48 Stunden, um ein Projekt gegen Rechts auf die Beine zu stellen: Im Habitat am Glaspalast wurden 16 Visionen für politische Bildung in Realität verwandelt. Im Rahmen des Hackathons „hcknzs“ präsentierten dort die beteiligten Gruppen ihre Projekte.
Doch vorab ein paar Begrifflichkeiten schnell erklärt: Unter einem Hacker versteht man landläufig einen sinistren Computerspezialisten, der Sicherheitssysteme zu umgehen weiß und in fremde Computer und Netzwerke eindringen kann. Das Verb „to hack“ bedeutet so viel wie „zusammenschustern“. Hacker sind also nicht automatisch virtuelle Einbrecher, sondern Menschen, die Technik zweckentfremden. Ein Hackathon ist ein Hacking-Marathon, eine zeitlich begrenzte Aktion. Die Abkürzung „hcknzs“ entsteht – wie viele andere solcher Abkürzungen – durch das Herauslassen der Vokale aus einem normalen Begriff, mit dem Hintergedanken, dass man das schlimme Wort offiziell nicht benutzt hat und sich damit in Extremfällen nicht strafbar macht. „hcknzs“ steht für „Hack Nazis“, und bedeutet politischen Aktivismus gegen Rechtsextremismus.
Die Aufgabe des Hackathons waren, Ideen gegen Rechtsextremismus zu sammeln
Der Softwareentwickler Moritz Jacobs hatte die Idee zu dem Hackathon schon vor Jahren, doch dann kamen Corona und andere Ablenkungen dazwischen. Nun fand der Hackathon im Rahmenprogramm des Friedensfests statt, auf die Beine gestellt von Jacobs zusammen mit Miriam Artmann und Leonie Pichler von Bluespots Productions. Die Aufgabe war, Möglichkeiten zur Erzeugung von Aufmerksamkeit gegen die Pläne der Rechtsextremen zu schaffen.
Nach 48 Stunden Gruppenarbeit stellten die Teilnehmer ihre Projekte schließlich vor. Das gibt es zum Beispiel aufklebung.app, eine kleine Anwendung fürs Smartphone, mit der man einfach Aufkleber gestalten kann. Diese können für wenige Euro im Drogeriemarkt gedruckt werden. Ein Spiel namens „Clowns and Crowns“ fördert die politische Bildung, indem es Aussagen von Politikern in Form eines Quiz ins Gedächtnis ruft. Mit „Hackopoly“, das als Produkt erscheinen könnte, kann man sein Monopoly-Spielbrett daheim auf einen bitterbösen gesellschaftlichen Stand bringen: Frauen bekommen weniger Geld bei jeder Spielrunde als Männer; Arbeitslose bekommen gar kein Geld; Reiche müssen nicht würfeln, ihnen gehören von Anfang an schon viele Straßen; wer eine Sechs würfelt, wird entlassen.
Auch für Oberhausen und den Süchtigentreff gab es eine Idee
Eine Serie von Verkehrsschildern mit politischen Botschaften unter dem Namen „Zu weit rechts abgebogen“ ist zu haben, auf Aluminium gedruckt wie echte Verkehrsschilder, und soll dann Verkehrsteilnehmer zum Nachdenken anregen. Das Projekt „Faktensouffleur“ wurde sofort nach etwas Recherche eingestellt. Die Idee war, dass man in Argumentationen gegen Stammtischparolen die relevanten Fakten zur Richtigstellung schnell zur Hand hat. Doch diese gibt es schon, nämlich als die App „Konterbunt“ und als das Browser-Add-on „NewsGuard“.
Besondere Aufmerksamkeit verdient „AfD-Programm (an)greifbar machen“. Dessen Macher gehen davon aus, dass die wenigsten AfD-Wähler das Parteiprogramm tatsächlich selbst gelesen haben, und haben daher die elf zentralsten Thesen aufgegriffen, nachrecherchiert und bieten sowohl Ausblicke, wie die Gesellschaft sich unter diesem Programm entwickeln würde, als auch Analysen, wo Populismus und Propaganda in den Formulierungen stecken. Ein Sharepic-Generator namens „true.memes“ verwandelt die genannten Thesen in anschauliche Bilder, die zum Nachdenken anregen sollen, und das Galgenmännchenspiel „Dein Verhängnis“ macht – digital oder auf Papier – dem Spieler klar, wie schnell er sich mit dem AfD-Programm selbst ins Abseits schießen würde. Es offenbart klar und deutlich, was man sich für einen Rattenschwanz an Konsequenzen einkauft, wenn man einen harmlos klingenden Programmpunkt befürwortet.
Ein hauptsächlich analoges Hacking brachte das „Smash Bündnis Oberhausen“ hervor, das eine Demokratie-Werkstatt rund um das Thema Drogenberatungsstelle Oberhausen und den mittlerweile sehr scharf umstrittenen Konsumraum etablieren möchte.
Eine App, die schnell programmiert wurde und gut funktionierte, ist „Metronom“. Die Web-App erlaubt es, per QR-Code oder URL Notenblätter mit Liedtexten am Handy aufzurufen, und dazu einen synchronisierten Abspielbalken über die Zeilen laufen zu lassen. In der Praxis bedeutet dies, dass zum Beispiel auf Demos hunderte oder auch tausende von Menschen aus dem Stand synchron und textsicher singen können. Würde die App auch noch die Musik selbst abspielen, hätten wohl Tausende von Handy-Lautsprechern auch noch einen ziemlichen Effekt. Der Hackathon endete mit Applaus. Initiator Moritz Jacobs kündete bei seinem Schlusswort noch auf der Bühne an, dass dies nicht der letzte Hackathon gewesen sein würde.
Linkliste für die Projekte
- Die Veranstaltung
- Projekt "Aufklebung"
- Projekt "Know your Clowns & Crowns"
- Projekt "Enter Utopia"
- Projekt "true.memes"
- Projekt "Dein Verhängnis"
- Projekt "ARTIII"
- Projekt "Hackopoly"
- Projekt "Metronom"
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