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Preisverleihung: Deutscher Popliteraturpreis: Schreiben im Namen des Pops

Preisverleihung

Deutscher Popliteraturpreis: Schreiben im Namen des Pops

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    Die Finalisten des Popliteraturpreises: Timon Karl Kaleyta, Gewinnerin Ulrike Sterblich (Mitte), Charlotte Krafft. Vorn der Koffer mit dem Preisgeld.
    Die Finalisten des Popliteraturpreises: Timon Karl Kaleyta, Gewinnerin Ulrike Sterblich (Mitte), Charlotte Krafft. Vorn der Koffer mit dem Preisgeld. Foto: Julian Reischl

    Popliteratur ist nicht einfach nur ein Genre populärer Literatur, sondern will die Jugend mit ihrer eigenen Sprache zu Wort kommen lassen, will die individuellen, prägenden Grenzerfahrungen junger Leben nacherfahrbar machen. Frische Autoren probieren sich aus, ignorieren Konventionen und schreiben, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.

    Da es in Augsburg kein Literaturhaus gibt, gründeten Dr. B., Dr. D. und Katrin M., so die Künstlernamen von Stefan-Alexander Bronner, Franziska Diller und Katrin Montiegel, im Jahr 2014 einfach eines. Das "hyperreale Literaturhaus Augsburg" existiert nur als Simulacrum – also fake, wie Dr. B. es ausdrückt –, jedoch tauchen Facetten davon bei Veranstaltungen in der Realität auf, meist im Stadtteil Oberhausen. Dort wurde am Samstagabend zum zweiten Mal der "Deutsche Popliteraturpreis für Magic, Pop und Ewigkeit" verliehen. Ort des Erscheinens des Literaturhauses Augsburg war diesmal das Hettenbach45 in der Flurstraße, eine ehemalige Teppichfabrik, die heute als rustikale Location für kulturelle und künstlerische Events genutzt wird und die zu August Gin gehört.

    "Wir leiden noch heute unter Brecht"

    Durch den Abend führten Dres. B. und D., Katrin M. sowie von der Jury Verena Rossbacher und Friedrich Liechtenstein. Nach einer Einführung zum Thema und einigen philosophischen Betrachtungen („Wir in Berlin leiden noch heute unter Brecht“) übertrug Liechtenstein sein Jurymandat überraschend an eine junge Frau aus dem Publikum, Patrizia Thoma. Die zögerte zunächst höflich ("Auf keinen Fall!"), nahm die Herausforderung dann aber an.

    Nach der Pause lasen dann die drei Finalisten aus ihren Werken: Charlotte Krafft aus "Marlow im Sand", in dem eine Agentin nach einer vermissten Frau sucht. Die Welt im Roman ähnelt der unseren weitestgehend, weist aber auch einige signifikante Unterschiede auf. Zum Beispiel kann man „erben“, das bedeutet, spontan Eigenschaften von nahestehenden Personen übernehmen, wie Augen- und Haarfarbe. Es gibt Geisterstädte und Ödnis, alles in allem eine Dystopie.

    Ein Mann kommt in ein Sanatorium in den Bergen

    Timon Karl Kaleyta war mit "Heilung" angetreten: Ein Mann kann nicht mehr schlafen und begibt sich in ein Sanatorium in die Berge – Parallelen zu einem bekannten Roman der Weltliteratur sind nicht zwingend Zufall. Doch was er in der Therapie durchleben muss, ist traumatisierender, als er je befürchtet hatte. Eine wahrlich verstörende Bärenjagd-Szene führte für Autor Kaleyta bereits zu Hasskommentaren im Internet.

    Ulrike Sterblich las zuletzt aus "Drifter", in dem Wenzel und Killer, beste Freunde seit Kindertagen, aber mit unterschiedlich erfolgreichen Karrieren, durch eine mysteriöse Frau mit Hund auf eine Probe gestellt werden. Ulrike Sterblich gewann nach kurzer Jury-Beratung den Deutschen Popliteraturpreis und durfte sich über ein Preisgeld von 3000 Euro, das Sponsoren stifteten, freuen.

    Der Popliteraturpreis und die Jugend

    Die Autoren der Jahrgänge 1970, 1980 und 1991 sind weder jugendlich noch dienstjung, was sie die auf der Veranstaltung beschworene Nische auf den ersten Blick verfehlen lässt. Es wurde nicht provoziert, es wurden keine Grenzen überschritten, keine Konventionen gesprengt. Die Finalisten hatten allesamt ausgefeilte Erzählliteratur präsentiert, die auch ihre Leser finden wird, doch gerade der Revoluzzergeist einer aufstrebenden Generation von frischen, schamlosen, kantigen und vielleicht noch wenig erfahrenen Autoren kam so recht nicht auf – zumindest nicht durch die vorgetragenen Ausschnitte. Die Werke der Finalisten sind im Buchhandel erhältlich. 

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