.
Aber zugegeben: Es fanden sich durchaus auch Besucher im Publikum, denen die pädagogische Erziehungsmission und der ungewöhnliche Stilmix der Sängerin einen kleinen Schritt zu weit gegangen war. Doch Heinzmann war souverän genug, als dass sie so etwas wirklich stören würde. So rief sie an diesem Abend gut gelaunt ins Publikum: „Laut muss nicht schön sein. Es muss nur guttun!“